UNTERGEJUBELT
: Schöne Schluppen

Schlappen kenne ich, das sind Hausschuhe

Als ich aus dem Supermarkt komme, gucke ich auf den Kassenbon. Das mache ich oft: noch mal checken, was da steht. Keine Ahnung, warum ich das mache. Diesmal gucke ich auch wieder drauf und lese: „Schluppen 0,99 Euro.“ Was bitte schön sind Schluppen, und warum sollte ich die gekauft haben? Ich checke den Rest. Sellerie, Möhren, Erdnüsse, Orangensaft, Kokosmilch, alles korrekt. Aber Schluppen? Schlappen kenne ich, das sind Hausschuhe. Oder schleppen. Schippen, Schrippen, Schlüpfen, nee. Alles anders. Gut, dass sie billig waren, die Schluppen. Wer weiß, was mir da untergejubelt wurde! Muss ich zu Hause gleich nachgucken.

Ich bin zwar keine deutsche Muttersprachlerin, aber eigentlich dachte ich immer, die Dinge des täglichen Gebrauchs kenne ich so einigermaßen. Was hab ich denn da noch gekauft? Ich will jetzt nicht meine ganze Tasche durchwühlen. Wo sollen denn da Hausschuhe sein? Zu Hause googel ich erst mal. Ich könnte auch in meine Tasche gucken, aber nee, ich frag erst mal Google. Aha: Schluppen werden auch Schlotten genannt, steht in einem Kochforum, und es sind Frühlingszwiebeln. Achso, ja, stimmt, die hab ich auch gekauft. Wieder was gelernt. Angeblich heißen Schluppen auch noch Bollenpiepen hier in Berlin. Aber das ist bestimmt so etwas wie Telespargel, das sagt kein Schwein.

Bei Wikipedia stehen noch ganze 20 weitere Bezeichnungen: Winterzwiebel, Frühzwiebel, Lauchzwiebel, Jungzwiebel, Zwiebelröhrl, Zwiebelröhrchen, Röhrenlauch, Schluppenzwiebel, Schlottenzwiebel, Schnittzwiebel, Ewige Zwiebel, Winterheckenzwiebel, Winterhecke, Weiße Florentiner, Grober Schnittlauch, Jakobslauch, Johannislauch, Fleischlauch, Hohllauch oder Schnattra. Ich bin völlig überwältigt. Pure Poesie! Ich hole die Einkäufe aus meiner Tasche und betrachte andächtig die schönen Schluppen.

MARGARETE STOKOWSKI