Nachruf Politiker Karel Schwarzenberg: Der Geist des alten Mitteleuropas

Karel Schwarzenberg bemühte sich, dass Stimmen osteuropäischer Dissidenten gehört werden. Am Samstag starb Tschechiens ex-Außenminister in Wien.

Karel Schwarzenberg

Mural von ehemaligem tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg auf einem verlassenen Gebäude in Prag Foto: REUTERS/David W. Cerny

PRAG taz | Wenn Karl VII. Fürst zu Schwarzenberg sich am liebsten als Förster und Landwirt bezeichnet, dann nicht nur, weil der böhmische Adlige sich durch einen ausgeprägten Hang zum britischen Understatement auszeichnete. Als ältester Sohn einer Nebenlinie des einflussreichen altösterreichischen Adelsgeschlechts der Schwarzenbergs, 1937 auf Schloss Orlik, dem südböhmischen Familienstammsitz geboren, sah er sich vor allem seiner adeligen Herkunft und der Pflege um das Familienerbe verpflichtet, das Tausende von Hektar allein an Ländereien umschloss.

Die Verpflichtung seiner Geburt nahm einen anderen Lauf, als 1948 die Kommunistische Partei die Macht über Böhmens Hain und Flur übernahm.

Die Schwarzenbergs, die auch im „Protektorat Böhmen und Mähren“ auf der schwarzen Liste des NS-Regimes standen, wurden als unerwünschte Aristokraten ins Exil getrieben.

Kampf auf diplomatischem und gesellschaftlichem Parkett

„Nachdem ich als Kind erlebt hatte, wie sich die Politik mit uns beschäftigt hat, habe ich mich mit der Politik beschäftigt“, erklärte Schwarzenberg vor zwei Jahren in der FAZ. Aber auch so blieb er den familiären Traditionen der Schwarzenbergs nicht fern. Als Karel nach Adoption 1965 zum VI. Fürsten und Haupt des Hauses Schwarzenberg wurde, trat er in die Fußstapfen dessen Gründers Karl Phillip, dem Oberbefehlshaber und Sieger der Völkerschlacht.

Der Kampf des Karel Schwarzenberg fand ausschließlich auf dem diplomatischen und gesellschaftlichen Parkett statt und galt vor allem seiner Heimat, die er als Elfjähriger verlassen musste und die ihn aber nie losließ.

Schon kurz nach der Invasion sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei 1968, begann er sich für den Widerstand gegen das kommunistische Regime einzusetzen.

Schwarzenberg, der seinerzeit als ziemlicher Salonlöwe galt, wusste es wohl, seine gesellschaftliche Stellung sowie seine internationalen Vernetzungen zu nutzen, um als Botschafter der tschechoslowakischen Opposition zu wirken. Als Präsident der Helsinki-Föderation für Menschenrechte bemühte er sich darum, die Stimmen mittel- und osteuropäischer Dissidenten und Menschenrechtsaktivisten im Westen gehört werden.

Mitte der 1980er wurde er zum Mäzen des Dokumentationszentrums zur Förderung der unabhängigen tschechoslowakischen Literatur, die sich vor allem mit Untergrundliteratur beschäftigte.

Bürochef auf die Prager Burg unter Havel

Für sein Engagement wurde Karl Schwarzenberg nach der Samtrevolution vom frisch gewählten Präsidenten Václav Havel als Bürochef auf die Prager Burg gerufen.

Die Politik ließ Karel Schwarzenberg, der zweimal mit derselben Frau verheiratet war und drei Kinder hat, auch nicht los, als er schon längst all seinen Familienbesitz wieder selbst verwalten konnte.

Als Senator, Außenminister und Abgeordneter sorgte er dafür, dass der Geist des alten Mitteleuropas nicht ganz aus der tschechischen Politik entschwand. So galt schon zu Lebzeiten als Mythos.

Am 11. November ist Karel Schwarzenberg in Wien gestorben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.