Meduza-Auswahl, 7. bis 13. März: Cyber-Attacke vor Putins Wiederwahl

Kurz vor der Wahl wird das russische Exilmedium Meduza Opfer von Cyberangriffen. Der Nawalny-Mitarbeiter Leonid Wolkow wurde in Litauen brutal attackiert.

Polizisten an einem Tatort.

Polizisten am Tatort im litauischen Vilnius, wo Leonid Wolkow angegriffen wurde Foto: Mindaugas Kulbis/ap

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Woche vom 7. bis zum 13. März 2024 zeigte sich Meduza alarmiert: Das unabhängige Exilmedium wurde Opfer von gezielten Cyberangriffen. Eine Mail der Meduza-Redaktion erreichte uns:

„Liebe taz Panter Stiftung,

ich schreibe euch, um euch einige alarmierende Nachrichten über einen gezielten Cyberangriff auf Meduza mitzuteilen, den wir gerade erleben. Damit hatten wir bereits gerechnet und waren darauf vorbereitet. Bisher haben wir alles unter Kontrolle.

Aber die Situation ist beunruhigend, denn es ist bereits offensichtlich, dass es sich: 1) um einen Angriff speziell auf uns handelt und 2) die Regierung viel Geld dafür ausgibt. Das bedeutet; Wir wissen nicht, was das Putin-Regime als Nächstes zu tun wagen wird. Aber wir arbeiten weiter.“

Nach Nawalny-Mord begannen die Cyber-Attacken

In diesem Beitrag fasst Meduza die Chronologie der Cyberangriffe zusammen (englischer Text): Im Februar 2024 starteten die russischen Behörden eine intensivere Serie von Cyberattacken gegen Meduza als je zuvor. Die Angriffe im Februar begannen zum Zeitpunkt des Todes des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny am 16. Februar – etwa einen Monat vor den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen, die in Russland vom 15. bis zum 17. März stattfinden.

Google hat bereits mehrfach vor Hacking-Versuchen durch russische Staats-Hacker gewarnt. Die Meduza-Journalist*innen erleben gerade unter anderem: direkte Drohungen, Phishing-Versuche, das Zurücksetzen von Passwörtern und Spam-Attacken. Meduza-Mitarbeiter*innen berichten, dass Tausende von Mails die Mailkonten der Jour­na­lis­t*in­nen überfluten, um deren Server lahmzulegen.

Direkte Beweise liegen der Meduza-Redaktion nicht vor, sie ist jedoch fest davon überzeugt, dass es sich bei den Angriffen um einen Versuch handelt, das Exilmedium vollständig auszuschalten. „Die Behörden, die mit ihnen verbundenen Organisationen und die Hacker sind bereit, eine enorme Menge an Ressourcen aufzuwenden, um unsere Infrastruktur zu zerstören“, schreibt Meduza in diesem Beitrag (russischer Text).

Um den Cyberangriffen entgegenzutreten, ruft Meduza um weitere Spenden und Unterstützung auf. „Das ist der einfachste Weg, uns im Kampf für die Meinungsfreiheit und ein freies Russland zu unterstützen“, schreibt die Exilredaktion.

Ihren Le­se­r*in­nen und Unterstützer geben sie folgende Tipps: Die Meduza-App herunterladen und regelmäßig aktualisieren, die Telegram- und Instagram-Kanäle des Mediums abonnieren und Meduza auch auf weiteren Social-Media-Plattformen folgen (etwa auf Twitter, YouTube und Facebook).

Darüber hinaus hat Meduza den SOS-Newsletter eingerichtet – mit dem Ziel, sich auf einen Internet-Blackout vorzubereiten. In den letzten Monaten haben die russischen Behörden neue Technologien zur „Filterung“ und Einschränkung des Internets getestet. Und Meduza vermutet, dass die Einschränkungen in den kommenden Tagen – zumindest für die Dauer der Wahl oder unmittelbar danach – noch schlimmer werden könnte. Die beliebtesten Messenger – Telegram und WhatsApp – wurden abgeschaltet. Zielscheibe des Kremls sind etwa die VPN-Dienste, die Zugriffe auf sonst gesperrte Seiten ermöglichen. (russischer Text).

Brutaler Angriff auf Nawalny-Mitarbeiter Leonid Wolkow

Der Mitarbeiter von Alexei Nawalny, Leonid Wolkow, wurde am Abend des 12. März in der litauischen Hauptstadt Vilnius überfallen. Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch berichtet Meduza (russischer Text): Unbekannte hätten das Fenster von Wolkows Auto „mit einem Hammer eingeschlagen und ihm Gas in die Augen gesprüht“. Wolkow habe versucht, sich mithilfe der Autotür und mit Tritten zu wehren. „Also schlugen sie ihn dort, wo sie ihn trafen – auf seine Beine“, sagte Jarmysch. Wolkow wurde ins Krankenhaus gebracht.

Leonid Wolkow bei einem Interview in Vilnius am 12. März, kurz vor der Attacke auf ihn Foto: Gerhard Mey/reuters

Wenige Stunden vor dem Anschlag sprach Wolkow in einem Interview mit Meduza über die Bedrohungen, denen Nawalnys Team weiterhin ausgesetzt ist (russischer Text). „Das Hauptrisiko besteht darin, dass wir alle getötet werden sollen. Das ist doch ganz offensichtlich“, so Wolkow gegenüber Meduza.

„Sie wollten aus mir ein Stück Holz machen“, meldet er sich am Mittwoch aus dem Krankenhaus zu Wort. Den Angriff auf seine Person in Vilnius nennt er „einen Banditengruß von Putin aus dem Banditen-St. Petersburg“

Die Antiterrorabteilung der litauischen Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Bisher wurden keine Verdächtigen festgenommen, schreibt Meduza (russischer Text).

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