Betätigungsverbot für Hamas und Samidoun: Spätes, aber wichtiges Zeichen

Nancy Faeser hat zwei islamistische Gruppen verboten, die schon seit vielen Jahren auffallen. Die Frage bleibt: warum erst jetzt?

Portrait Nancy Faeser bei der BPK mit stolz präsentierten Verbotsverfügungen in der Hand

Stolz präsentiert Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Donnerstag in Berlin die Verbotsverfügungen Foto: Michael Kappeler/dpa

Die Hamas und die mit ihr sympathisierende Gruppe Samidoun sind nun also in Deutschland verboten. Und es gibt gleich mehrere Gründe, hier zu fragen: Wie kann das sein, dass das erst jetzt erfolgt? Schon 2001 wurde die Hamas von der Europäischen Union als terroristisch eingestuft. Seitdem haben die Islamisten keinen Zweifel daran gelassen, dass sie Israel vernichten wollen. Sie propagierten Terror, feuerten Raketen auf das Land, feierten „Märtyrer“. Alles kein Grund, schon vor Jahren ein Betätigungsverbot auszusprechen?

Auch Samidoun gründete sich schon 2011. In Deutschland tritt die Gruppe selbstbewusst auf, vor allem in der Hauptstadt. Auf der Straße fordert sie ein Palästina „from the river to the sea“ – und damit die Beseitigung Israels. Sie sucht Auseinandersetzungen mit der Polizei, Terror als Mittel des „Widerstands“ ist ihr recht.

Das Vorgehen gegen beide Gruppen wurde bereits drei Wochen im Vorfeld angekündigt. Normalerweise gilt bei Verboten die eherne Regel: Nicht vorher darüber sprechen, sondern vollstrecken, wenn genug Material beisammen ist. Damit hatten die Aktivisten drei Wochen Zeit, sich auf das Verbot vorzubereiten und womöglich Dinge beiseite zu schaffen.

Wobei, und auch das fällt aus dem üblichen Rahmen: Durchsuchungen gab es am Donnerstag gar nicht – anders als etwa vor drei Jahren beim Hisbollah-Betätigungsverbot. So bleibt am Ende vor allem ein Zeichen, auch nach außen: Wir dulden hierzulande keinen Israelhass. Zumindest jetzt nicht mehr.

Worte reichen nicht

Um es klar zu sagen: Es ist ein spätes, aber richtiges Zeichen. Natürlich darf der Rechtsstaat nicht leichtfertig mit Verboten umgehen. Wenn aber die Hamas hierzulande Spenden für den Terror sammelt, wenn Samidoun das schlimmste Massaker an Juden seit der Shoa mit Jubelparolen und Baklava feiert und danach antiisraelische Proteste anheizt, während die Bundesregierung beteuert, dass Antisemitismus keinen Platz in diesem Land habe, dann gibt es kein Vertun mehr. Dann sind diese Verbote überfällig.

Es ist deshalb ein irritierender Befund, dass Nancy Faesers Innenministerium und die Sicherheitsbehörden die Gruppen nicht schon länger intensiv im Blick hatten. Angesichts NSU, Hanau oder Halle ist es richtig, den Rechtsextremismus als größte Bedrohung zu sehen. Und gerade Halle zeigt, wie hausgemacht der rechtsex­treme Antisemitismus ist. Aber wenn dieser auch auf anderen politischen Feldern kultiviert wird, darf er einfach nicht aus dem Blick geraten.

Es bleibt dabei: Es darf für Judenhassende kein Sicherheitsgefühl geben, erst recht nicht in diesem Land. Und Phrasen allein werden dieses Gefühl nicht nehmen. Deshalb braucht es diese Verbote. Aber auch mehr – nämlich zivilgesellschaftliche Arbeit. Mit Aufklärungsprojekten, mit Widerspruch gegen Antisemitismus von jeder und jedem Einzelnen. Wie viel es hier zu tun gibt, offenbaren diese Tage auf erschreckendste Weise.

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Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort, seit 2014. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Bis 2014 vier Jahre lang Teil des Berlin-Ressorts der taz. Studium der Publizistik und Soziologie.

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