+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Vereinbarung rückt näher

Die New York Times berichtet von Fortschritten bei Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung von über hundert Hamas-Geiseln.

Besucher sehen sich Fotos von israelischen Bürgern an, die während des Angriffs der palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober getötet wurden, sowie von denen, die während des Krieges zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen ums Leben kamen.

Jerusalem: Fotowand in der Nationalbibliothek von Menschen, die im Nahost-Krieg getötet wurden Foto: Leo Correa/ap/dpa

Fortschritte in Verhandlungen über Waffenruhe und Freilassung von Hamas-Geiseln

In die Verhandlungen um eine Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas kommt offenbar Bewegung. Die „New York Times“ berichtete am Samstag, dass sich Unterhändler unter Führung der USA einer Vereinbarung näherten, welche die Freilassung von mehr als hundert Hamas-Geiseln vorsehe. Im Gegenzug soll Israel demnach seinen Militäreinsatz im Gazastreifen für rund zwei Monate aussetzen.

Wie die US-Zeitung unter Berufung auf einen US-Regierungsvertreter weiter berichtete, soll der Entwurf für ein solches Abkommen am Sonntag in Paris diskutiert werden. In der französischen Hauptstadt ist ein Treffen des Chefs des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, mit seinen israelischen und ägyptischen Kollegen sowie dem katarischen Regierungschef Mohammed bin Abdelrahman al-Thani geplant, wie AFP aus Sicherheitskreisen erfuhr.

Ende November waren im Zuge einer von Katar, Ägypten und den USA vermittelten einwöchigen humanitären Feuerpause 105 Hamas-Geiseln im Gegenzug für 240 in Israel inhaftierte Palästinenser freigekommen. Nach Angaben der israelischen Behörden sind 132 Geiseln noch immer in der Gewalt der Hamas, 28 von ihnen sollen tot sein. (afp)

Guterres kündigt Konsequenzen für UNRWA-Mitarbeiter in Gaza an

Nach den schweren Vorwürfen gegen Beschäftigte des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA hat UN-Generalsekretär António Guterres rasche Konsequenzen angekündigt. „Jeder UN-Mitarbeiter, der in Terrorakte verwickelt ist, wird zur Rechenschaft gezogen werden, auch durch strafrechtliche Verfolgung“, sagte er am Sonntagmorgen laut einer Mitteilung der Vereinten Nationen. Eine Untersuchung durch das UN-Büro für interne Aufsichtsdienste sei unverzüglich eingeleitet worden.

Von den zwölf Beschuldigten seien neun sofort identifiziert und entlassen worden. Ein Mitarbeiter sei für tot erklärt worden, die Identität der beiden anderen werde derzeit geklärt. Die Verdächtigen sollten auch strafrechtlich verfolgt werden, „die verabscheuungswürdigen angeblichen Handlungen dieser Mitarbeiter“ müssten Konsequenzen haben.

Guterres wies darauf hin, die derzeitige Finanzierung des UNRWA reiche nicht aus, um die zwei Millionen Zivilisten im Gazastreifen im Februar zu unterstützen. Er appellierte an die Staaten, die ihre Beiträge ausgesetzt haben, die Kontinuität der Arbeit des UNRWA zu gewährleisten. Die Zehntausenden Mitarbeiter sollten nicht bestraft werden. „Die dringenden Bedürfnisse der verzweifelten Bevölkerungsgruppen, denen sie dienen, müssen erfüllt werden.“ Guterres sagte, er sei selbst entsetzt über die Anschuldigungen. (dpa)

Deutschland setzt nach Verdacht gegen UNRWA-Mitarbeiter Unterstützung für Hilfswerk aus

Nach anderen Geberländern hat auch Deutschland wegen des Verdachts der Beteiligung von UN-Mitarbeitern am Großangriff der Hamas auf Israel seine Unterstützung für das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) vorerst ausgesetzt. Bis zum Ende der Aufklärung werde Deutschland temporär keine neuen Mittel für UNRWA im Gazastreifen bewilligen, teilten Auswärtiges Amt und Entwicklungsministerium (BMZ) am Samstag gemeinsam in Berlin mit. Zuvor hatten zahlreiche Länder wie die USA und Großbritannien ihre Zahlungen gestoppt, was UNRWA-Chef Philippe Lazzarini kritisierte.

In ihrer gemeinsamen Mitteilung hoben die Ministerien hervor, dass derzeit ohnehin keine neuen Zusagen für das UN-Hilfswerk anstünden. Zudem betonten sie, dass die Rolle des UNRWA „für die Grundversorgung der palästinensischen Bevölkerung lebenswichtig“ sei.

Laut eigenen Angaben hatten Auswärtiges Amt und BMZ in der Zeit nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober „mit über UNRWA abgewickelter humanitärer Hilfe und aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit überlebenswichtige Grundversorgungsmittel wie Wasser, Lebensmittel, Notunterkünfte, Hygiene und Sanitäranlagen sowie medizinische Güter für die Menschen im Gazastreifen sowie insbesondere auch für die in den Süden geflüchteten Familien finanziert“. (afp)

Israel belegt Beteiligung von UN-Hilfswerk Mitarbeitenden an Hamas-Angriff am 7. Oktober

Die israelische Regierung hat dem UN-Hilfswerk Informationen vorgelegt, wonach zwölf seiner Mitarbeiter in den brutalen Angriff der Hamas am 7. Oktober verwickelt gewesen sein sollen. Laut UNRWA-Chef Philippe Lazzarini wurden die Verträge der Betroffenen aufgekündigt und eine Untersuchung eingeleitet. Als Konsequenz auf die Vorwürfe hatten Länder wie die USA, Kanada, Australien, Großbritannien, Finnland und Italien schon am Freitag angekündigt, ihre Hilfszahlungen auszusetzen.

UNRWA-Chef Lazzarini übte am Samstag scharfe Kritik an der Entscheidung der Geberländer. „Es ist schockierend, dass die Mittel für das Hilfswerk als Reaktion auf die Anschuldigungen gegen eine kleine Gruppe von Mitarbeitern ausgesetzt wurden“, erklärte er. Das Leben von zwei Millionen Menschen im Gazastreifen hänge von dieser Unterstützung ab, betonte er. Israel geht auch das Aussetzen der Hilfszahlungen nicht weit genug. „Herr Lazzarini, bitte treten Sie zurück“, schrieb der Außenminister des Landes, Israel Katz, im Onlinedienst X, vormals Twitter. Bereits zuvor hatte er erklärt, dass das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge im Gazastreifen keine Zukunft haben werde.

Seine Regierung werde sicherstellen, dass die Einrichtung „kein Teil“ der Lösung für eine Zeit nach dem Krieg in dem Palästinensergebiet sein werde, erklärte Katz. Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid schrieb auf X, dass die Zeit gekommen sei, um „eine Alternative zu schaffen, die nicht Generationen von Palästinensern zum Hass erzieht“. (afp)

Hamas-Gesundheitsbehörde: 165 Palästinenser im Gazastreifen getötet

Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde binnen 24 Stunden mindestens 165 Palästinenser getötet worden. Rund 290 weitere seien in dem Zeitraum verletzt worden, hieß es am Sonntag in der Mitteilung. Damit sei die Zahl der seit Beginn des Krieges am 7. Oktober getöteten Menschen in dem Küstenstreifen auf mindestens 26.422 gestiegen. Mehr als 65.000 weitere seien verletzt worden. Die Zahlen ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Nach Angaben eines Sprechers der Gesundheitsbehörde sind zahlreiche Tote noch unter Trümmern begraben oder liegen auf den Straßen. Wegen der Kämpfe könnten Rettungskräfte und der Zivilschutz häufig nicht zu ihnen gelangen. (dpa)

Kämpfe in Chan Junis – Israelisches Militär ruft Zivilbevölkerung zum Verlassen der Region auf

Indes gehen die heftigen Kämpfe im Gazastreifen gehen weiter. Vor allem im Bereich von Chan Junis im Süden des Küstengebiets gab es nach Angaben der israelischen Armee vom Sonntag erneut „intensive Gefechte“. In einer Mitteilung hieß es unter anderem: „Die Truppen haben Terroristen ausgeschaltet und große Mengen an Waffen gefunden.“ Angesichts massiver israelischer Angriffe sind Tausende von Zivilisten aus dem Gebiet von Chan Junis in Richtung Rafah an der Grenze zu Ägypten geflüchtet.

Der israelische Militärsprecher veröffentlichte am Sonntag einen weiteren Aufruf in arabischer Sprache. Darin wurden Einwohner von vier Vierteln in Chan Junis erneut zur Flucht in eine designierte Region am Mittelmeer aufgerufen. Außerdem nannte der Militärsprecher drei jeweils vierstündige Zeitfenster am Sonntag, Montag und Dienstag. Taktische Kampfpausen in der Zeit sollten Menschen in Rafah ermöglichen, sich mit Proviant einzudecken. Hilfsorganisationen warnen immer wieder vor einer Hungersnot in dem blockierten Gebiet. Die israelische Armee teilte zudem mit, Truppen hätten im Norden des Gazastreifens „einen Terror-Tunnel entdeckt und zerstört, Terroristen ausgeschaltet und Waffen in dem Gebiet gefunden“. (dpa)

Vermutlich Großteil des Hamas-Tunnelsystems intakt

Nach Informationen der Zeitung „Wall Street Journal“ sind drei Monate nach Beginn der israelischen Bodenoffensive vermutlich noch bis zu 80 Prozent der unterirdischen Tunnel im Gazastreifen intakt. Das Tunnelnetzwerk sei laut Schätzungen mehr als 480 Kilometer lang – etwa die Hälfte der New Yorker U-Bahn. Repräsentanten Israels und der USA gingen nach Angaben des Blatts davon aus, dass nur 20 bis 40 Prozent der Tunnel beschädigt oder nicht mehr funktionsfähig seien.

Israel habe bei den Einsätzen gegen das Tunnelsystem, das der Hamas als Versteck und Kampfbasis dient, verschiedene Methoden eingesetzt, schrieb die Zeitung. Dazu gehörten Luftangriffe, flüssiger Sprengstoff sowie das Fluten mit Meerwasser. In diesem Monat sei auch im Bereich von Chan Junis im Süden des Gazastreifens Wasser aus Israel eingesetzt worden. In einigen Fällen hätten jedoch unterirdische Wände oder andere Barrieren den Fluß des Wassers gestoppt. Insgesamt sei die Methode „nicht so effektiv gewesen, wie israelische Repräsentanten dies gehofft hatten“. Kritiker hatten vor gefährlichen Umweltschäden durch das Fluten gewarnt.

In den Tunneln werden auch mehr als 130 Geiseln vermutet, die noch im Gazastreifen festgehalten werden. Der militärische Hamas-Arm warnte die Geiselfamilien am Samstag, sie müssten sich auf den Tod ihrer Angehörigen durch Bombardements einstellen, sollte der Krieg weitergehen. (dpa)

Auschwitz-Überlebende entsetzt über Angriffe auf Israel

Bei der Gedenkfeier zum 79. Jahrestag der Befreiung des früheren deutschen Konzentrationslagers Auschwitz hat eine Überlebende ihr Entsetzen über die Massaker der Hamas und anderer terroristischer Gruppen am 7. Oktober in Israel geäußert. „Es fallen die Söhne und Töchter der wenigen geretteten Holocaust-Überlebenden, nachdem sie ein neues Leben begonnen, eine neues Heimat in Israel gefunden haben“, sagte die 94-jährige Halina Birenbaum in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers. Erneut gebe es in europäischen Ländern wie Italien und Frankreich Demonstrationen gegen Juden und den jüdischen Staat. „Für mich ist das eine Verlängerung von Auschwitz“, sagte Birenbaum.

Gedenkstättendirektor Piotr Cywinski ging auf die beunruhigende Entwicklung in der Ukraine und in Nahost ein. „Wir glaubten an eine gerechtere, freundlichere und menschlichere Welt.“ Heute stehe man jedoch an einem Wendepunkt der Geschichte. „Heute greifen die einen Befreier die anderen an. Sie vergewaltigen und morden. Und in Israel, in der Welt der Überlebenden der Shoah, ist Frieden nicht einmal am Horizont zu sehen.“ Europa aber habe es versäumt, seine Anstrengungen zu vereinen und sich vor der Rückkehr von Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu schützen.

Die Gedenkfeier, an der nach Angaben der Veranstalter auch rund 20 Überlebende teilnahmen, befasste sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig mit Porträts von Häftlingen des Lagers. Die dort entstandenen Zeichnungen stehen symbolisch für den individuellen Menschen, hieß es dazu in einer Mitteilung der Gedenkstätte. Der Name Auschwitz hat sich als Synonym für den Holocaust und Inbegriff des Bösen weltweit ins Bewusstsein eingebrannt. Allein dort brachten die Nationalsozialisten mehr als eine Million Menschen um, zumeist Juden. In ganz Europa ermordeten sie während der Schoah etwa sechs Millionen Juden. (dpa)

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