Olympische Spiele in München: Ein deutliches Jein für Olympia

Zwei Drittel der Münchner befürworten eine Bewerbung für die Spiele, verkündet die Stadt. Woher kommt wohl die plötzliche Zustimmung?

Die Olympischen Ringe vor dem Olymiastadion im München

Traum von der olympischen Neuauflage: Fünf Ringe vor dem Olympiastadion in München Foto: robert fishman/ecomedia/imago

München will noch einmal Olympische Spiele. Das suggeriert eine Umfrage, die die bayerische Landeshauptstadt auf ihrer Website veröffentlicht hat. „Fast zwei Drittel der Münchnerinnen und Münchner würden es begrüßen, wenn sich die Stadt als Austragungsort für Olympische Spiele bewerben würde“, so werden die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts RIM von der Stadt zusammengefasst. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wird das freuen. Er gilt als Motor einer Olympiabewerbung Münchens für die Sommerspiele 2036 oder 2040 – alleine oder im Verbund mit anderen deutschen Städten.

Ohne Zustimmung der wahlberechtigten Bevölkerung will er das Unternehmen nicht angehen, das hat er versprochen. Die galt bis dato eher als olympiaskeptisch. Beim Plebiszit zur Bewerbung für die Winterspiele 2022 sprach sich eine Mehrheit gegen Olympia aus. Jetzt soll also plötzlich Olympiabegeisterung ausgebrochen sein? Man muss die Umfrageergebnisse schon sehr einseitig interpretieren, um zu diesem Ergebnis zu kommen.

So haben 34 Prozent der 463 Befragten bei der Frage nach einer Münchner Olympiabewerbung ihr Kreuz hinter dem Punkt „würde ich sehr begrüßen“ gemacht. 31 Prozent meinten zu den Spielen: „Würde ich eher begrüßen.“ Diese 31 Prozent einfach den Olympiabefürwortern zuzuschlagen ist ein wenig unterkomplex. In dem Wörtchen „eher“ stecken jede Menge Bedingtheiten, die in der Umfrage nicht ermittelt werden.

Was heißt dieses „eher“? Ist der eine – als Teilnehmer im Kulturkampf um den Straßenraum – vielleicht nur dann für Olympia, wenn nicht allzu viele Parkplätze dafür geopfert werden? Meint eine andere vielleicht, Olympia sei schon okay, wenn die Mieten nicht weiter steigen in der Stadt? Und findet einer aus dem Stadtteil Laim im Westen Münchens Olympia auch deshalb nicht so schlimm, weil er sich sicher ist, dass in seiner Nähe schon kein Wettkampf stattfinden wird?

Erinnerungen an einen Sportsommer

„Eher dafür“ mögen auch solche als Antwort­option gewählt haben, die sich noch gerne an die lässige Atmosphäre bei den European Championships im Sommer 2022 erinnern. Das Sportevent ohne hohe Zäune mit einem attraktiven und kostenlosen Kulturangebot hat die Stadt in jenen Sommertagen in der Tat ein wenig verzaubert. In zwölf Disziplinen von der Leichtathletik über den Radsport bis zum Turnen wurden Europameistertitel vergeben. Es war ein niederschwelliges Sportangebot, bei dem 500.000 Menschen als Zuschauer dabei sein wollten. Wer sich so Olympische Spiele vorstellt, der mag „eher dafür“ sein, dass solche nach 1972 wieder in München stattfinden.

Die Erinnerung an die Spiele 1972, mit denen sich das heute so folkloristisch bayern­tümelnde München 2022 noch einmal als die damalige Hauptstadt der Moderne in der Bundesrepublik gefeiert hat, mag auch zu einer „eher“ positiven Olympiastimmung beigetragen haben. Auch weil beim Erinnerungsmarathon 50 Jahre nach Olympia in München der Anschlag auf das israelische Olympiateam, dem elf Athleten und Betreuer zum Opfer fielen, nur eine winzige Nebenrolle spielte, gelten die Spiele von damals in der Stadt als Reklame für Spiele von morgen.

Ob diese Stimmung hält, wenn in der Stadtgesellschaft ernsthaft über die Auswirkungen von Olympischen Spielen diskutiert wird, muss eh abgewartet werden. Bis jetzt ist eine wirkliche Debatte darüber noch gar nicht losgegangen. Die Stadtspitze um OB Reiter mag die von ihr selbst in Auftrag gegebene Befragung als Auftrag für die weiteren Olympiaplanungen sehen. Allzu forsch sollte sie diese nicht an­gehen. Schnell kann aus einem „eher“ ein „eher nicht“ werden.

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