Pascal Beucker über die Einigung zwischen Bahn und GDL
: Kämpfen lohnt sich

Nein, eine Liebesbeziehung wird das nicht mehr. Claus Weselsky und Martin Seiler traten am Dienstag getrennt vor die Presse, um ihre jeweilige Sicht auf den Kompromiss zu vermitteln. Aber der Bahn- und der Gewerkschaftsvorstand müssen sich nicht mögen. Es reicht, wenn sie es schaffen, sich auf gute Ergebnisse zu verständigen. Und das ist nun nach einer von beiden Seiten heftig geführten Tarifauseinandersetzung, die stolze fünf Monate und sechs Streikrunden gedauert hat, doch noch gelungen.

Für die Lok­füh­re­r:in­nen und die Zug­be­glei­te­r:in­nen hat sich ihr Arbeitskampf gelohnt. Der Einstieg in die 35-Stunden-Woche ist gelungen, ab 2029 wird sie für die Schicht­ar­bei­te­r:in­nen zur Regelarbeitszeit – und zwar ohne Lohnverlust. Das ist ohne jeden Zweifel ein riesiger Erfolg.

Zumal es lange so aussah, als sei die Deutsche Bahn zu keinerlei Arbeitszeitverkürzung zu bewegen, weil sie sich mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ja auch bloß auf eine Gehaltserhöhung verständigt hatte. Nun ist es der GDL gelungen, dieses Dogma zu durchbrechen. Es bringt etwas, zu kämpfen, lautet die Botschaft des GDL-Abschlusses.

Dass nun die Bahn so tut, als hätte sie der GDL unheimlich viel abgerungen, weil der Tarifabschluss auch Abweichungen bis zu einer 40-Stunden-Woche zulässt, dann soll das nur der Gesichtswahrung dienen. Denn zur Wahrheit gehört, dass die GDL keineswegs nur eine „stumpfe Arbeitszeitverkürzung“ gefordert hatte, „die allen zwangsweise übergestülpt wird“, wie Seiler insinuiert.

Die Kun­d:in­nen der Bahn können aufatmen: In den kommenden knapp zwei Jahren werden die Züge nur noch wegen Sonne, Wind, Regen, Schnee und den zahlreichen Großbaustellen ausfallen, nicht mehr wegen eines Streiks der GDL. Der Bahnvorstand sollte sich allerdings ein paar Gedanken machen, was er mit seiner Hartleibigkeit in dieser Tarifauseinandersetzung den Reisenden zugemutet hat. Auf ihrem Rücken eine renitente Gewerkschaft kleinkriegen zu wollen, war keine gute Idee. Zum Glück ist sie erfolglos geblieben.

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