Konflikt beim IfW: Klimaforscher soll fliegen

Droht das Institut für Weltwirtschaft Kiel einem Forscher mit Kündigung, weil er sich weigert zu fliegen? Manche vermuten andere Gründe.

Fahnen vor dem Institut für Weltwirtschaft .

Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel Foto: Torsten Sukrow/Sulupress/picture alliance

MÜNCHEN taz | Der Klimaforscher Gianluca Grimalda will nach seinem Forschungsaufenthalt in Papua-Neuguinea auf Wasser, Schiene und Straße nach Deutschland zurückreisen – aus Klimaschutzgründen. Doch der Arbeitgeber des Forschers, das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW), verlangte vergangene Woche von ihm, Montag in Kiel zu erscheinen. Da er sich weigerte, droht die Kündigung.

Das IfW begründet das damit, dass Grimalda die angesetzte Dauer des Forschungsprojekts überschritten habe und nicht an seinem Arbeitsplatz erschienen ist. Die Abmahnung liegt der taz vor. Bisher habe es nie Probleme gegeben, wenn ein Projekt mal länger dauerte, sagt der 51-Jährige zur taz. „Nachdem ich die Abmahnung erhalten habe, konnte ich drei Nächte nicht schlafen.“

Den Menschen, die vor Ort unter den Klimafolgen leiden, habe er versprochen auf seinen Reisen Klimaschäden zu minimieren. Weiße Menschen würden in Papua-Neuguinea teils als giaman, als Be­trü­ge­r*in­nen bezeichnet. „I don’t want to giaman“, schreibt Grimalda auf der Plattform X. Er könne unterwegs effektiv online arbeiten. Es gebe nichts, dass seine Präsenz erfordere. Sein Angebot, für die Reise unbezahlten Urlaub zu nehmen, habe das IfW abgelehnt und behalte bereits Gehalt ein.

Indes melden sich Un­ter­stüt­ze­r*in­nen zu Wort. Julia Steinberger, eine der Autorinnen des IPCC-Berichts schreibt: „Es ist erstaunlich, dass ein Forschungsinstitut einem Forscher droht, ihn zu kündigen, weil er seinen Job zu gewissenhaft macht und weil er es vermeidet, während eines Klimanotstandes zu fliegen.“ Niemals habe er mit so viel Unterstützung gerechnet, sagt Grimalda. „Wenn ich so Aufmerksamkeit auf den Klimanotstand lenken kann, bin ich bereit, meinen Job zu riskieren.“

Manche Un­ter­stüt­ze­r*in­nen vermuten, dass die Abmahnung eher etwas mit Grimaldas Klimaaktivismus für Scientist Rebellion zu tun hat. Auch Grimalda berichtet, nach einer seiner Aktionen, habe man ihm im IfW zu verstehen gegeben, man werde einen Weg finden, ihn zu kündigen, sollte er weiterhin zivilen Ungehorsam leisten. Doch genau das tat er.

Das IfW schreibt auf Anfrage, man äußere sich prinzipiell nicht öffentlich zu internen Personalangelegenheiten. Man unterstütze Beschäftigte aber, klimafreundlich zu reisen und habe darin auch Grimalda unterstützt. Weitgehend verzichte das IfW auf Flugreisen innerhalb der EU und kompensiere den CO₂ Ausstoß der übrigen Flüge. Zu zivilem Ungehorsam schreibt ein Sprecher: „Das Institut legt als öffentlicher Arbeitgeber allerdings besonderen Wert darauf, dass sich seine Beschäftigten innerhalb der Regeln bewegen, die der demokratische Rechtsstaat vorgibt.“

Grimalda wird am Sonntag, vielleicht arbeitslos, ein Frachtschiff Richtung Deutschland besteigen. „Ich hoffe, meine Entscheidung, trägt dazu bei, die Wand der Apathie, Gleichgültigkeit und Gier zu durchbrechen, die die globale Erwärmung umgibt“, sagt Grimalda. Aber auch: „Ich werde einen großen Teil von mir verlieren, wenn mich das IfW feuert. Ich weiß nicht, ob ich in meinem Alter und meiner Vorgeschichte nochmal einen Job als Forscher finde.“

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