Meduza-Auswahl 22. – 28. Februar: Täglich sterben 120 russische Soldaten

Letzten Sommer veröffentlichten unabhängige Medien die Zahl der Gefallenen der russischen Armee im Ukraine-Krieg. Nun hat Meduza die Zahlen aktualisiert.

Ukrainische Soldaten feuern auf russische Stellungen an der Frontlinie im Juni 2023

Ukrainische Soldaten feuern auf russische Stellungen an der Frontlinie im Juni 2023 Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 22. bis zum 28. Februar 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

75.000 russische Soldaten seit Kriegsbeginn gestorben

Eines der größten Tabuthemen in Russland seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar 2022 sind die hohen Verluste in den Truppen. Im Sommer 2023 hatte Meduza zusammen mit dem ebenfalls unabhängigen russischen Medium Mediazona und dem Forscher Dmitri Kobak eine Recherche über die Anzahl der in der Ukraine getöteten russischen Soldaten veröffentlicht. Zum Anlass von zwei Jahren Krieg in der Ukraine hat Meduza nun diese Recherche aktualisiert (englischer Text).

Damals lag die Schätzung der getöteten russischen Soldaten bei 47.000. Mittlerweile sind es 75.000 – 120 Menschen pro Tag. Die Methodik, die Meduza angewendet hat, ist dieselbe wie bei der vorangegangenen Recherche: Auf der Grundlage von Daten aus dem russischen Register für Erbschaftsangelegenheiten, Aufzeichnungen des Föderalen Staatlichen Statistikdienstes und mithilfe von Freiwilligen und Jour­na­lis­t*in­nen von Mediazona und BBC Russian hat das Exilmedium eine Liste der bestätigt Getöteten zusammengetragen.

Wie Russland gegen „LGBTQ-Partys“ vorgeht

Eine „internationale LGBTQ-Bewegung“ gibt es offiziell nicht. Dennoch entschied der Oberste Gerichtshof Russlands im November 2023, die „internationale LGBT-Bewegung“ als „extremistische Organisation“ zu verbieten. Kurz danach begannen russische Sicherheitskräfte auch gegen private Partys gewaltsam vorzugehen. Meduza fasst Berichte des ebenfalls unabhängigen russischen Mediums Mediazona dazu auf Englisch zusammen.

Im Fokus stehen im Februar durchgeführten Razzien: Dabei zwangen die Behörden die Besuchenden, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen. Sie sollen sie mindestens dreimal gefragt haben, ob sie der LGBTQ-Gemeinschaft angehörten. In einigen Fällen wurden Partygäste verprügelt.

Im Meduza-Beitrag werden auch Videos des russischen unabhängigen Telegram-Kanals Ostorozhno, Novosti eingebettet: Etwa von einer Party in einem Kulturzentrum in der Stadt Tula, einer großen Stadt südlich von Moskau, die dem Thema „Offenheit und Sexualität“ gewidmet war. Ein von dem Social-Media-Kanal veröffentlichtes Video zeigt etwa einen Mann – wohl ein Beamter im Zivil –, der eine im Schnee liegende Person schlägt.

Wie Nawalny beinahe frei gekommen wäre

Der Oppositionspolitiker Alexei Nawalny starb am 16. Februar in einem Straflager in Sibirien. Die Vorsitzende der von Nawalny gegründeten Anti-Korruptions-Stiftung erklärte nun, dass es ernst zu nehmende Pläne für einen Austausch Nawalnys gegen Wadim Krasikow gegeben habe. Krasikow, der als russischer Geheimdienstmitarbeiter in Berlin tätig war und im August 2019 einen georgischen Offizier beim sogenannten Tiergartenmord erschoss, verbüßt in Deutschland eine lebenslange Haftstrafe. Meduza berichtet über diese Entwicklungen und veröffentlicht ein Porträt von Krasikow (russische Texte).

Der Vorsitzenden zufolge versuchte die russische Regierung seit dem Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine, Nawalny gegen einen im Westen inhaftierten russischen Spione austauschen. Durch die Vermittlung von Politikern Oligarchen, so die Anti-Korruptionsvorsitzende, gelang es Nawalnys Mitarbeitern zunächst im Frühjahr 2023 einen Plan zum Austausch der beiden auszuarbeiten, der aber scheiterte.

Im Dezember rückte der Austausch wieder in greifbare Nähe: Der Geschäftsmann Roman Abramowitsch unterbreitete den Vorschlag, Nawalny auszutauschen, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin selbst, so die Vorsitzende. Am Abend des 15. Februar erhielt Pewtschich die Information, dass sich die Verhandlungen „im Endstadium“ befänden. Am 16. Februar wurde Nawalnys Tod bekannt.

Oppositionsmedien rufen zu Spenden für die Ukraine auf

Zusammen mit dem russischen Menschenrechtsmedienprojekt Helpdesk und dem unabhängigen russischen Nachrichtensender TV Rain (Doschd) hat Meduza eine Spendenaktion gestartet, die zur Unterstützung der ukrainischen Zivilbevölkerung aufruft. Ziel des Projekts ist es, Ukrainer*innen, die ihre Häuser verloren haben und keinen Zugang zu Gütern, Wasser, Medikamenten und Lebensmitteln haben, eine finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.

Darüber berichtet das Exilmedium in diesem Beitrag (englischer Text). Mit diesem Spendenaufruf erhofften sich die unabhängigen Medien, Hunderttausende von im Ausland lebenden Russen zu erreichen und ihnen eine sichere Möglichkeit zu bieten, für die Menschen in der Ukraine zu spenden. „Der Krieg zerstört weiterhin Leben, Städte und Dörfer und trennt Familien. Wir können und müssen helfen“, so Meduza.

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