Diplomatie im Gaza-Krieg: Baerbock als mediale Randnotiz

Der Besuch der Außenministerin in Ägypten wird in den dortigen Medien kaum diskutiert. Das spiegelt die Frustration über die deutsche Politik wider.

Annalena Baerbock und weitere Personen vor einem Grenzübergang

Annalena Baerbock vor dem Grenzübergang zum Gazastreifen in Rafah Foto: Michael Kappeler/dpa

KAIRO taz | Der Besuch der deutschen Außenministerin Annalena Baer­bock am ägyptischen Grenzübergang Rafah wurde von den lokalen Medien lediglich kurz vermeldet. Bei ihrem Besuch am Dienstag forderte sie einen besseren Zugang für humanitäre Hilfe in den Gaza­streifen. Auch in den überregionalen arabischen Medien taucht die Reise Baerbocks bestenfalls in ein paar Zeilen in den Live-Tickern auf. Es gibt keine Kommentare oder Analysen.

Das ist ein Zeichen dafür, wie unwichtig Deutschland inzwischen bei allen Vermittlungsversuchen rund um den Gazakrieg geworden ist. Aus arabischer Sicht hat sich die Bundesregierung mit ihrer einseitigen Positionierung zu Israel auf das Abstellgleis gefahren.

Verglichen mit der gleichzeitig stattfindenden Shuttlediplomatie von US-Außenminister Antony Blinken bleibt Deutschlands oberste Diplomatin im Schatten. Zwar ist die arabische Öffentlichkeit auch über die USA enttäuscht. Sie kritisiert deren finanzielle und militärische Unterstützung für Israel sowie deren Außenpolitik.

Gleichzeitig herrscht aber auch ein pragmatisches Verständnis für den Einfluss der USA, den Krieg stoppen zu können. Die englische Webseite von Al-Ahram nennt Blinken deshalb „den Elefanten am Verhandlungstisch“. Baer­bocks Nahostreise bleibt da lediglich eine Randnotiz.

Auf den sozialen Medien kursiert ein Foto, das die deutsche Außenministerin beim Ausstieg über die Rampe einer deutschen Militärmaschine am Flughafen al-Arisch im ägyptischen Nordsinai zeigt. Hinter ihr sind Paletten mit humanitärer Hilfe und mit Aufklebern der deutschen Flagge zu sehen. Sie sind für den Gazastreifen bestimmt. Das wird als Heuchelei gewertet. „Nahrungsmittel und Medikamente an die Palästinenser und Waffen an Israel“, lautet ein auf dem Kurznachrichtendienst X oft wiederholter arabischer Kommentar dazu.

Vorwurf der Doppelmoral

Die Deutsche Botschaft in Kairo hatte ebenfalls auf X am 29. Dezember auf Arabisch vermeldet: „Deutschland ist sich der Notlage der Menschen in Gaza bewusst und hat seine humanitäre Hilfe an die Palästinenser um 24 Millionen Euro erhöht.“

Die arabischen Antworten unter dem Tweet sprechen Bände. Der ägyptische Menschenrechtler Hossam Bahgat schrieb beispielsweise ironisch: „Wir sind sehr bewegt von eurer Menschlichkeit und eurem Mitgefühl“ und heftete eine Reuters-Meldung an, wonach sich die deutschen Waffenexporte an Israel letztes Jahr verzehnfacht hätten und die Exportlizenzen an Israel seit dem 7. Oktober prioritär behandelt würden. 185 von 218 Lizenzen seien seit dem 7. Oktober gewährt worden.

Gleichzeitig betrug die Gesamtsumme der humanitären Hilfe für die Palästinensergebiete im Jahr 2023 gut 211 Millionen Euro. Die Mittel sollen unter anderem für Nahrungsmittelhilfe, medizinische Versorgung und Traumabehandlung eingesetzt werden.

Verweigerung der Zusammenarbeit

Bahgat, der die Egyptian Initiative for Personal Rights leitet, eine der letzten aktiven Menschenrechtsorganisationen in Ägypten, hatte bereits Ende Oktober erklärt, jegliche Zusammenarbeit mit der deutschen Regierung auszusetzen. Die deutsche Haltung stelle die gemeinsamen Werte zwischen Menschenrechtsaktivisten ernsthaft in Frage, argumentierte er. Inzwischen verbreitet er auch Aufrufe, die Zusammenarbeit mit deutschen Kulturorganisationen ganz zu verweigern.

Verärgert sind die wenigen verbliebenen Menschenrechtsaktivisten in Ägypten auch über eine Entscheidung der Bundesregierung, die Finanzierung des Center for Egyptian Women’s Legal Assistance (CEWLA) zu beenden. Deren Chefin, Azza Suliman, hatte zuvor eine Erklärung unterzeichnet, in der zu einem Ende des Krieges im Gazastreifen und zum Abbruch der Beziehungen mit Israel und zu dessen Boykott aufgerufen wurde. Es gehe kein eindeutiger Nutzen für Deutschland von der Finanzierung von CEWLA aus, erklärte die deutsche Seite. Das Projekt der ägyptischen Organisation konzentriert sich auf die Bekämpfung von Frauenhandel.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.