Personalnotstand bei Rettungskräften: Rettungswagen leer

An Silvester können Feuerwehr und Co. für ausreichende Rettungskräfte auf den Straßen sorgen. Den Rest des Jahres über sieht es schlecht aus.

Blaulicht von Rettungswagen

Einsatzfahrzeuge gibt's genug – SanitäterInnen eher nicht Foto: IMAGO / Maximilian Koch

BERLIN taz | Die Böllerei in der Silvesternacht sorgt für Hochbetrieb bei den Rettungsdiensten der Berliner Feuerwehr und von Hilfsorganisationen wie DRK, Johanniter Unfallhilfe & Co. 1.500 Rettungskräfte werden in der Hauptstadt rund um den Jahreswechsel im Einsatz sein.

Das ist die dreifache Zahl von normalen Nächten. „Wir bringen auf die Straße, was rollen kann“, sagt Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch der taz. „In den vergangenen Silvesternächten hatten wir 1.700 Einsätze, die Coronazeit ausgenommen.“

Doch anders als bei den Rettungswagen und Notarzteinsatzwagen, die rollen können, ist beim Personal Not angesagt: 5.000 Mitarbeiter hat die Berliner Feuerwehr, 1.000 Stellen sind laut dem Landesvizechef der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft, Manuel Barth, derzeit unbesetzt, die meisten im Rettungsdienst.

Noch schwieriger sei die Personalsituation bei den Hilfsorganisationen, die im Auftrag der Feuerwehr Notfalleinsätze fahren, sagt Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch. Da sei es ein Glück, dass die Bundeswehr in Berlin als einzigem Bundesland Notfalleinsätze fahre. Das diene der Aus- und Fortbildung der Truppe und entlaste die Berliner Rettungsdienste erheblich.

Notstand an 364 Tagen

Noch ist die Feuerwehr in der Lage, durch Urlaubspläne und entsprechende Dienstplanungen die Einsätze der Rettungsdienste für die besondere Nacht abzusichern. „Aber wir haben an den 364 anderen Tagen im Jahr Personalnotstand“, sagt Gewerkschafter Manuel Barth. Eine neue Regelung seit April, derzufolge bei minderschweren Fällen Notfallwagen mit weniger Personal im Einsatz sind, hätte da bereits Abhilfe geschaffen, lobt er.

Auf die Frage der taz, wie man die Personalnot bei Rettungssanitätern beheben könne, antwortet Barth nicht mit der Forderung nach höheren Bezügen, wie man es von einem Gewerkschafter erwarten könnte. Stattdessen sagt er: „Wir müssen die Einstellungsverfahren entbürokratisieren und verkürzen. Derzeit dauert es sechs Monate und länger von der Bewerbung bis zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters. Bis dahin haben die meisten Bewerber schon woanders einen Job gefunden.“

Dieses Problem räumt auch der Feuerwehrsprecher ein. Er sagt aber: „Unsere begonnene Ausbildungsoffensive wird bereits nächstes Jahr zu einer spürbar besseren Personalsituation führen.“ Dennoch bedürfe es auch in den kommenden Jahren mehr Auszubildender, um den zu erwarteten altersbedingten Abgang von Rettungssanitätern auszugleichen.

Kostenlos ins Schwimmbad

Kasch freut sich, dass im Doppelhaushalt 2024/25 mehr Geld für das Gesundheitsmanagement des Personals bereitsteht – etwa für Sportgeräte in den Feuerwehren und kostenloses Schwimmen in den Berliner Bädern. „Das ist für unsere Kollegen wichtig, denn sie müssen fit sein bis ins hohe Alter. Sonst fallen sie aus.“

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte letzten Sommer angekündigt, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass neben Feuerwehr und Hilfsorganisationen auch private Firmen in der Notfallrettung eingesetzt werden können. Sie erhofft sich dadurch eine Entlastung des vorhandenen Personals. Doch Krankenkassen, das DRK, die Johanniter und die Malteser widersprachen: Stattdessen sollten die bisherigen Anbieter mehr Personal bereitstellen. Auh die Grünen warnten vor einer schleichenden „Privatisierung des Rettungsdienstes“.

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