Wieczorek-Zeul begeistert Namibia

Die Entschuldigung der Bundesentwicklungsministerin für den deutschen Völkermord an Namibias Herero vor 100 Jahren bringt Bewegung ins Verhältnis zwischen Deutschland und seiner Exkolonie. Herero-Wiedergutmachungsklage bleibt aber

Der Herero-Chef gab dem Drängen auf Rücknahme der Klage nicht nach

AUS WINDHOEKROLF-HENNING HINTZE

Die Entschuldigung für den deutschen Völkermord von 1904 an Namibias Herero und Nama, die Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bei den zentralen Gedenkfeiern in Okakarara vor einer Woche aussprach, ist in Namibia Anlass für rege politische Debatten. Es sei gut, dass Deutschland nach so vielen Jahren endlich die Verantwortung für die Kolonialverbrechen übernommen habe, sagte der traditionelle Führer der Herero, Paramount Chief Kuaima Riruako, auf einer Pressekonferenz in Namibias Hauptstadt Windhoek am Donnerstag. Doch ließ Riruako keinen Zweifel daran, dass er seine gerichtliche Klage gegen den deutschen Staat erst dann „suspendieren“ könne, wenn der Dialog mit den Deutschen entscheidende Fortschritte bringe.

„Es wäre naiv anzunehmen, dass allein eine verbale Äußerung den Wunsch unseres Volkes befriedigen könnte, die Angelegenheit zu einem Abschluss zu bringen,“ erklärte Riruako. Angesichts des geschichtlichen Hintergrunds und der bisherigen Weigerung, die Herero direkt zu beteiligen, seien die Herero verpflichtet, „die Sache mit Umsicht zu behandeln“. Für Riruako muss eine Entschuldigung auch Wiedergutmachung einschließen.

Kurz zuvor hatte der Herero-Führer in einem Gespräch mit der taz gesagt, dass die Ministerin ihn bei einem Gespräch in Okakarara gedrängt habe, die Wiedergutmachungsklage gegen Deutschland nun zurückzuziehen. Er habe diesem Drängen jedoch nicht nachgegeben. Als eine mögliche Lösung schwebt ihm eine gemeinsame Stiftung von Deutschen und Herero vor, um den Entwicklungsrückstand in den traditionellen Herero-Gebieten aufzuholen.

„Überwältigt“ von der Rede Wieczorek-Zeuls zeigte sich Ben Ulenga, der Vorsitzende der Kongressdemokraten (CoD), der größten Oppositionspartei im namibischen Parlament. Für Namibia sei es das wichtigste Ereignis seit Jahren. Der Abgeordnete und frühere stellvertretende Außenminister Kaire Mbuende, Abgeordneter der regierenden South West African People’s Organisation (Swapo), erklärte gegenüber der taz, auf diese Rede hätten die Menschen „hundert Jahre lang gewartet“. Aus namibischer Sicht sei das der Beginn eines neuen Kapitels.

Mbuende wies darauf hin, dass die durch deutschen Kolonialismus verursachten Leiden verschiedener ethnischer Gruppen in Namibia bis heute andauern. Das sei auch nicht einfach mit Geld zu beheben. Das bisherige Problem sei eine „mangelnde Bereitschaft zum offenen Dialog“ gewesen, die Rede der Ministerin sei aber nun „ein Element einer freundschaftlichen Atmosphäre für einen echten Dialog zwischen den Völkern Namibias und Deutschlands“.