Visionen fürs Tacheles: In der Mitte entspringt ein Fluss

TU-Studenten entwerfen Zukunftsvisionen für das Kunsthaus und berücksichtigen dabei die Künstler. Die Realisierung ist dennoch unwahrscheinlich.

Unterstützer des Tacheles bei einer Demo im Mai Bild: Reuters

Stadtgartenlandschaft oder Kunstquartier - Studenten der TU Berlin haben am Freitag Konzepte für ein zukünftiges Tacheles vorgestellt. Einzige Prämissen dabei: Es muss sich rechnen, und das Kunsthaus muss erhalten bleiben. Die Künstler beklatschten die Entwürfe: "Die Ideen zeigen, dass eine Rettung des Kunsthauses problemlos möglich ist", sagte ihr Sprecher Martin Reiter.

In Anzügen, schicken Blusen und Krawatten präsentierten die Studenten des TU-Studiengangs "Real Estate Management" im putzbröckelnden Theatersaal des Tacheles ihre Machbarkeitsstudien. In einem Abschlusscolloquium hatten sie drei Zukunftsvisionen entworfen. Rund 40 Zuhörer lauschten gespannt, darunter einige wenige Künstler.

Variante eins: "Metropolitan Gardens Berlin". Ein grünes Wohnquartier auf der heutigen Brache rund ums Kunsthaus. Dazu ein Öko-Designhotel, Medienbüros und Wohnungen mit dicht begrünten Fassaden, ein Biomarkt mit regionalen Produkten. In der Mitte entstünde eine Gartenlandschaft, durchschlängelt von einem kleinen Fluss.

Das Überseequartier in der Hamburger Hafencity oder den Highline Park in New York nennen die Studenten als Vorbilder. Das Tacheles würde dann als Genossenschaft und mithilfe einer Stiftung fortgeführt. "Zusammen kostet das Vorhaben 185 Millionen Euro, brächte aber 230 Millionen Euro Erträge ein", resümiert ein Student. In fünf Jahren könnte das Quartier stehen.

Der zweite Entwurf sieht ein "Kunst- und Kulturforum am Neuen Tacheles" vor, mit nach und nach realisierten Hochbauten - "je nach Marktsituation". Drumherum Büros und Wohnungen in einem "ArtLiving"-Quartier. Die Freiflächen würden von Landschaftskünstlern gestaltet, das Tacheles diente als "Impulsgeber".

Im dritten Modell wird auf urbane Landwirtschaft gesetzt: Ein Wohn- und Gewerbequartier mit rankendem Obst- und Gemüseanbau an Fassaden, auf Dächern und Freiflächen. Dazu ein CO2-neutrales Drei-Sterne-Hotel, Seniorenresidenzen und unterirdische Parkplätze. Das Tacheles würde als gemeinnützige GmbH den Künstlern übertragen.

"Alles geniale Ideen", preist Tacheles-Mann Reiter. "Wie man sieht, wäre mit ein wenig gutem Willen ein Fortbestand des Tacheles möglich." Reiter kündigte an, die Pläne an den Senat und an die HSH Nordbank zu schicken.

Die Bank zwangsverwaltet das Areal seit 2007 und strebt eine Versteigerung an. Ein erster Termin platzte, momentan wird mit Investoren verhandelt. Die TU-Konzepte dürften dabei keine Rolle spielen: HSH und potenzielle Interessenten deuteten stets an, dass ein Deal nur ohne die jetzigen Nutzer, rund 50 verbliebene Künstler, erfolgsversprechend sei. Zuletzt hatte ein anonymer Investor bereits einzelne Künstler und Gastronomen aus dem Tacheles gekauft.

TU-Wirtschaftsprofessor Rolf Kyrein appellierte, bei künftigen Projekten das Tacheles fortleben zu lassen und dessen hohen Bekanntheitsgrad zu nutzen. Unablässig sei in jedem Fall: "Erst eine breite Diskussion und ein Konsens aller Beteiligter, dann die konkrete Planung", so Kyrein. "Andersrum droht auch die zukünftige Tacheles-Gestaltung zu scheitern."

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