JU-Landeschef Harald Burkart: Mitglied Nummer 10586931

War der Berliner Landesvorsitzende der Jungen Union mehrere Jahre in der AfD? Das legen Mitgliedsdaten nahe, die der taz vorliegen. Er bestreitet das.

Harald Burkart, der Chef der Jungen Union Berlins, trägt ein Polohemd, hat die Hände in den Hosentaschen und schaut in die Kamera

Harald Burkart, der Chef der Jungen Union Berlins Foto: Kitty Kleist-Heinrich/Tagesspiegel

BERLIN taz | Konservativ-liberal möchte der Landesvorsitzende der Jungen Union (JU) in Berlin sein. Nach der digitalen Wahl zum Landeschef des Jugendverbandes der CDU im vergangenen Juli postete Harald Burkart selbstbewusst: „Ich bin der erste schwule JU Landesvorsitzende der JU Berlin und das ist auch gut so!“ Die Bemerkung dürfte auf den früheren Berliner SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit anspielen. 2001 macht dieser seine Homosexualität mit dieser Formulierung bundesweit öffentlich.

Zur SPD hat Burkart eine besondere Beziehung. Mit 14 Jahren trat er nach eigenen Angaben den Sozialdemokraten bei und wurde Mitglied bei den Jusos. Rund zwei Jahre will Burkart „dabei“ gewesen sein, sagte er dem Tagesspiegel. Mitgliedsdaten, die der taz vorliegen, deuten jedoch auf eine weitere Parteizugehörigkeit hin: Demnach stellte die AfD im Jahr 2018 fest, dass die Post an einen Harald Burkart nicht zustellbar ist, weil dieser sich in Kanada befinde.

Weiter einsehbar ist, dass dieser „Harald Burkart“ vom 4. Mai 2014 bis zum 27. April 2018 Mitglied der Partei war, mit der Mitgliedsnummer 10586931 des AfD-Kreisverbandes Baden-Baden/Rastatt. Die Daten sind zuvor der Antifa Freiburg zugespielt worden.

2020 soll Burkart in einem Chat Angela Merkel mit Hitler verglichen haben

Eine erste Nachfrage der taz bei der JU Berlin blieb unbeantwortet. Auf eine zweite Anfrage über die CDU Berlin erfolgte eine Antwort von Burkart. Kurz und knapp teilt er mit, dass er nie Mitglied der AfD gewesen sei. Er bittet, „künftige Anfragen“ gleich über „meinen Medienanwalt“ zu stellen. Der Anwalt ist einschlägig bekannt, seine Kanzlei versuchte öfters Berichterstattungen zu rechtsextremen Verstrickungen entgegenzuwirken.

Die Mailadresse von Hantel-Harry

Ein genauerer Blick in die AfD-Daten zeugt jedoch von weiteren Übereinstimmungen: So deckt sich die Angabe des Geburtsjahres bei der AfD, 1995, mit einem Pressebericht des Tagesspiegels über den JUler Burkart. Die Kanada-Anmerkung der AfD stimmt zudem mit eigenen Angaben von Burkart bei seiner Bewerbung um den stellvertretenden Landesvorsitz der Christlich-Demokratischen Arbeiterschaft in Berlin überein, wo er angab, in den USA und Kanada gelebt zu haben. Auffallend ist auch die private E-Mail-Adresse. Das klare Nein zu der früheren AfD-Mitgliedschaft gegenüber der taz erfolgte über dieselbe Adresse, die auch die AfD als eine Kontaktmöglichkeit in den Unterlagen zu ihrem ehemaligen Mitglied anführt.

In das selbst inszenierte Bild des JU-Vorsitzenden, der aufgrund seiner durchtrainierten Statur von der Bild-Zeitung als „Hantel-Harry“ bezeichnet wurde, passen diese mutmaßlichen Überschneidungen nicht. In der JU Berlin gilt Burkart nicht als harter Konservativer. Er setzte sich gegen Lucas Schaal durch, der zu den Getreuen um Bürgermeister Wegner gehören soll. Schaal war zuvor von der Mehrheit der Kreisverbände als Landesvorsitzender der Jungen Union nominiert worden. Er und seine Unterstützer waren dann aber der Onlineabstimmung aus Protest ferngeblieben, weil sie diese als satzungswidrig kritisierten. Bis heute wird Burkarts Wahl, die nur digital stattfand, innerhalb der JU aus formalen Gründen angezweifelt und juristisch angefochten.

Bereits Anfang des Jahres lösten mehrere Screenshots von internen WhatsApp-Chats, über die der Spiegel berichtete, Wirbel um Burkart aus. Eine Fotomontage legte nahe, dass er 2020 die ehemalige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Adolf Hitler verglichen habe. In der Montage eines Kinoplakats zu dem Film „Der Untergang“ war Merkel in der Rolle von Hitler zu sehen. In einer weiteren Nachricht wurde eine Fotomontage des rechtsextremen Instagram-Kanals „wachaufdeutschland20“ verbreitet. Hier war ein Kinoplakat des Horrorfilms „ES“, mit Merkel als Horrorfigur des Clowns abgebildet.

Neue Unruhe in der Jungen Union

Burkart gefiel auch ein Post des AfD-Abgeordneten Matthias Helferich auf Instagram, der sich selbst mal als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnete. Den politischen Hintergrund will Burkart nicht gekannt haben. Dem Spiegel sagte er zu den Montagen, dass es ihm „keineswegs um einen personellen Vergleich“ gegangen wäre. Eine „satirische Adaption“ sei die Intention gewesen.

Wie ein Mitglied nun unter der Hand bestätigt, hat die Anfrage der taz neue Unruhe in der JU ausgelöst. Die mutmaßliche Nähe des vorgeblich liberalen Burkart zur AfD würde überraschen.

Transparenzhinweis: Wir haben die Textstelle zur umstrittenen Wahl Burkarts zur besseren Verständlichkeit überarbeitet. Außerdem haben wir einen Tippfehler in der mutmaßlichen Mitgliedsnummer korrigiert. Die Redaktion.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.