Außenstrategie des Iran: Die Verbündeten der Mullahs

Iran weitet seinen Einfluss im Mittleren Osten immer weiter aus. Doch wer sind seine Stellvertreter in der Region?

Der Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei sotzt während eines Treffens mit der Luftwaffe der Armeeneben dem Modell eines Kampfflugzeugs

Ayatollah Ali Khamenei bei der Luftwaffe am 05.02.2024 Foto: Office of the Iranian Supreme Leader/ap

Gazastreifen: Geeint in Feindschaft gegen Israel

Die islamistischen und militanten palästinensischen Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad sind der sunnitische Teil der iranischen, ansonsten vor allem schiitisch geprägten „Achse des Widerstands“ im Nahen Osten. Auch wenn Iran und die beiden Gruppierungen zu unterschiedlichen Ausprägungen des Islam gehören, die sich mitunter feindlich gegenüber stehen, so wiegen die gemeinsamen strategischen Ziele doch schwerer – allen voran die Frontstellung zum Westen und zu Israel mit dem erklärten Ziel, Israel zu zerstören.

Der Iran unterstützt die beiden Organisationen seit ihrer jeweiligen Gründung – in Form von finanzieller Unterstützung, Waffen und Know-how für die Waffenherstellung.

Der Islamische Dschihad ist ein reiner Stellvertreter des Iran und hängt vollkommen von der Unterstützung durch das iranische Regime ab. Inspiriert von den Ereignissen im Iran gründete sich die Organisation kurz nach dem Sturz des Schahs im Jahr 1979 in Gaza. Wegen seiner Nähe zur Ideologie des iranischen Regimes ist diese Gruppierung unter den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen des Gazastreifens weniger populär als die Hamas.

Die Vorgängerorganisation der Hamas, die aus der ägyptischen Muslimbrüderschaft hervorging, schrieb sich zu Beginn vor allemkaritative Aufgaben auf die Fahnen und wurde zunächst von Israel unterstützt. Mit Beginn der Ersten Intifada Ende der 1980er Jahre versuchte die Hamas (arabisches Akronym für „Islamische Widerstandsbewegung“) eine prominente Rolle im „Aufstand der Steine“ zu übernehmen und veröffentlicht ihre Charta, in der sie die Zerstörung Israel als Ziel nennt. 2006 gewann sie die palästinensischen Wahlen. Nach dem Bruderkrieg mit der gemäßigteren Fatah übernahm sie die Macht im Gazastreifen. Der internationale Boykott der Hamas-Regierung führt zu einer Intensivierung der Unterstützung aus dem Iran.

Länder in denen Verbündete des Iran besonders aktiv sind Foto: taz/Infotext/A.E.

Allerdings setzt die Hamas im Gegensatz zum Islamischen Dschihadauch auf Unterstützung aus Katar und Spendengelder aus anderen Ländern.

Kurz vor dem 7. Oktober waren laut Wall Street Journal rund 500 palästinensische Mitglieder von Hamas und Islamischem Dschihad für eine spezielle Kampfausbildung im Iran. Judith Poppe

Libanon: Die Hisbollah als verlängerter Arm Irans

Im Libanon agiert die Hisbollah als verlängerter Arm des Iran. Die Partei hat sich 1982 gegründet, als paramilitärischer Verbund schiitischer Gruppen gegen die damalige israelische Invasion im Libanon. Die Hisbollah ist eine Partei, die an der derzeitigen Regierung beteiligt ist und auch eine hochgerüstete Miliz. Über ihre anti-israelische und anti-imperialistische Ideologie sind sie mit dem Iran verbunden.

In der israelisch-libanesischen Grenzregion gibt es derzeit gegenseitige Luftangriffen zwischen Kämpfern der Hisbollah und Israels Armee. Viele Menschen Im Libanon glauben, dass die Hisbollah die libanesische Grenze gegen Israel verteidigt. Sie ist militärisch stärker, als das libanesische Militär. Vor allem, da der libanesische Staat pleite ist und seine Sol­da­t*in­nen schlecht bezahlt. Die Hisbollah zahlt weitaus mehr. Das Geld für Kämpfer und Waffen kommt unter Anderem aus dem Iran, sowie aus Drogengeschäften.

Innenpolitisch hat die Hisbollah in den vergangenen Jahren deutlich an Rückhalt verloren. Ihr wird die Hauptverantwortung für die Explosion im Hafen von Beirut 2020 zugeschrieben.

Außenpolitisch setzen die steigenden Todesopfer der israelischen Angriffe in Gaza die vom Iran heraufbeschwörte „Einheit der Fronten“ unter Druck. Deshalb führt die Allianz einige aus ihrer Sicht Abschreckungsmaßnahmen durch, wie Angriffe auf amerikanische Streitkräfte. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah wird als eine Art Hauptsprecher der verbündeten Milizen gesehen. Laut Nasrallah dienten die Angriffe der Milizen der ideologischen Bekräftigung, seien aber nicht auf eine Erweiterung des Krieges seitens Iran ausgelegt.

Die schiitische Hisbollah und die sunnitische Hamas haben nicht sich während des Krieges in Syrien zerstritten: Die Hamas weigerte sich, Machthaber Baschar al-Assad zu unterstützen. Milizen der Hisbollah jedoch kämpfen in Syrien an der Seite des alawitischen Machthaber Assad gegen überwiegend sunnitische Rebellen und Opposition. Dabei wurden sie auch vom Iran unterstützt. Julia Neumann, Beirut

Syrien: Gemeinsame Sache mit Assad

Im syrischen Krieg steht der Iran seit 2011 treu an Assads Seite – militärisch, politisch und wirtschaftlich. Ideologisch begründeten sie ihre Unterstützung damit, die islamische Front gegen den Unglauben zu bekämpfen, anstatt das syrische Regime gegen die eigene Bevölkerung. Trotz damaligem Waffenembargo lieferte der Iran in den Jahren nach Beginn des Krieges Waffen, Überwachungstechnik und Giftstoffe an die syrische Regierung. Zwischen 2013 und 2015 gewährte der Iran Assad einen Kredit von 4,5 Milliarden Dollar. Iranische Kommandeure und Militärberater sind in Syrien stationiert, um die syrische Armee zu unterstützen. Über den Landweg in Syrien laufen auch die Waffenkonvois an die libanesische Hisbollah.

Durch die Präsenz pro-iranischer Milizen ist Syrien in die Kämpfe vor dem Hintergrund des Kriegs zwischen Israel und der Hamas gelangt. Seit Mitte Oktober gab es laut Nachrichtenagentur AFP insgesamt 165 Angriffe auf US-Streitkräfte und deren Verbündete in Jordanien, Irak und Syrien. Die USA wiederum gehen mit Luftangriffen gegen die pro-iranische Gruppen vor.

Der Kommandeur Abu Bakr al Saadi, der für militärische Angelegenheiten in Syrien zuständig gewesen ist, wurde am Mittwoch in Bagdad durch einen US-Luftangriff getötet. Dies bestätigte ein Vertreter der Hisbollah-Brigaden laut AFP.

Bei einem Drohnenangriff in Jordanien an der Grenze zu Syrien und Irak Ende Januar wurden drei US-Soldaten getötet. Das Weiße Haus macht vom Iran unterstützte Milizen im Irak dafür verantwortlich. Hochrangige Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden sollen daraufhin laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte ihre Posten an der irakisch-syrischen Grenze verlassen haben. Als Vergeltung griffen die proiranischen Milizen mit Drohnen einen US-Stützpunkt in Nordsyrien an. Laut deutscher Vertretung der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien wurde der Angriff von dem Territorium gestartet, das von der Assad-Regierung kontrolliert wird. Julia Neumann

Jemen: Profis im asymmetrischen Krieg

Die Huthis sind eine schiitisch-islamistische Bewegung, die weite Teile Jemens kontrolliert. Die dezidiert anti-amerikanische und anti-israelische Gruppe hat eine Gegenregierung aufgebaut und verfügt über schlagkräftige Waffen, vor allem Drohnen und Raketen, die auch Israel erreichen können. Nach US-Informationen wurde das Waffenarsenal in enger Kooperation mit Irans Revolutionsgarden aufgebaut. Die Huthis sind Profis in asymmetrischer Kriegsführung, denn der Jemen liegt an der Meerenge Bab al-Mandeb am südlichen Roten Meer. Mit ihrem Beschuss von Schiffen, denen sie eine Verbindung zu Israel nachsagen, gefährden sie die internationale Schifffahrt. Angegebenes Ziel ist es, Druck auszuüben, damit Israel den Gaza-Krieg beendet. Mit ihrer Gaza-Solidarität konnten die Huthis in der jemenitischen Bevölkerung Sympathien gewinnen.

Wie die Huthis zur Internationalisierung des Gaza-Kriegs beitragen, zeigt die Tatsache, dass die Bundeswehr im Rahmen der am Donnerstag beschlossen EU-Mission „Aspides“ ein Kriegsschiff ins Rote Meer schickte, um Huthi-Geschosse abzufangen. An US-Angriffen auf Festlandstellungen will die EU nicht teilnehmen. Jannis Hagmann

Irak: Milizen mit Iran-Connection

Im Irak sind es etliche bewaffnete Gruppen, über die Iran den Einfluss in seinem Nachbarland ausgebaut hat. Als der „Islamische Staat“ (IS) vor zehn Jahren sein Kalifat errichtete und Teile des Iraks und Syriens unter seine Terrorherrschaft brachte, hatten Irak, Iran und die USA ausnahmsweise dasselbe Ziel: die Dschihadisten zurückzudrängen.

Das gelang, doch im Irak bestanden die paramilitärischen Gruppen, die Regierungschef Nuri al-Maliki 2014 zu einer Kampftruppe gegen den IS zusammenschweißte, vor allem aus schiitischen Kämpfern. Die Milizen wurden von Iran ausgebildet, beraten und teils auch finanziert – und als der IS besiegt war, lösten sie sich nicht einfach auf.

Heute, vereint unter dem Dach der Volksmobilisierungseinheiten, sind die Milizen ein zentraler Player im Irak und existieren parallel zur Armee. Zwar wurden sie 2016 in die staatlichen Strukturen integriert und unterstehen dem Regierungschef, sind aber Teheran weiterhin sehr nahe. Aus ihren Reihen hat sich auch die Gruppe „Islamischer Widerstand im Irak“ gebildet, die den Anschlag in Jordanien für sich reklamierte, bei dem Ende Januar drei US-Soldaten getötet und Dutzende verletzt wurden. Jannis Hagmann

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