Putin droht Lettland: Berechtigte Sorge in Riga

Russlands Präsident Putin droht Lettland. Das muss ernst genommen werden: Angebliche Sorge um die russische Minderheit wurde schonmal zum Kriegsgrund.

Russischer und lettischer Grenzpfosten, ein Soldat und Schilder in verschiedenen Sprachen

Auf Lettisch, auf Russisch, auf Englisch: Grenzpfosten zwischen Russland und Lettland Foto: Kalnins/reuters

Wladimir Putin verdanken wir wertvolle Einsichten. Jetzt hat der Kremlchef Lettland vorgeworfen, einen Teil der dort lebenden russischsprachigen Bevölkerung zu unterdrücken. Von einer „schweinischen“ Behandlung spricht er gar. Moskau werde, so die Drohung, seine Beziehungen zum Nachbarn entsprechend gestalten.

Ausgerechnet der Mann, der zigtausende seiner Landsleute in einem Vernichtungskrieg gegen die Ukraine verheizt, muss sich derart gebärden, einer, der vermeintliche Kri­ti­ke­r*in­nen seines Regimes unter abstrusen Vorwänden in russische Knäste zwingt. Man kann über Rigas Umgang mit seiner russischen Minderheit, die ein Erbe der Sowjetunion ist, geteilter Meinung sein. Laut Gesetz müssen Staats­bür­ge­r*in­nen der Russischen Föderation Lettischkenntnisse auf Alltagsniveau nachweisen. Andernfalls droht ein Entzug der Aufenthaltserlaubnis.

Diese Anforderung dürften vor allem Angehörige der älteren Generation als Zumutung empfinden. Die Medaille hat indes zwei Seiten. Viele Betroffene sind vor der Unabhängigkeit Lettlands 1991 in die damalige Sowjetrepublik gekommen. Möglichkeiten, zumindest rudimentäre Sprachkenntnisse zu erwerben, hätte es gegeben. Dass das vielfach nicht geschehen ist, muss einer gewissen Arroganz und Ignoranz gegenüber der Mehrheitsgesellschaft zugeschrieben werden.

Früher ging es doch auch mit Russisch, warum also Lettisch lernen? Dennoch: Putins Drohungen sollten ernst genommen werden. Die angebliche Diskriminierung von Rus­s*in­nen in der Ukraine musste als ein Grund für Moskaus Angriffskrieg herhalten. Bekanntermaßen will sich die Mehrheit der Ukrai­ne­r*in­nen nicht von Russland befreien lassen. Auch das Schutzbedürfnis vieler Russischsprachiger im EU-Staat Lettland dürfte sich in Grenzen halten.

Die verschärfte Gangart gegenüber der russischen Minderheit ist ein Resultat des Ukraine-Krieges. „Wir könnten die nächsten sein“, ist auch in Lettland zu hören. Wer im Westen noch immer für Friedensverhandlungen um jeden Preis eintritt, muss diesen Satz endlich ernst nehmen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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