Klimaschutz in den Niederlanden: Weniger Geld für fossile Energie

Nach Blockaden von Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen hat das niederländische Parlament entschieden: Der Staat soll Klimaschädliches nicht mehr fördern.

Personen bei einer Straßenblockade werden von einem Wasserwerfer besprüht.

Erfolgreiche Blockaden? Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen auf der A12 bei Den Hague im September Foto: ANP/imago

AMSTERDAM taz | Autofahrer*innen, die häufig über die A12 den niederländischen Regierungssitz Den Haag verlassen, dürften sich in dieser Woche die Augen gerieben haben: die Blockaden, die dort von Klima-Aktivist*innen seit Anfang September jeden Mittag um Punkt 12 Uhr begannen, sind verschwunden.

Die Bewegung Extinction Rebellion (XR) hatte angekündigt, sie wegen einer Parlaments-Abstimmung über den Abbau fossiler Subventionen vorläufig auszusetzen.

Am Dienstag stimmte eine große Mehrheit der Abgeordneten einem Antrag von GroenLinks und der liberalen Democraten66 (D66) zu. Er fordert die Regierung auf, „Szenarien aufzustellen“, um fossile Subventionen im Zeitraum von zwei, fünf oder sieben Jahren abzubauen. Diese sollen dem Parlament vor der Weihnachtspause präsentiert werden.

Als Parlamentsvorsitzende Vera Bergkamp das Ergebnis mit einem knappen „angenommen“ kommentierte, jubelten Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen auf der Tribüne des Sitzungssaals. Die A12 bleibt damit bis Ende des Jahres blockadefrei.

Laut Ak­ti­vis­t*in­nen 9.000 Festnahmen bei Protesten

„Ein konkreter Zeitplan für den Abbau, das ist ein großer Erfolg und der Beweis, dass Aktivismus funktioniert“, kommentierte XR-Sprecherin Yolande Schuur. „Zugleich sind es immer noch Worte, und es geht um Taten. Daher werden wir jetzt sehr genau hinschauen. Es ist ein Zwischenschritt, aber es ist wichtig, solche Zwischenschritte zu feiern.“

Seit dem Beginn mit Blockaden an einzelnen Tagen vor einem Jahr hätten sich immer mehr Personen dem Protest angeschlossen, sagt Schuur. Zuletzt sei die Autobahn 27 Tage in Reihe besetzt und mehr als 9.000 Menschen festgenommen worden. „Das hat eine sehr inspirierende Wirkung“, sagte sie zudem zu einer Aktion der Letzten Generation in Berlin. Die deutschen Ak­ti­vis­t*in­nen malten eine niederländische Fahne auf die A100.

Abgesehen von der Reaktion des Parlaments hat der Protestmonat von Den Haag bewirkt, dass das Thema fossiler Subventionen überhaupt konkret auf der politischen Agenda landete. Zuvor hatte man darüber zwar diskutiert, aber der Umfang der entsprechenden Vergünstigungen lag vollkommen im Dunkeln.

Im Wirtschafts- und Klimaministerium ging man lange von viereinhalb Milliarden Euro jährlich aus. Laut Untersuchungen von Umweltorganisationen liegt der wirkliche Betrag bei 37,5 Milliarden Euro. Das Ministerium räumte im September gar ein, es gehe um 39 bis 46 Milliarden.

Bemerkenswert bei der jüngsten Abstimmung war die Unterstützung der an der Regierung beteiligten Rechtsliberalen (VVD) und Christ­de­mo­kra­t*in­nen (CDA). Derk Boswijk (CDA) verwehrte sich gegenüber dem Fernsehnachrichtendienst RTLnieuws gegen den Eindruck, „dass wir einen Dreh machen, aber ich finde das Klima einfach auch wichtig.“

Der VVD-Vertreter Silvio Erkens VVD erklärte, er befürworte trotz seiner Unterstützung für den Antrag keinen abrupten Abbau. Ein solcher erhöhe die Energierechnung der Haushalte und führe „zum Abzug unserer Industrie“. Erkens betonte, dass die nun beschlossene Untersuchung zu nichts verpflichte.

In den Niederlanden läuft derzeit der Wahlkampf für die Parlamentswahlen am 22. November an. Klima ist dabei eines der entscheidenden, aber auch umstrittensten Themen. Der bisherige EU-Kommissar Frans Timmermans, Spitzenkandidat der neuen rot-grünen Listenverbindung, fordert, eine nachhaltige Transition müsse sozial gerecht sein. Zugleich stilisiert die populistische Rechte Klimaschutz als Wohlstandsproblem jener ab, die ihn sich leisten können.

Wie das neu zusammengesetzte Parlament dem nun beschlossenen Zeitplan gegenübersteht, wird sich im Winter zeigen. Extinction Rebellion haben derweil angekündigt, wenn nötig auf die A12 zurückzukehren – „mit noch mehr Leuten“.

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