Leistungen für Asyl­be­wer­be­r*in­nen: Blackbox Bezahlkarte

Auch Berlin will wohl die Bezahlkarte für Geflüchtete. Wie sie funktioniert ist noch völlig unklar. Die Karte könnte jährlich 10 Millionen kosten.

Eine Bankkundin steckt ihre Bankkarte in einen Geldautomaten

Ob Geflüchtete mit einer Bezahlkarte auch Geld abheben können, ist noch völlig unklar Foto: Fernando Gutierrez-Juarez / dpa

BERLIN taz | Ohne Konto ist das Leben beschwerlich, das wissen auch Kapitalismuskritiker*innen. Denn selbst in der vergleichsweise bargeld­enthusiastischen und digitalisierungsresistenten Bundesrepublik laufen bereits viele Zahlungen jenseits von Münzen und Scheinen ab: Die Summe für den Supermarkteinkauf etwa wird über die EC-Karte abgebucht. Eine Bahnfahrkarte oder das Kinoticket lässt sich praktisch per Lastschrift zahlen. Arbeitgeber überweisen den Lohn monatlich. Wer kein Konto hat, ist von maßgeblichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen.

Das sieht die Europäische Union ganz genauso. In einer Richtlinie legte das Europäische Parlament daher schon 2014 fest, dass alle Menschen in der EU das Recht auf ein Basiskonto haben. Ein Basiskonto ist ein Zahlungskonto, das die In­ha­be­r*in­nen im Prinzip wie ein Girokonto nutzen können. Doch anders als bei Girokonten dürfen die Banken niemandem so ein Konto verwehren. Damit haben auch Wohnungslose, Asylsuchende und Geduldete Recht auf so ein Konto. Um ein Basiskonto zu eröffnen, reicht es, einen Antrag zu stellen und die eigene Identität nachzuweisen.

Im Prinzip wäre das Basiskonto bestens geeignet, um Kommunen zu entlasten. Die zahlen nämlich häufig Geflüchteten die ihnen zustehenden Leistungen bar aus. In Berlin bekommen Geflüchtete, die in Erstaufnahmeeinrichtungen leben, das Geld teils in den Heimen direkt ausbezahlt. Oder das Landesamt für Flüchtlinge zahlt ihnen das Geld aus. Wer über die Bezirke untergebracht ist, muss sich sein Geld in der Regel vom Sozialamt abholen. Insbesondere Sparkassenfilialen hätten Erfahrung darin, Basiskonten zu eröffnen, heißt es vom Flüchtlingsrat. Die Kommunen könnten das Geld dann überweisen. Das sei besonders im Jahr 2021 „gut gelaufen“.

Karte von Privatunternehmen

Doch im Gespräch ist stattdessen nun eine Bezahlkarte für Geflüchtete. Wie der Senat bestätigte, bereitet auch Berlin die Einführung vor. Brandenburg ist schon einen Schritt weiter. Kommen soll die Karte von Privatunternehmen. 10 Millionen Euro könnte das das Land Berlin pro Jahr kosten. Auf so eine Bezahlkarte hatte sich die Konferenz der Mi­nis­ter­prä­si­den­t*in­nen (MPK) im Herbst 2023 geeinigt. Das Ziel: Migration eindämmen. Dort getroffene Verabredungen sind allerdings nicht bindend.

Gänzlich unklar ist, was diese Bezahlkarte können wird. Daher sieht die Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) die Pläne bisher kritisch. „Ich bleibe dabei: Den MPK-Beschluss vom November 2023, durch die Einführung einer Bezahlkarte Migrantinnen und Migranten abzuschrecken, habe ich nicht unterstützt und werde ich auch künftig nicht unterstützen“, bestätigte sie der taz. Zunächst hatte der Tagesspiegel berichtet.

Über Bezahlkarten könnten Behörden einschränken, wie viel Geld In­ha­be­r*in­nen abheben dürfen. Oder begrenzen, wo die Karte gilt. Statt Basiskonto also eine Blackbox. Eine teure noch dazu.

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