+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Verstärkte Offensive in Gaza

Das israelische Militär verstärkt seine Offensive gegen die Hamas im südlichen Gaza. Die UN schätzen, dass es 50.000 Schwangere im umkämpften Gazastreifen gibt.

Ein Panzer fährt eine Straße entlang

Ein israelischer Panzer an der Grenze zum Gazastreifen am 24. Dezember 2023 Foto: Ariel Schalit/ap

☛ Netanjahu: Krieg fordert „sehr hohen Preis“
☛ Verstärkte Offensive in Gaza
☛ BKA zählt 2.600 politische Straftaten seit dem 7. Oktober
☛ Biden fordert Netanjahu zum Schutz der Zivilbevölkerung
☛ UN-Resolution für Hilfslieferungen nach Gaza
UN-Schätzungen: Rund 50.000 Schwangere im umkämpften Gazastreifen

Im umkämpften Gazastreifen leben nach UN-Schätzungen gegenwärtig rund 50.000 Schwangere. Es gebe jeden Tag mehr als 180 Geburten, teilte UN-Hochkommissar für Flüchtlinge Filippo Grandi mit. „Ärzte und Hebammen unternehmen alles Mögliche, um sich in sieben (von 22) noch einsatzfähigen UNRWA-Gesundheitszentren um Wöchnerinnen und Hochrisiko-Schwangere zu kümmern“, hieß es weiter.

Die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist vielerorts sehr schlimm. Menschen kampieren in provisorischen Zeltlagern oder im Freien, bei zunehmend schlechtem Wetter. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros sind im Gazastreifen inzwischen mehr als 1,9 Millionen Menschen Binnenflüchtlinge, also etwa 85 Prozent der Bevölkerung. Viele davon haben in überfüllten UNRWA-Einrichtungen Schutz gesucht.

Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, schrieb auf X: „Die Dezimierung des Gesundheitssystems in Gaza ist eine Tragödie.“ Angesichts der ständigen Unsicherheit und der Ankunft neuer Verletzter setzten sich Ärzte, Krankenschwestern und Krankenwagenfahrer aber weiter dafür ein, Leben zu retten.

Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, forderte am Sonntag erneut eine humanitäre Feuerpause. Dies sei die einzige Möglichkeit, um Notleidende in dem blockierten Küstenstreifen zu erreichen, eine Freilassung der Geiseln zu erreichen sowie eine weitere Vertreibung und vor allem weiteren Verlust menschlichen Lebens zu verhindern, schrieb er auf X. „Krieg widerspricht der Logik und Menschlichkeit und bereitet eine Zukunft von mehr Hass, weniger Frieden, vor.“ (afp)

Neuer Beschuss an Libanons Grenze zu Israel

An Israels Grenze zum Libanon ist es am Sonntag erneut zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Es seien mehrere Geschosse vom Libanon aus auf Israel abgefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Das Militär habe mit Artillerie- und Panzerfeuer auf die Orte reagiert, von denen aus geschossen worden sei. Zuvor habe ein israelischer Kampfjet Infrastruktur der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah angegriffen. Die Hisbollah teilte mit, sie habe Stellungen der israelischen Armee beschossen.

Seit Beginn des Gaza-Krieges nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober kommt es immer wieder zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und militanten Gruppierungen wie der Hisbollah in der israelisch-libanesischen Grenzregion. Dabei gibt es auf beiden Seiten immer wieder Tote. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006. Sie nährt die Sorge vor einem neuen, größeren Krieg zwischen Israel und der Hisbollah. (dpa)

Israel weist Berichte über Armee-Gräueltaten als Lügen zurück

Israel hat Berichte über Gräueltaten israelischer Soldaten bei einem Krankenhaus im Gazastreifen als Lügen zurückgewiesen. Die Armee (IDF) habe nichts mit Leichen zu tun, die beim Kamal Adwan-Krankenhaus in Dschabalia im Norden des Gazastreifens entdeckt worden seien, stand in einer Mitteilung vom Sonntag.

Unter anderem sei in sozialen Medien ein Video verbreitet worden, in dem ein roter Bulldozer angeblich Menschen bei einem Krankenhaus unter sich begräbt, hieß es weiter. Dies hatte auch ein Faktencheck der dpa ergeben. Demnach wurde das Video vor mehr als zehn Jahren bei Youtube hochgeladen und zeigt den Angaben zufolge die Niederschlagung eines Protests in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Die sonstigen Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Bereits vor einer Woche hatte der Nachrichtensender Al-Dschasira berichtet, Israels Armee habe mit einem Bulldozer im Hof des Krankenhauses Zelte von Vertriebenen zerstört und dabei auch etwa 20 Menschen getötet. Der US-Sender CNN berichtete am Samstag dann erneut über Angaben palästinensischer Augenzeugen, israelische Soldaten hätten bei dem Krankenhaus mit einem Bulldozer die Leichen bereits begrabener Opfer wieder freigelegt und zusammengeschoben.

Zudem hätten sie mehrere Ärzte angeschossen, obwohl sie diese bereits auf Terroraktivitäten überprüft hatten, einen Hund des Militärs sich in einem Mann im Rollstuhl verbeißen lassen und sich über Opfer auch noch lustig gemacht, lauteten weitere Vorwürfe. Die in dem Krankenhaus verbliebenen Patienten hätten nicht mehr versorgt werden können, weil es kein Trinkwasser, Essen oder Medikamente gegeben habe. Ein Teil des Krankenhauses sei durch Beschuss zerstört worden, Kinder und andere Patienten gestorben. Auch diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Die Armee wies die Anschuldigungen zurück. Die IDF tue alles, um Unbeteiligten keinen Schaden zuzufügen. Das Krankenhaus sei von der Hamas für Terroraktivitäten missbraucht worden und habe in der Nähe eines ihrer Hauptquartiere gelegen. Israelische Soldaten hätten in dem Krankenhaus etwa 90 Hamas-Aktivisten festgenommen. Auf der Säuglingsstation seien in Brutkästen versteckte Waffen und andere militärische Ausrüstung gefunden worden. Zudem hätten die Soldaten die Evakuierung von Unbeteiligten und Verletzten ermöglicht, bevor sie in das Krankenhaus vordrangen. Nur einige Dutzend Zivilisten hätten sich trotz Warnungen der IDF, dass ein Angriff bevorstehe, geweigert, das Gelände zu verlassen. (dpa)

Netanjahu: Krieg im Gazastreifen fordert „sehr hohen Preis“

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat eingeräumt, dass der Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen von seinem Land „einen sehr hohen Preis“ fordere. „Das ist ein sehr schwieriger Morgen nach einem sehr schwierigen Tag der Kämpfe in Gaza“, erklärte Netanjahu am Sonntag. Doch habe Israel „keine andere Wahl, als weiter zu kämpfen“.

Zuvor hatte die israelische Armee mitgeteilt, dass seit Freitag 14 ihrer Soldaten im Gazastreifen getötet worden seien. Zehn von ihnen seien am Samstag gefallen – eine der höchsten Zahlen von an einem Tag getöteten Soldaten seit dem Beginn des israelischen Bodeneinsatzes in dem Palästinensergebiet am 27. Oktober. Insgesamt wurden den israelischen Angaben zufolge seit Kriegsbeginn 153 Soldaten im Gazastreifen getötet.

Netanjahu teilte weiter mit, es werde ein „langer Krieg“ sein, bis die radikalislamische Hamas „eliminiert“ sei. Israel werde „mit voller Kraft bis zum Ende weitermachen, bis zum Sieg, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben“. (afp)

Israels Armee verstärkt Offensive gegen Hamas im südlichen Gazastreifen

Die israelische Armee verstärkt eigenen Angaben zufolge am Sonntag ihre Offensive gegen die radikalislamische Hamas im südlichen Gazastreifen. Nach der Stadt Gaza „schwenken wir nach Süden und wir konzentrieren unsere Hauptoperationen auf eine andere Bastion der Hamas, Chan Junis“, sagte der israelische Militärsprecher Jonathan Conricus dem US-Sender Fox News. Die Kämpfe im Norden würden weitergehen, „vielleicht mit einer geringeren Intensität“.

Die islamistische Hamas meldete am Sonntag neue Angriffe. Dabei seien Dschabalija und die Stadt Gaza im Norden sowie Chan Junis im Süden getroffen worden. (afp)

USA – Iran trifft mit Drohne Tanker im Indischen Ozean

Der Iran hat nach US-Angaben einen Frachter mit Drohnen angegriffen. „Das Motorschiff ‚Chem Pluto‘, ein unter liberianischer Flagge fahrender, von Niederländern betriebener Chemikalien-Tanker in japanischem Besitz wurde heute gegen 10.00 Ortszeit im Indischen Ozean getroffen“, sagte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums am Samstag (Ortszeit) Reuters. Der Angriff sei 200 Seemeilen vor der Küste Indiens mit einer aus dem Iran abgefeuerten Drohne erfolgt. Es handele sich um den siebten iranische Angriff auf ein Handelsschiff seit 2021.

Bereits am Samstag europäischer Zeit hatte die britische Firma für Schifffahrtssicherheit Ambrey berichtet, durch den Drohnen-Angriff sei ein Feuer auf dem Schiff ausgebrochen, das von der Besatzung gelöscht werden konnte. In den Frachter sei Wasser eingedrungen. Eine Stellungnahme vom iranischer Seite lag zunächst nicht vor.

Die US-Armee habe am Samstag vier Drohnen abgeschossen, die auf einen US-Zerstörer im Roten Meer zusteuerten, gab die für den Nahen Osten zuständige Leitstelle des US-Militärs Centcom bekannt. Die Flugkörper seien von Gebieten im Jemen gestartet worden, die von den aufständischen Huthi kontrolliert würden. Die mit dem Iran verbündeten Huthis greifen seit Wochen Handelsschiffe in der Straße von Bab al-Mandab am südlichen Ende des Roten Meeres an. Sie wollen damit die Palästinenser im Gazakrieg unterstützen.

Nach Centcom-Angaben gaben am Samstag zwei Frachter Notrufe ab. Ein unter norwegischer Flagge fahrender Tanker meldete einen folgenlosen Drohnen-Angriff. Ein unter indischer Flagge fahrender Rohöltanker teilte mit, von einer Drohne getroffen worden zu sein. Zudem seien zwei Anti-Schiffs-Raketen von den Huthi-Gebieten aus in Richtung Rotes Meer abgefeuert worden. Es gebe aber keine Meldungen von Treffern. Die britische Agentur Maritime Trade Operations berichtete, ein unbemanntes Flugsystem sei in der Nähe eines Schiffes in der Straße von Bab al-Mandab, explodiert.

Zum Schutz der Schifffahrt in den für den Welthandel wichtigen Seewege haben die USA vor drei Tagen den Einsatz Prosperity Guardian (Wohlstands-Wächter) gestartet. Nach US-Angaben sind über ein Dutzend Länder bereit, sich daran zu beteiligen. Geplant sind Patrouillen im Roten Meer vor Jemen. Deutschland hat noch nicht entschieden, ob sich die Bundeswehr an dem Einsatz beteiligen wird. (rtr)

BKA zählt bisher 2.600 politisch motivierte Straftaten in Deutschland zu Gazakrieg

Das Bundeskriminalamt hat deutschlandweit bislang rund 2600 politisch motivierte Straftaten mit Bezug zum Gazakrieg registriert. Davon wurden mehr als 1100 Straftaten als antisemitisch motiviert eingestuft, wie das BKA den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntagsausgaben) mitteilte. Es geht demnach vor allem um Sachbeschädigungen und Volksverhetzung.

Islamfeindliche Straftaten mit Bezug zum Krieg zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas wurden dem BKA demnach seit dem 7. Oktober im mittleren zweistelligen Bereich gemeldet. Dabei handelte es sich laut Polizei in der Mehrzahl ebenfalls um Sachbeschädigungen und Delikte der Volksverhetzung. Die Fallzahlen zur politisch motivierten Kriminalität werden dem BKA über den Kriminalpolizeilichen Meldedienst von den Polizeibehörden in den Bundesländern mitgeteilt.

Die Entwicklungen in Israel seien dazu geeignet, „eine hohe Gefährdungsrelevanz auf die Sicherheitslage in Deutschland zu entfalten“, erklärte das BKA gegenüber den Funke-Zeitungen mit Blick auf die Gefährdungslage vor den Feiertagen. Im Zuge dieses Konfliktes, aber insbesondere bei einer Lageverschärfung, könnten „gerade Einzelpersonen in Deutschland und Europa die Entwicklung für sich als tatauslösende und subjektiv empfundene Ermutigung für einen Anschlag sehen“.(afp/rtr)

Biden fordert Netanjahu erneut zu Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen auf

US-Präsident Joe Biden hat den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu erneut zu einem Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen aufgerufen. Biden habe in einem Gespräch mit Netanjahu die „Notwendigkeit“ hervorgehoben, die Zivilbevölkerung zu schützen und den Menschen zu erlauben, sich vor Kampfhandlungen in Schutz zu bringen, erklärte das Weiße Haus am Samstag. Es müssten auch jene geschützt werden, die an humanitärer Hilfe für das Palästinensergebiet beteiligt seien.

Biden hatte zuvor zu Journalisten gesagt, er habe ein langes „privates Gespräch“ mit Netanjahu geführt. Auf Nachfrage sagte der US-Präsident, er habe den israelischen Regierungschef dabei nicht zu einer Waffenruhe aufgerufen. (afp)

UN-Resolution für Hilfslieferungen nach Gaza

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Freitag in einer Resolution zum Gazakrieg gefordert, eine „sichere und ungehinderte Lieferung von humanitärer Hilfe in großem Umfang“ zu ermöglichen. Ein direkter Aufruf zu einer Feuerpause fehlt in dem Text, über den tagelang intensiv verhandelt worden war. Vielmehr heißt es in der Resolution lediglich, es müssten „mit aller Dringlichkeit“ die Bedingungen geschaffen werden, die „eine nachhaltige Einstellung der Kampfhandlungen“ ermöglichen.

Für die Resolution stimmten 13 der 15 Mitgliedstaaten des mächtigsten UN-Gremiums. Die Veto-Staaten USA – ein wichtiger Verbündeter Israels – und Russland enthielten sich. Israel setzte seine massiven Angriffe auf Ziele im Gazastreifen auch nach der Resolution des UN-Sicherheitsrats fort. (afp)

Über 20.000 Tote seit dem 7. Oktober 2023

Ausgelöst wurde der Krieg durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober. 2023 Hunderte Kämpfer der von EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas waren in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1.140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Israel führt seither massive Angriffe in dem Palästinensergebiet – mit dem erklärten Ziel, die Hamas zu vernichten. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bislang mehr als 20.250 Menschen getötet. (afp)

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