Kretschmann zu grünen Fehlern: „Das Hemd näher als der Rock“

Die Grünen stecken im Tief. Baden-Württembergs Ministerpräsident über Fehler in der Migrationspolitik – und welche Lehren die Partei ziehen sollte.

Winfried Kretschmann und Robert Habeck.

„Politik mit Augenmaß“: Winfried Kretschmann (re.) mit Robert Habeck am 06.11.23 in Berlin Foto: dts/imago

Herr Ministerpräsident, Bund und Länder haben sich jüngst auf einen Migrationspakt geeinigt. Sie haben den Vorschlag der CDU-regierten Ländern für Asylverfahren in Drittstaaten mit eingebracht. Glauben Sie wirklich daran, dass das human und wirkungsvoll sein kann?

Ich halte das nicht für den zentralen Punkt unserer Einigung. Das können Sie ja schon an der Formulierung erkennen. Wir haben einen Prüfauftrag formuliert und klar betont, dass die rechtlichen Standards der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention bindend sind. Für mich steht im Zentrum: Wir haben mit unserem Beschluss einen breiten demokratischen Konsens erreicht und einen ganz wichtigen Schritt zu mehr Ordnung in der Migrationspolitik gemacht.

Werden Ihnen und Habeck die eigenen Leute auf dem Parteitag folgen?

Erstens: Diese Idee ist ja nicht neu, sie ist bereits im Koalitionsvertrag der Ampel formuliert. Die Partei ist dem also bereits gefolgt. Zweitens: Ich habe selbst betont, dass ich mit Blick auf die Umsetzung skeptisch bin, weil sie voraussetzungsreich und hochkomplex ist. Warum kann es trotzdem lohnenswert sein, sich dieser Idee zu öffnen? Wir sprechen von Humanität und Ordnung. Und wenn wir mehr Humanität wollen, müssen wir das Sterben auf dem Mittelmeer beenden. Und wir sollten uns in einer solch schwierigen Situation Ideen nicht von vornherein verschließen.

75, ist seit 2011 erster und bislang einziger Ministerpräsident der Grünen. Derzeit regiert er Baden-Württemberg mit einer grün-schwarzen Koalition. Bei der nächsten regulären Landtagswahl 2026 will er nicht mehr antreten.

Falls sich die Partei darüber zerstreitet: Hat es Potenzial, die Grünen wieder zurück in die Nische zu katapultieren?

Wir haben meiner Ansicht nach einen klaren Kurs mit der Zustimmung zur europäischen Einigung GEAS eingeschlagen und mit dem Migrationspaket 2 bestätigt. Das wird jetzt mit dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz weitergeführt. Insofern sehe ich uns in der Breite da auf einem guten Weg. Ich habe diesen Kurs im gemeinsamen Gastbeitrag mit Ricarda Lang ja kürzlich auch nochmals skizziert.

In Hessen wird dieser Pragmatismus gerade nicht belohnt. Boris Rhein will mit der SPD regieren.

Ich muss sagen: Dass wir ausgerechnet in Hessen mit einem höchst pragmatisch agierenden Landesverband aus der Regierung fliegen, das ist schon extrem bitter. Und das muss uns als Partei wachrütteln. Der Kurs in der Migrationspolitik ist da ganz entscheidend: runter von der Bremse bei der Eindämmung der irregulären Migration.

Manche in ihrer Partei nennen das Abschottung.

Das ist doch Unsinn. Ohne Ordnung herrscht das Recht des Stärkeren. Humanität kann es nur in der Ordnung geben. Asyl heißt: Wer verfolgt wird, kann herkommen. Das heißt aber doch auch: Wer nicht verfolgt wird, kann eben über das Asylrecht nicht kommen, sonst wird das Asylrecht ausgehöhlt. Man braucht doch kein Asylrecht, wenn jeder kommen und bleiben kann, wie er möchte. Wir müssen die irreguläre Migration begrenzen, sonst kommt das Asylrecht unter die Räder. Wenn die Grüne Jugend jetzt von Abschottung redet, kann man nur fragen: Wo leben die denn? Wir haben gerade eine Million ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, allein Baden-Württemberg hat doppelt so viele ukrainische Geflüchtete aufgenommen als Frankreich. Das ist das Gegenteil von Abschottung.

Was ist es dann?

Es ist die Voraussetzung, damit die, die wirklich Schutz brauchen, aufgenommen, untergebracht und integriert werden können. Wir sind in einer Überlast. Die Kommunen sind schlichtweg überfordert. Es geht da nicht mal nur um die Unterbringung. Von den Geflüchteten 2015 haben wir etwa 60 Prozent in Arbeit und damit auch 40 Prozent im Sozialsystem. Das heißt, mit jedem Schwung von Geflüchteten bleibt ein Sockel. Es ist klar, dass man irgendwann überlastet ist. Diese Politik ist Einsicht in das Notwendige. Das Asylrecht ist eine wichtige zivilisatorische Errungenschaft. Diese müssen und werden wir erhalten. Außerdem öffnet die Bundesregierung ja jetzt wirklich die Korridore für reguläre Einwanderung. Das klar zu trennen, ist zentral, wenn wir die Akzeptanz für Flüchtlinge erhalten wollen.

Kritiker sagen, alle beschlossenen Maßnahmen bringen nichts, und das zahle dann auch wieder auf das Konto der Rechten ein .

Es geht doch erst mal darum, die Situation anzuerkennen. Und dafür muss meine Partei klären, ob sie überhaupt Begrenzung will. Die, die das nicht wollen, sagen meist, ihr bedient rechte Narrative. Die anderen sagen, es bringt nichts.

Und Sie?

Ich glaube, das sind viele Bausteine, die zusammen was bringen. Es ist richtig, dass es den einen Hebel nicht gibt und wir die großen Fragen nur europäisch lösen können, deshalb ist die GEAS-Reform zum europäischen Asylsystem so zentral. Aber in dieser schwierigen Lage müssen wir bereit sein, auch kleine Hebel zu ziehen. Zum Beispiel die Bezahlkarte statt Bargeld. Das ist keine Abkehr von der Humanität. Aber wir reduzieren den Anreiz für irreguläre Migration, da es die Möglichkeiten für Asylbewerber einschränkt, Geld zurück in ihre Heimatländer zu überweisen. Wenn wir nichts tun in dieser Frage, dann entsteht der Eindruck, der Staat ist handlungsunfähig. Das ist die allergefährlichste Botschaft überhaupt! Das treibt die Menschen zu den Rechten.

Die Umfragewerte Ihrer Partei gehen im Bund wie in Baden-Württemberg zurück. Sehen die Wähler die Grünen als Schönwetter-Partei, die man nicht mehr wählt, wenn es ernst wird?

Das könnte man meinen, aber es ist doch erstaunlich; denn wir haben als Partei in den letzten Monaten Enormes geleistet: Wenn man sieht, mit welcher Wucht die Außenministerin in der Ukrainekrise agiert hat – als Partei, die aus der Friedensbewegung entstanden ist – und wie Robert Habeck in der Energiekrise Gas in Katar gekauft und LNG-Terminals gebaut hat. Beide haben höchst entschlossen und klar agiert, und wir sind gut über den Winter gekommen. Das widerspricht dieser These. Aber es scheint trotzdem so zu sein.

Wie kann Ihre Partei Vertrauen zurückgewinnen?

Wir müssen Lehren aus den letzten Monaten ziehen und zeigen, dass wir Politik mit Augenmaß und Pragmatismus machen können – gerade bei der Migrationsfrage. Und in der Klimapolitik müssen wir klar in den Zielen, aber offen in den Wegen sein. Da nutzt es nichts, wenn man sagt: Die Wissenschaft sagt uns aber, das ist ganz dringlich.

Warum nicht? Ist das für die Leute schon zu komplex?

Den Leuten ist halt das Hemd näher als der Rock, das ist evolutionäre Prägung. Die Leute haben weniger Angst vor der nächsten Flutkatastrophe, als vor der Finanzierung der nächsten Heizung. Deshalb ist der Satz „Wir müssen die Menschen mitnehmen“ eben keine leere Floskel. Macht entsteht, nach Hannah Arendt, wenn sich die Menschen um eine Idee versammeln und handeln. Wenn sich die Menschen wieder zerstreuen, dann verliert man Macht. Wenn die Zustimmung im Volk abnimmt, kommt Kritik aus allen Ecken und es wird schwergängig.

Ein wachsender Teil der gesellschaftlichen Mitte hatte sich seit 2018 um die grüne Idee versammelt – jetzt sind Teile davon wieder weg. Was ist die neue Idee, die diese Leute anzieht?

Im Moment dominieren nachvollziehbar andere Themen: Migration, Inflation, Kriege. Da ist eine tiefe Verunsicherung, die tief in die Mitte reicht und Verlustängste auslöst: Unternehmen, die sich fragen, ob sie unter diesen Bedingungen noch auf dem Weltmarkt reüssieren können. Familien, die Sorge haben, keinen bezahlbaren Wohnraum zu finden. Familien, die es sich plötzlich nicht mehr leisten können, zu bauen. Statt Aufstiegszuversicht sind das eher Abstiegsängste, die das gesellschaftliche Klima beherrschen.

Was hat die Grünen genau zurückgeworfen?

Ich fang andersrum an: Wir waren immer dann stark, wenn wir uns als Partei erkennbar was zugemutet haben – vom Kosovokrieg bis zum Kohlekompromiss. Beim Heizungsgesetz hat sich das umgekehrt. Da ist bei vielen am Anfang das Gefühl entstanden: Es wird über uns hinweg entschieden. Man verliert dann erst mal Vertrauen. Das sieht man an den Kompetenzzuschreibungen, sogar bei der Klimapolitik. Unser Aufstieg ist ja einem Führungsduo zu verdanken …

… Annalena Baerbock und Robert Habeck …

… das anders aufgetreten ist als die Vorgänger, die sich wöchentlich öffentlich gestritten haben. Sie haben einen neuen Kurs eingeschlagen: Wir sind eine Bündnispartei, die Mehrheiten jenseits der eigenen Stammwählerschaft sucht. Dieser Kurs hat uns stark gemacht. Aber vielleicht hat es beim ein oder anderen auch ein Stück dazu geführt, dass etwas von der nötigen Demut verloren gegangen ist.

Hätte man beim Gebäudeenergiegesetz mehr aufs Volk hören müssen?

Ja. Das ist ja jetzt auch bei allen angekommen. Von der Anlage her kommt bei uns Grünen oft auch ein Moment großer Staatsgläubigkeit dazu. Aber wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Kein staatliches Konzept kann so innovativ sein, wie ein Markt, in dem Tausende von Menschen Ideen haben. Da braucht man eher Preissignale, um das zu lenken. Es geht darum, dass wir ein kopierfähiges Modell von klimafreundlichem Wohlstand und erfolgreichem nachhaltigem Wirtschaften entwickeln, das andere Länder übernehmen, weil sie sehen, dass es funktioniert.

Das sagen Sie immer.

Weil's stimmt. Selbst mit der radikalsten Klimapolitik in Baden-Württemberg könnte ich das globale Phänomen des Klimawandels nicht aufhalten. Wir müssen zeigen, dass damit der Wohlstand zu sichern ist. Das ist zu sehr in den Hintergrund geraten. Der frühere Bosch-Chef hat mal gesagt: „Wir können Strukturwandel, aber keine Strukturbrüche“. Ob das bei uns ein, zwei Jahre länger oder kürzer dauert, ist am Ende nicht entscheidend.

Sie haben sich in der Unterstützung von Wirtschaftsminister Habeck beim Heizungsstreit sehr zurückgehalten.

Entscheidend war die Korrektur, die er gemacht hat, die verbindliche Wärmeplanung der Kommunen: Das haben wir in Baden-Württemberg schon sehr früh auf den Weg gebracht. Dabei ist es nicht so, dass wir den Menschen in Baden-Württemberg nicht auch Ordnungspolitik zumuten. Wir haben im ersten Schritt eine Photovoltaikpflicht für Nicht-Wohngebäude eingeführt und im zweiten Schritt für Wohnneubauten und für Bestandsgebäude bei grundlegenden Dachsanierungen. Es gab da nur ein leises Grummeln, aber keinen Protest, weil es ein klar umgrenzter Eingriff ist, mit überschaubaren Kosten. Wir haben seitdem einen steilen Anstieg an Photovoltaik.

Die grüne Sprechformel lautet neuerdings, man habe jetzt so viel in so kurzer Zeit gemacht, man müsse das – Zitat Habeck – „einwirken lassen“. Ist das nur eine Umschreibung für Kapitulation?

Sehe ich nicht so. Politik ist die Kunst des Möglichen. Es ist also sehr weise, das anzuerkennen. Ich glaube, dass wir den Leuten zurzeit offensichtlich auf die Nerven gehen. Die Leute haben das Gefühl, wir sagen ihnen, wie sie heizen sollen, wie sie sich fortbewegen sollen, wie sie essen sollen, und wir sagen ihnen zum Schluss sogar, wie sie reden dürfen und wie nicht.

Das ist das Narrativ der Grünengegner.

Ja und das geht den Leuten einfach auf den Zeiger. Darum bin ich ganz der Meinung von Robert Habeck: Wichtige Dinge haben wir jetzt klimapolitisch eingeleitet, und entscheidend ist, dass wir uns nicht im Klein-Klein verzetteln, sondern die Dinge kraftvoll anpacken, die richtig viel bringen. Ob wir jetzt innerdeutsch fliegen oder nicht, ist größenordnungsmäßig einfach irrelevant. Wir müssen Windräder bauen, wir müssen Photovoltaik auf die Dächer bringen, wir müssen schnell aus der Kohlekraft aussteigen, und wir müssen grüne Technologie massiv vorantreiben, die Produktion ressourcen- und energieeffizienter hinkriegen. Etwa, was wir mit der Zementindustrie machen. Aber wir müssen nicht auch noch fragen, ob die Feuerwehr-Autos auch klimaneutral fahren, denn die fahren nur rum, wenn sie zum Einsatz müssen – und das spielt keine Rolle in der Gesamtabrechnung. Die Menschen haben genug zu tun mit allem Möglichen, was auf sie eindonnert.

Brauchen wir mehr Moral, aber Moralausstoß wirkt bei vielen auch kontraproduktiv. Oder brauchen wir weniger Moral, aber noch weniger gelebte Moral als wir gerade bei der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen praktizieren, wird auch schwierig?

Wir haben die nötige Moral und die heißt einfach: Wir haben kein Recht, diesen Planeten zu zerstören, wir haben ihn nämlich nicht selber gemacht, und es ist auch moralisch unumstritten, dass wir unseren Kindern keine schlechtere Welt hinterlassen dürfen, als wir sie vorgefunden haben. Das genügt an moralischer Fundierung. Die Debatten können wir uns echt sparen.

Was braucht es dann?

Was wir brauchen, ist mehr Pragmatik, mehr Umsetzung, mehr ökologische Marktwirtschaft, mehr Innovationen und vor allem mehr Geschwindigkeit. Wir hätten doch überhaupt kein Problem, wenn wir nicht so schnell sein müssten. Der Wandel hat ja längst begonnen. Das einzige Problem ist doch die Geschwindigkeit: Wir müssen in 20 Jahren das in Ordnung bringen, was die Menschheit vorher in 250 Jahren erst unbewusst, dann bewusst angerichtet hat. Da haben wir jetzt ganz wichtige Stellschrauben gedreht. Etwa mit dem „Wind-an-Land-Gesetz“, das den Ausbau der Regenerativen zum überragenden öffentlichen Interesse erklärt. Der Ausbau der Windkraft überragt also andere, konkurrierende Interessen, die zurückstehen müssen. Darauf kommt es an.

Das ist die Kretschmann/Habeck-Sprechstrategie des ‚Wir sind auf einem guten Weg‘. Auf Ihrem Transformatioskongress unlängst hat Geschichtsprofessorin Hedwig Richter Ihnen deshalb „Simulation der Normalität“ vorgeworfen. Klimaaktivisten fordern, man müsse sagen, wie schlimm es wirklich stehe.

In Panik trifft man keine vernünftigen Entscheidungen. Der Mensch trägt atavistische Züge in sich, da muss man nur zur Hamas gucken oder nach Russland. So ist die Menschheit, und deswegen ist man einfach immer im Kampf und im Krisenmodus. Schon Adenauer hat gesagt: Die Politik ist immer in der Not. Aber auf Angst lässt sich keine gute Zukunft aufbauen, sondern nur auf Zuversicht.

Woraus speist sich dann im Moment ihre Zuversicht?

Zum Beispiel daraus, dass die Sonne uns in einer Stunde so viel Energie gibt wie die Menschheit in einem Jahr braucht. Das heißt, wenn wir jetzt in eine Sonnenenergiewirtschaft gehen, machen wir auf jeden Fall nichts falsch. Das werden wir jetzt einfach machen, und zwar so zügig, wie wir es ohne Disruptionen hinbekommen. Wir brauchen einfach Handwerker, um es mal platt zu sagen, die jetzt die Dinger auf die Dächer schrauben.

Früher waren die Grünen für Apokalypse-Rhetorik zuständig und das schien auch Teil der progressiven Kultur zu sein. Heute machen das AfD, CSU, Friedrich Merz und Teile der FDP. Das ist ja schon auch ironisch.

Es gibt kein Leben ohne Ironie. Da kommt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, und wir stellen die Außenministerin, und die muss sich mit Verve für Waffenlieferungen einsetzen. Dass eine Partei mit pazifistischen Wurzeln gerade dann an die Macht kommt, wenn ein brutaler Angriffskrieg Europa heimsucht, das ist nicht nur bittere Ironie, das ist das, was Hannah Arendt meint, wenn sie sagt, dass Wunder geschehen können in der Politik. Jemand macht etwas, von dem man gedacht hätte, das würde der nie machen. Durch solche Dinge entsteht doch Bewegung und Dynamik. Diese Prognosenmeister wollen immer alles vorausberechnen, und das kann man halt nicht, im gutem wie im schlechten. Schauen Sie, ich war als Studierender ein linksradikaler Maoist, und jetzt werde ich als konservativer Grüner gelistet. Das war ja auch nicht gerade zu erwarten.

Parteiinterne Kritiker halten das nicht für ein Wunder, sondern für eine Abstiegsgeschichte.

Auch das ist das Schöne an einer Demokratie: Wir müssen schauen, dass Tatsachen, dass Wahrheiten nicht unter die Räder kommen, aber Urteile stehen jedem frei.

In der Bundespolitik gibt es derzeit zwei Munkelbehauptungen: Die nächste Bundesregierung werde auf jeden Fall ohne die Grünen sein. Erfolgreiche Klimapolitik müsse von anderen gemacht werden und nicht von den Grünen.

Die Zeiten sind heute so schnelllebig, was politische Stimmungen und Verschiebungen angeht, da wäre ich vorsichtig an der Stelle derer, die jetzt denken, es ist alles schon ein gemähtes Wiesle und die Grünen können wir jetzt mal vergessen. Wir Demokraten haben ein ganz anderes Problem, als immer nur zu glotzen, wie man selber gerade da steht: der rasante Aufstieg von Rechtspopulisten, praktisch auf der ganzen Welt. Der Lichtblick durch die Polenwahl zeigt aber, dass man so einen Aufstieg auch ausbremsen und umkehren kann. Genau darum sollten wir uns alle mehr kümmern, und in diesem Sinne so sorgsam miteinander umgehen, dass es einem nachher nicht auf die Füße fällt, wenn es Koalitionsfähigkeit unter Demokraten bedarf. Das kann ja gut sein, wenn ich an die kommenden Wahlen im Osten denke. Deswegen rate ich: Bleiben wir bei den Sachauseinandersetzungen und suchen wir nicht einen „Hauptfeind“ unter den demokratischen Parteien. Der Hauptfeind sind die Kräfte, die mit der Demokratie an sich im Streit liegen.

Wenn man jetzt auf die gesunkene Zustimmung auch für die Baden-Württemberg-Grünen schaut: Wird durch eine Abschwächung des berühmten Kretschmann-Effekts die Suche nach Ihrem Nachfolger für die Partei noch schwieriger?

Ich regiere jetzt erst mal ordentlich zu Ende.

Einen anderen grünen Ministerpräsidenten zu wählen, das hätte ja auch ihr Koalitionspartner erklärtermaßen nicht mitgemacht.

Ja. Ich habe aber schon vorher immer gesagt, ich bleibe ich bis zum Ende der Legislatur. Vorausgesetzt, ich bleibe gesund und geistig frisch. Ich bin ja auch erst durch die Hälfte der Legislaturperiode, da muss man jetzt nicht schon über einen Nachfolger reden.

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