Neuer Drogenbericht der UNO: Taliban erfolgreich gegen Opium

Afghanistan war Hauptanbaugebiet für Rohopium, den Grundstoff für Heroin. Die Taliban haben den Anbau verboten – auf Kosten der Bauern.

Blühende Opiumpflanzen vor einem afghanischen Bauern auf seinem Feld im Hintergrund.

Afghanistans einst blühende Landschaften: Bauer auf einem Opiumfeld bei Dschalalabd im April 2017 Foto: Rahmat Gul/AP/dpa

BERLIN taz | Die Taliban haben ihr Anbauverbot von Schlafmohn vom April 2022 durchgesetzt. Das bestätigt ein am Sonntag veröffentlichten Bericht des UNO-Büros zu Drogen und Kriminalität (UNODC). Sowohl die dafür genutzte Agrarfläche als auch die prognostizierte Ausbeute an daraus gewonnenem Rohopium seien 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 95 Prozent zurückgegangen.

Die Angaben beruhen auf der Auswertung von Satellitenbildern. Zuletzt stammten 85 Prozent des weltweit produzierten Opiums aus Afghanistan.

Getreide habe meist Schlafmohn abgelöst, so die UNO. In den vier Provinzen, aus denen etwa drei Viertel des Rohopiums kamen, stehe nun auf 68 Prozent der Felder Getreide. Das decke jedoch nicht den Bedarf an Brot, dem afghanischen Hauptnahrungsmittel. 15 von etwa 40 Millionen Af­gha­n*in­nen sind mindestens mangelernährt. Zwei Drittel von ihnen hängt von humanitärer Hilfe ab.

Bisher repräsentierte Afghanistans Markt für Rohopium zwischen 9 und 14 Prozent des nationalen Bruttosozialprodukts. Das daraus gewonnene und exportierte Heroin, so die UNO, überstieg zuweilen den Wert von Afghanistans Gesamtexporten.

Bauern profitierten weniger als andere vom Opiumanbau

Der Profit daraus verblieb vor allem am oberen Ende der nationalen Wertschöpfungskette: bei den Händlern, Angehörigen der damals westlich gestützten Regierung, die sie protegierten, und den Taliban, die sie besteuerten. Sie überstiegen „bei Weitem“ die Einkünfte der Opium kultivierenden Bauern.

In Afghanistan gibt es keinen spezialisierten Anbau von Opiummohn. Zahlreiche Bauern kultivieren ihn neben ihren Hauptkulturen wie Weizen. 6,9 Millionen Af­gha­n*in­nen partizipieren an der Opiumwirtschaft.

Laut dem UN-Bericht verkaufen vier von fünf Opiumbauern ihre Ernte noch im selben Jahr, weil sie „dringende und Grundbedürfnisse abdecken“ müssen, und um Nahrungsmittel, Saatgut und Dünger zu kaufen sowie Gesundheitskosten und Schulden zurückzuzahlen.

Diese Bauern, die bisher im Durchschnitt etwa die Hälfte ihrer Einkommen aus dem Verkauf von Rohopium erzielten, trifft das Anbauverbot jetzt stark. Noch mehr leiden die Hunderttausenden Tagelöhner, die sich als Wanderarbeiter bei ihnen zum Nesch, der Opiumernte, verdingen.

Allein in den vier Hauptanbauprovinzen beträgt der finanzielle Gesamtverlust 2023 laut dem UN-Bericht umgerechnet eine Milliarde US-Dollar. Das kompensieren auch die Einkünfte aus noch vorhandenen Rohopiumreserven sowie dem Getreideanbau nicht. Das Durchschnittseinkommen pro Hektar Weizen liegt bei 700 Dollar, bei Schlafmohn sind es über 10.000 Dollar.

Uno warn jetzt vor Armut wegen fehlender Opiumeinnahmen

Mit dem Schlafmohnanbau verboten die Taliban auch „die Verwendung, den Transport, Handel, Export und Import aller Arten berauschender Substanzen“. Neue Angaben zu Cannabis und der zuletzt stark angestiegenen Ernte der wildwachsenden Ephedra-Staude, aus der ein Grundstoff für synthetische Drogen gewonnen wird, liegen nicht vor.

Die UNO warnt deshalb: Das Verbot könnte mangels ausreichender Alternativen Afghanistans ohnehin schon flächendeckende Armut noch verschärfen und zu sozialen Verwerfungen führen. Bauern in den Mohnanbaugebieten Südafghanistans gehörten bisher zur politischen Basis der Taliban.

Der fehlende Marktzugang für andere Agrarprodukte war laut UNO einer der Hauptgründe, warum afghanische Bauern Schlafmohn anbauten. Vielleicht schaffen die Taliban auch hier aus eigenen Mitteln, was der Westen trotz Milliarden­investitionen nicht vermochte.

Seit ihrer Machtübernahme ist das Taliban-Regime von allen ausländischen Entwicklungsgeldern abgeschnitten. Immerhin wurden nach Kriegsende Infrastrukturmaßnahmen deutlich billiger.

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