Präsidentenwahl in Taiwan: China-Kritiker gewinnt die Wahl

William Lai hat sich seinen Erfolg schwer erarbeitet. Der 64-Jährige, der als Konservativer gilt, ist für Peking eine Provokation.

Mann mit Krawatte vor einem Mikrofon

Ganz oben: Wahlsieger William Lai Foto: REUTERS/Ann Wang

TAIPEH taz | Ein Satz wird William Lai, Taiwans neuem Präsidenten, wohl immer nachhängen: „Ich bin ein politischer Arbeiter für die taiwanische Unabhängigkeit. Das wird sich nicht ändern, egal in welchem Amt ich stehe“, verkündete er 2017 bei seiner Antrittsrede als Premierminister.

Wegen dieser Worte bezichtigen die Kommunistische Partei in China und die eher china­freundliche Kuomintang in Taiwan Lai bis heute als Aufwiegler und Gefahr für den Frieden. Im Wahlkampf schlug Lai sanftere Töne an; er habe nicht vor, formell Taiwans Unabhängigkeit auszurufen. Dennoch steht der 64-Jährige mit seiner Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) für mehr Selbstbestimmung gegenüber China.

Seinen Erfolg hat sich Lai hart erkämpft. Sein Vater war Bergarbeiter und starb bei einem Grubenunglück. Die Mutter zog ihn mit fünf anderen Kindern alleine groß. In der Schulzeit verließ Lai sein Heimatdorf an der Nordostküste Taiwans und zog in ein Internat nach Taipeh.

Er studierte Medizin, wurde Abgeordneter, Bürgermeister der Großstadt Tainan, Premier, DPP-Chef. Er verkörpert das taiwanische Ideal von Aufstieg durch Bildung und harte Arbeit. Auf dem Weg zur Präsidentschaft musste Lai gegen die allgemeine Frustration über mäßige wirtschaftliche Aussichten und die zermürbende Bedrohung durch China ankämpfen. In sozialen Fragen gilt Lai eher als Konservativer. Besonders bei jungen Menschen, die sich nach acht Jahren mit der DPP an der Macht neue Perspektiven erhofften, kam er nicht gut an. Doch für viele war er trotz allem die beste Option.

Kontinuität in der Außenpolitik

Außenpolitisch will Lai den Kurs Tsai Ing-wens fortsetzen. Im Verhältnis zur EU, zu den USA und anderen Partnern steht er also für Kontinuität. An seiner Seite hat er hierfür auch die außenpolitisch erfahrene künftige Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim, die ehemalige Leiterin von Taiwans Repräsentanz in den USA.

Doch im taiwanischen Parlament hat Lais DPP ihre Mehrheit verloren und wird stete Kämpfe mit der Opposition führen müssen. Bei seiner Siegesansprache versprach Lai, das Land politisch zu einen. Doch nur wenn ihm das auch in schwierigen Fragen gelingt, hat er eine Chance, Taiwan durch die Gefahren der kommenden Jahre zu manövrieren.

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