+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Hamas droht mit Gesprächsabbruch

Kommt es zu einer Offensive in Rafah, droht die Hamas mit dem Abbruch der Geisel-Vehandlungen. Netanjahu verspricht den Zivilisten „sicheren Korridor“.

Blick auf ein provisorisches Lager in der Stadt Rafah im südlichen Gaza-Streifen.

Blick auf ein provisorisches Lager in der Stadt Rafah im südlichen Gaza-Streifen Foto: Yasser Qudih/XinHua/dpa

Angriff auf Rafah könne die Verhandlungen gefährden

Die Hamas hat Israel für den Fall eines militärischen Vorgehens in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens mit einem Abbruch der Gespräche über ein Geisel-Abkommen gedroht. Jeder Angriff könne die Verhandlungen zunichtemachen, zitierte der palästinensische Fernsehsender Al-Aksa, der als Sprachrohr der Islamisten gilt, am Sonntag ein nicht näher genanntes hochrangiges Hamas-Mitglied.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte der Armee am Freitag den Befehl erteilt, auch eine Offensive auf Rafah vorzubereiten. Die Stadt nahe der Grenze zu Ägypten ist der einzige Ort in dem Küstengebiet, in dem die Hamas noch die Kontrolle ausübt. Eine Militäroffensive dort gilt allerdings als hochproblematisch. Vor dem Krieg hatte die Stadt rund 300 000 Einwohner, inzwischen sollen sich dort auf engstem Raum mindestens 1,3 Millionen Binnenflüchtlinge aufhalten. (dpa)

Netanjahu verspricht „sicheren Korridor“ aus Rafah

Vor einem erwarteten Angriff auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu den dort ausharrenden Zivilisten einen sicheren Korridor versprochen. „Wir werden der Zivilbevölkerung einen sicheren Weg aus der Stadt ermöglichen“, sagte Netanjahu laut Auszügen aus einem Interview, das am Sonntag im US-Sender ABC News ausgestrahlt wird. Angesichts der israelischen Pläne für eine Offensive auf die Stadt hatten sich die Warnungen vor dramatischen Folgen für die dort gestrandeten Flüchtlinge gemehrt. Indes meldete Israel den Fund eines Hamas-Tunnels unter dem Hauptquartier des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA im Gazastreifen.

„Wir arbeiten einen detaillierten Plan dafür aus. Wir sind in dieser Sache nicht leichtfertig“, betonte Netanjahu den vorab veröffentlichten Interviewauszügen zufolge mit Blick auf einen Fluchtweg für Zivilisten. Gebiete nördlich von Rafah seien bereits geräumt worden und könnten als sichere Zonen für die Zivilbevölkerung genutzt werden, erklärte er. Gleichzeitig betonte er, der Sieg sei „in Reichweite“: „Wir werden es schaffen. Wir werden die verbleibenden Hamas-Terrorbataillone und die letzte Bastion Rafah einnehmen.“

In Rafah sind angesichts der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen mehr als eine Million Flüchtlinge aus anderen Teilen des Palästinensergebietes gestrandet. Netanjahu hatte seine Armee am Freitag angewiesen, einen „kombinierten Plan zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Zerstörung der Bataillone“ der Hamas in Rafah vorzulegen.

Auch am Samstag geriet die Stadt unter Beschuss. Aus palästinensischen Sicherheitskreisen hieß es, dass dabei unter anderem fünf Polizisten getötet worden seien. Das israelische Militär gab an, bei einem Angriff zwei hochrangige Mitglieder der Hamas getötet zu haben.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die drohenden Angriffe auf Rafah im Onlinedienst X (vormals Twitter) eine „humanitäre Katastrophe mit Ansage“. Die Not in der Stadt sei „schon jetzt unfassbar“. 1,3 Millionen Menschen hätten dort auf engsten Raum Schutz vor den Kämpfen gesucht und könnten sich „nicht in Luft auflösen“. Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas warnte vor einer „Katastrophe und einem Massaker“, das zum Tod von zehntausenden Menschen führen könnte. (afp)

Borrell warnt vor „humanitärer Katastrophe“ bei israelischer Offensive in Rafah

Angesichts der israelischen Pläne für eine Offensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens hat auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor einer „humanitären Katastrophe“ gewarnt. „Ich schließe mich den von mehreren EU-Mitgliedsstaaten geäußerten Warnungen an“, erklärte Borrell am Samstagabend auf X, ehemals Twitter. „Eine israelische Offensive auf Rafah würde eine unbeschreibliche humanitäre Katastrophe bedeuten.“

Außerdem würde es „zu starken Spannungen mit Ägypten kommen“, das an Rafah grenzt, warnte Borrell. „Die Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Freilassung der Geiseln und eine Einstellung der Feindseligkeiten sind das einzige Mittel, um ein Massaker zu verhindern.“

Angesichts dieser Aussagen hatte es international eindringliche Warnungen vor einem solchen Schritt gegeben. Unter anderem erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Samstag, es drohe eine „humanitäre Katastrophe mit Ansage“. Die Not in Rafah sei „schon jetzt unfassbar“, erklärte Außenministerin Baerbock. 1,3 Millionen Menschen hätten dort auf engstem Raum Schutz vor den Kämpfen gesucht und könnten sich „nicht in Luft auflösen“. (afp)

Israel meldet Hamas-Tunnel unter dem Hauptquartier der UNRWA

Israelische Soldaten haben nach eigenen Angaben einen Hamas-Tunnel unter dem Hauptquartier des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) im Gazastreifen entdeckt. Die israelische Armee und der Geheimdienst Shin Beth erklärten am Samstag, bei Operationen in der Stadt Gaza in den vergangenen Wochen sei in der Nähe einer von der UNRWA betriebenen Schule der Tunneleingang entdeckt worden.

„Der Eingang führte zu einem unterirdischen terroristischen Tunnel, der ein wichtiger Trumpf für die militärischen Aufklärungsdienste der Hamas war und unter dem Gebäude entlang führt, das als Hauptquartier der UNRWA im Gazastreifen dient“, hieß es in der Erklärung von Israels Armee und dem Geheimdienst. Die „elektrische Infrastruktur“ des 700 Meter langen Tunnels sei mit dem UNRWA-Sitz „verbunden“. Dies deute darauf hin, dass der Tunnel offenbar „von UNRWA-Installationen mit Elektrizität versorgt wurde“.

Die UNRWA erklärte angesichts der israelischen Angaben, dass sie ihr Hauptquartier in der Stadt Gaza seit dem 12. Oktober nicht mehr nutze – also wenige Tage nach dem brutalen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel aufgegeben habe.

Gegen UNRWA-Mitarbeiter waren zuletzt schwere Vorwürfe bekannt geworden: Zwölf Mitarbeiter des UN-Hilfswerks stehen im Verdacht, in den beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen zu sein. Staaten wie Deutschland, Großbritannien, Japan, Kanada, Neuseeland und die USA kündigten als Reaktion auf die Vorwürfe an, ihre Zahlungen an das Hilfswerk vorerst zu stoppen. Die UNO will die Vorwürfe von einem unabhängigen Ausschuss untersuchen lassen. (afp/dpa/rtr)

Iran begeht Jahrestag der Revolution mit antiisraelischen und antisemitischen Hassbotschaften

Der Iran hat am Sonntag den 45. Jahrestag der Islamischen Revolution begangen. Bei den landesweiten Kundgebungen riefen Hunderttausende „Tod Israel“. Das Staatsfernsehen sprach von Millionen, die auf die Straßen gegangen waren. Es zeigte Bilder von großen Menschenmengen, die auch „Tod USA“ riefen. Manche verbrannten Flaggen von Israel und den USA, den beiden Erzrivalen des Iran. In einer Fernsehansprache warf der iranische Präsident Ebrahim Raisi den USA und einigen westlichen Ländern vor, die „Verbrechen des zionistischen Regimes gegen die Menschlichkeit in Gaza“ zu unterstützen.

Der in der Region nach Vorherrschaft strebende Iran führt die „Achse des Widerstandes“ gegen Israel und die USA an, zu der auch die radikal-islamische Palästinenser-Gruppe Hamas gehört. Seit Anfang Oktober herrscht ein Krieg zwischen der Hamas im palästinensischen Gazastreifen und Israel. Dieser droht ein Flächenbrand zu werden, da sich die ebenfalls vom Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen mit der Hamas solidarisch erklärt hat. Der Iran erklärte, die Mitglieder der Achse träfen ihre Entscheidungen selbstständig. Der Iran werde sich nicht einmischen, es sei denn, das Land selbst werde von Israel oder den USA angegriffen. Bei der Islamischen Revolution 1979 wurde der von den USA gestützte Schah abgesetzt. (rtr)

Israel kritisiert Rating-Herabstufung als unangemessen und politisch motiviert

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich hat die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Israels durch die US-Ratingagentur Moody's kritisiert. Die Entscheidung, die mit dem Gaza-Krieg zusammenhänge, beruhe nicht auf soliden wirtschaftlichen Überlegungen und sei gleichbedeutend mit einem pessimistischen „Manifest“, sagt Smotrich. „Die israelische Wirtschaft ist nach allen Maßstäben stark. Sie ist in der Lage, alle Kriegsanstrengungen an der Front und an der Heimatfront aufrechtzuerhalten, bis mit Gottes Hilfe der Sieg errungen ist“, ergänzt er. Moody's hatte zuvor die Bonitätsnote für Israel von „A1“ auf „A2“ herabgestuft. Als Grund nannte die Agentur wesentliche politische und finanzielle Risiken für das Land aufgrund des Krieges mit der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen. Der Ausblick ist negativ, womit eine weitere Herabstufung als nächster Schritt wahrscheinlich ist. (rtr)

US-geführte Koalition wehrt Angriffe auf Conoco-Ölfeld in Syrien ab

Luftabwehrsysteme der im Osten Syriens stationierten US-geführten Koalitionstruppen haben einem Insider zufolge sechs Drohnenangriffe auf ihre Basis am Conoco-Ölfeld abgewehrt. Der Insider teilt nicht mit, ob es Verletzte gab. Die Truppen der Koalition und die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die gemeinsam gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat kämpfen, sehen sich seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober vermehrt Angriffen durch vom Iran unterstützte Gruppen in Syrien und im Irak ausgesetzt.

Die SDF hatte vergangene Woche gefordert, dass die USA zusätzliche Luftabwehrsysteme nach Syrien schicken sollten, um ihre Stützpunkte zu schützen. Zuvor waren sechs SDF-Kämpfer bei einem der Drohnenangriffe getötet worden. Bei einem weiteren Drohnenangriff auf einen Grenzposten in Jordanien, für den vom Iran unterstützte Gruppen verantwortlich gemacht werden, waren drei US-Soldaten getötet worden. (rtr)

Irans Außenminister warnt Israel vor Angriff auf den Libanon

Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian hat Israel vor einem groß angelegten Angriff auf den Libanon gewarnt. „Jegliche Aktion“ in Richtung eines solchen Angriffs würde „Netanjahus Ende bedeuten“, erklärte Amir-Abdollahian mit Blick auf den israelischen Regierungschef bei seinem dritten Besuch im Libanon seit dem Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober.

Der Iran ist ein zentraler Verbündeter der Hamas und der islamistischen Hisbollah-Miliz im Libanon. Die Hisbollah beschießt seit Monaten fast täglich Armeestellungen auf israelischem Gebiet – worauf die israelische Armee mit Angriffen auf die libanesische Seite der Grenze reagiert.

Anfang der Woche hatten libanesische Behörden unter Berufung auf den französischen Außenminister Stéphane Séjourné erklärt, Israel könnte einen Krieg gegen den Libanon beginnen, um den Zehntausenden wegen Hisbollah-Beschusses aus dem Norden Israels evakuierten Menschen die Rückkehr nach Hause zu ermöglichen.

Israel werde „niemals in der Lage sein, an zwei Fronten zu kämpfen“, erklärte der iranische Außenminister Abdollahian nun. Bei seinem Besuch in Beirut traf der Chefdiplomat unter anderem Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, den hochrangigen Hamas-Vertreter Ussama Hamdan und den Chef der an der Seite der Hamas kämpfenden Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad, Siad al-Nachala. (afp)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.