apokalypse der woche
: Sommer schonim Januar

Viel zu heiß für den Winter: Spanien schlägt den bisherigen europäischen Temperaturrekord für Januar. 30,7 Grad Celsius maß der regionale Wetterdienst am vergangenen Donnerstag in Calles und Garvada, zwei Orten in der Mittelmeerprovinz Valencia. Auch in der Region Murcia und in Andalusien steigt dieser Tage die Quecksilbersäule auf 28 Grad und mehr. Und in den Bergen im Landesinneren – dort, wo eigentlich Schnee liegen sollte – herrschen Temperaturen, wie sie für den Monat Mai typisch sind.

Bereits jetzt haben knapp die Hälfte aller Wetterstationen in Spanien 20 Grad und mehr gemessen. 120 Wetterstationen übertrafen im Januar ihren eigenen Temperaturrekord. Alleine seit vergangenem Dienstag verzeichneten die Wetterbehörden 68 lokale Hitzerekorde. Die staatliche Wetterbehörde Aemet sagt für die kommenden Tage weiterhin viel zu hohe Temperaturen für die Jahreszeit voraus.

Ein Hochdruckgebiet, das auch Südfrankreich beeinflusst, steht stabil über Spanien. Es verhindert, dass der Winter zurückkehrt. Eine „Anomalie“ sei das, erklärt ein Sprecher von Aemet im öffentlichen Radio RNE. Bereits vor etwas mehr als einem Monat erreichten die Temperaturen in Spanien schon mal knapp 30 Grad. Klimaforscher schreiben diese extremen Wetterlagen dem Klimawandel zu.

Die Folgen der immer längeren und immer heißeren Sommer sowie der milden und niederschlagsarmen Winter sind in weiten Teilen Spaniens zu spüren. Andalusien im Süden und Katalonien im Nordosten leiden unter schwerer Trockenheit. In Katalonien droht ab kommendem Monat für rund sechs Millionen Menschen der Wassernotstand. Dieser wird ausgerufen, sobald die Stauseen unter 16 Prozent ihres Fassungsvermögens sinken. Barcelona und Umland stehen knapp davor. Der Wassernotstand bedeutet eine Deckelung des Pro-Kopf-Verbrauchs sowie eine Senkung des Wasserdrucks auf den Leitungen. Der Hafen von Barcelona hat angekündigt, dass Kreuzfahrtschiffe ihre Wassertanks nicht mehr füllen können.

Bereits jetzt steht der Großraum Barcelona unter dem Wasser-Vornotstand. Private Schwimmbecken dürfen nicht gefüllt, Rasen und Golfplätze nicht gegossen werden. Die Landwirtschaft muss 40 Prozent Wasser einsparen, die Industrie 15 Prozent. Zierbrunnen werden abgeschaltet. Auch in vielen Teilen Andalusiens wird der Wasserverbrauch eingeschränkt. Mancherorts muss das begehrte Nass in Tanklastern geliefert werden.

Die Landwirte in Andalusien und Katalonien befürchten einen Rückgang der Ernte für dieses Jahr, da sie weniger Wasser für die Bewässerung zur Verfügung haben werden. Neben dem Wassermangel schaden auch die Temperaturen selbst der Landwirtschaft. Vielerorts fürchten vor allem die Obstbauern um die Ernte. So brauchen etwa Zitrusfrüchte für ihren Reifungsprozess die jetzt fehlende Kälte. Und andere Arten beginnen zu früh zu blühen. Kommt dann noch mal eine Frostperiode, sterben die Blüten ab. Die Bäume werden keine Früchte tragen.

Die andalusische Regionalregierung wird am Montag ein Dekret für weitere Wasserrestriktionen erlassen. Der Chef der Regionalregierung, Juanma Moreno, hat angekündigt, spätestens im Sommer die Wasserversorgung für mehrere Stunden am Tag unterbrechen zu müssen, sollte es nicht bald 30 Tage am Stück regnen. Mit Blick auf die Wetterprognosen: Das ist etwas, was wohl kaum eintreten wird.

Reiner Wandler, Madrid