Bahn-Streik ab Donnerstagabend: Lokführer machen Ernst

Die GDL legt ab 22 Uhr den Personenverkehr lahm. Sie fordert mehr Lohn bei sinkender Arbeitszeit. In diesem Jahr soll das aber der letzte Streik bleiben.

Ein Lokführer steht mit seinem Zug im Frankfurter Hauptbahnhof.

Streik ab Donnerstagabend, 22 Uhr: Die Gewerkschaft GDL geht in ganz Deutschland den Arbeitskampf Foto: Andreas Arnold/dpa

BERLIN dpa/afp | Bei der Bahn steht der nächste Warnstreik bevor. Die Lokführergewerkschaft GDL hat ihre Mitglieder aufgerufen, die Arbeit am Donnerstagabend niederzulegen. Der Ausstand bei der Deutschen Bahn soll im Gütervekehr um 18.00 Uhr, im Personenverkehr dann um 22.00 Uhr beginnen und am Freitagabend um 22.00 Uhr enden. Einschränkungen werden schon vor Beginn des Warnstreiks erwartet, ebenso danach.

Während des Ausstands gilt ein Notfahrplan mit stark reduziertem Angebot. Die Deutsche Bahn will wie beim ersten GDL-Warnstreik wieder rund 20 Prozent des Fernverkehrs aufrechterhalten. In Bayern wird das nach Angaben der Bahn jedoch nicht möglich sein, weil man dort noch mit den Folgen des starken Schneefalls zu tun habe.

Nach dem Warnstreik will die GDL bis zum 7. Januar nicht mehr streiken. „Wir werden jetzt diese Streikaktion am Donnerstag und Freitag durchführen, und es ist für dieses Jahr die letzte“, sagte der GDL-Vorsitzende Chef Weselsky am Mittwochabend bei MDR-aktuell. „Anschließend kommt die Urabstimmung und die Auszählung am 19. Dezember. Und es wird keine Arbeitskampfaktionen mehr geben, auch in der ersten Januarwoche nicht“, fügte er hinzu.

Die GDL fordert eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von derzeit 38 Stunden auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn lehnte dies angesichts des Fachkräftemangels als nicht machbar ab. „Damit ignorieren die Unternehmen nicht nur die berechtigten Bedürfnisse der eigenen Beschäftigten“, erklärte GDL-Chef Weselsky. „Sie torpedieren zudem die dringend nötigen Maßnahmen zu einer erfolgreichen Personalgewinnung.“

Kritik von Fahrgastverbänden

Die Gewerkschaft fordert außerdem bei einem Jahr Laufzeit 555 Euro mehr Lohn und 3000 Euro Inflationsprämie. Die Bahn hat bislang ein Angebot unterbreitet, das elf Prozent mehr Lohn und eine Inflationsprämie von bis zu 2850 Euro vorsieht – gestreckt auf eine Laufzeit von 32 Monaten. Parallel läuft derzeit noch eine Urabstimmung der GDL-Mitglieder über häufigere und längere Arbeitskämpfe. Die Auszählung soll laut GDL-Chef Weselsky noch vor Weihnachten erfolgen.

Im Regionalverkehr erwartet die Bahn große Unterschiede bei den Auswirkungen des Warnstreiks je nach Region. In Bayern werde der Verkehr aufgrund der Witterung weitgehend zum Erliegen kommen. Anderswo sei das nicht der Fall, sagte Bahnsprecher Achim Stauß am Donnerstag.

Zum Warnstreik aufgerufen sind die Beschäftigten der Deutschen Bahn einschließlich der S-Bahn-Betriebe in Berlin und Hamburg sowie der Eisenbahnunternehmen Transdev, AKN und City-Bahn Chemnitz sowie weiterer Unternehmen.

Der Ausstand am reisestarken Freitag durchkreuzt die Pläne Tausender Fahrgäste. Sie können ihre für diesen Donnerstag oder Freitag geplante Reise verschieben und ihre Fahrkarte zu einem anderen Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung sei aufgehoben, teilte die Bahn mit. Reservierungen könnten kostenfrei storniert werden.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) will mit der Aktion den Druck in der laufenden Tarifrunde erhöhen. Sie will so unter anderem der Forderung nach einer Arbeitszeitsenkung für Schichtarbeiter Nachdruck verleihen. „Die Arbeitgeberseite mauert allerorten und ist nicht bereit, den Beschäftigten die ihnen zustehende Wertschätzung und Anerkennung für die geleistete Arbeit zukommen zu lassen“, kritisierte die Gewerkschaft.

Der Zeitpunkt der Warnstreikankündigung am Mittwochabend stieß auf Unmut beim Fahrgastverband Pro Bahn. „Was wir kritisieren, ist die Kurzfristigkeit. Wir möchten, dass zwei Tage vorher bekannt gegeben wird, wann gestreikt wird, damit sich der Fahrgast darauf einstellen kann“, sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß.

Proteste der Streikenden sind in Frankfurt, Köln und München geplant. Für ihre Forderungen stark machen wollen sich GDL-Mitglieder außerdem in Postdam, am Tagungsort der laufenden Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder. Für die Bahn gelte dasselbe wie für den öffentlichen Dienst, sagte Ulrich Silberbach, der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes. „Wer qualifizierte Fachkräfte gewinnen und halten will, muss attraktive und wettbewerbsfähige Arbeitsbedingungen anbieten.“

Die Deutsche Bahn kritisierte, die GDL vermiese Millionen unbeteiligten Menschen das zweite Adventswochenende. Ein Streik so kurz nach dem Wintereinbruch und so kurz vor dem Fahrplanwechsel sei verantwortungslos und egoistisch, hatte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler kritisiert. „Anstatt zu verhandeln und sich der Wirklichkeit zu stellen, streikt die Lokführergewerkschaft für unerfüllbare Forderungen. Das ist absolut unnötig.“

Zuletzt hatte die GDL bei der Bahn am 15. und 16. November zum Warnstreik aufgerufen. Im März und April hatte die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) jeweils einen Tag lang zu Warnstreiks aufgerufen. In der ungewöhnlich hart geführten Tarifrunde der Lokführer läuft bereits auch eine Urabstimmung über unbefristete Streiks.

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