Klausur der Grünenfraktion in Leipzig: Partei setzt auf Soziales

Die Grünen bauen Druck auf die Koalitionspartner auf: Sie fordern einen höheren Mindestlohn und die Auszahlung des Klimageldes.

Robert Habeck (M, Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, begrüßt Parteikolleginnen zum Auftakt der Klausurtagung der Bundestagsabgeordneten der Grünen.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßt Parteikolleginnen zum Auftakt der Klausurtagung in Leipzig Foto: Jan Woitas/dpa

LEIPZIG taz | Die fehlende Akzeptanz für seine Politik bei einem Teil der Bevölkerung wird Robert Habeck beinahe täglich vorgeführt. Tritt der grüne Wirtschaftsminister außerhalb Berlins irgendwo auf, sind die De­mons­tran­t*in­nen meist schon da, wie am Dienstagmorgen in Cottbus bei einer Konferenz des Energieverbands BDEW. Vor dem Hotel im Zentrum von Leipzig, wo die grüne Bundestagsfraktion zu ihrer zweitägigen Klausur zusammenkommt, ist es an diesem Dienstagmittag aber ruhig.

Mittags steht Habeck dort zwischen den beiden Fraktionsvorsitzenden und sagt Habecksätze. Dass man sich zuhören und gemeinsame Lösungen finden müsse etwa, denn der Populismus ziele darauf, dass Probleme nicht lösbar seien. „Dazu darf es nicht kommen.“ Dass die Grünen derzeit so viel Hass auf sich ziehen, liege, so Habeck, auch an ihrer aktuellen Rolle: „Wir halten die politische Mitte.“

Fraktionschefin Katharina Dröge wird deutlicher: Die Bevölkerung erwarte von der Politik, dass sie ihre Lebensrealitäten im Blick habe, etwa beim Thema Mieten. „Die Mietregulierung, die im Koalitionsvertrag verabredet ist, hängt seit zwei Jahren“, sagt sie und fordert die Koali­tions­partner auf, den Weg dafür frei zu machen. Nach „tiefgehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schocks“ habe zudem die Akzeptanz konkreter Klimaschutzmaßnahmen gelitten, heißt es in einem Papier, das die Fraktion am Mittwoch beschließen soll. Umso wichtiger sei es, „stringent die sozialen Fragen mitzudenken“.

Neben der Verlängerung der Mietpreisbremse fordern die Grünen die Einführung des Tariftreuegesetzes, eine dauerhafte Preisgarantie für das 49-Euro-Ticket und die Auszahlung des Klima­geldes noch in dieser Legislaturperiode. Zudem setzen sie sich für eine Erhöhung des Mindestlohns ein, der derzeit bei 12,41 Euro liegt. Dieser schütze nicht dauerhaft vor Armut, heißt es in dem Papier­.

Deshalb soll das Verfahren in der Mindestlohn­kommission reformiert werden: Als Untergrenze des Mindestlohns wollen die Grünen 60 Prozent des Medianlohns festlegen. „Das hieße für 2024 deutlich über 14 Euro ­Mindestlohn, 2025 wären es knapp 15 Euro“. Bisher handelt eine Kommission aus Arbeit­gebern und Arbeitnehmern die Höhe des Mindestlohns aus.

Auffällig an dem Papier ist, dass sozialpolitische Maßnahmen wie die Kindergrundsicherung und die Erhöhung des Bürgergelds gar nicht vorkommen. Vielleicht liegt das an der Einschätzung, dass man mit Politik für die Armen nicht unbedingt die untere Mittelschicht mit ihren Abstiegsängsten für Klimaschutz gewinnen kann.

Reform der Schuldenbremse erwünscht

In einem zweiten Papier, das am Mittwoch beschlossen werden soll, wird zudem ein „Deutschlandinvestitionsfonds“ gefordert, was im Klartext eine Reform der Schuldenbremse bedeutet. Sie erwarte, dass der Kanzler dies in der kommenden Woche bei der Ministerpräsidentenkonferenz zum Thema mache, so Dröge. Die Grünen hoffen auf Unterstützung durch die Ministerpräsidenten der CDU, Unionsfraktionschef Friedrich Merz ist bislang strikt dagegen.

Die Stärkung der Demokratie ist ein weiteres großes Thema der Klausur. Dröge sowie ihre Co-Vorsitzende Britta Haßelmann betonten, dass die Angriffe auf Poli­ti­ke­r*in­nen nicht nur die Grünen treffen. Dennoch erwarte Dröge teils mehr Unterstützung: „Ja, da wünsche ich mir eine klarere Haltung von Markus Söder und auch mehr Worte von Friedrich Merz.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.