+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Netanjahu will weiterkämpfen

Israel meldet große Erfolge im Kampf gegen die Hamas und deren Führung im Gazastreifen. Forderungen nach einem Waffenstillstand lehnt Netanjahu weiter ab.

Israels Verteidigungsminister Galant im Gespräch mit Soldaten

Sieht die Hamas fast besiegt: Israels Verteidigungsminister Joav Gallant, hier mit Soldaten am Rande des Gazastreifens Ende Januar Foto: Ariel Hermoni/dpa

Israel: Hamas-Chef in Gaza ohne Kontakt zur Außenwelt

Israels Militär hat über das Wochenende seine Einsätze gegen die islamistische Hamas-Miliz in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens fortgesetzt. Dabei brachte die Armee das Nasser-Krankenhaus, eine der größeren Kliniken des Küstengebiets, unter seine Kontrolle. Nach Darstellung von Mitarbeitern ist das Krankenhaus nicht mehr funktionsfähig. Die Armee teilte am Sonntagabend mit, hunderte Terroristen und Terrorverdächtige, die sich in der Klinik versteckt hätten, seien gefangen genommen worden. Einige von ihnen sollen sie sich als medizinisches Personal ausgegeben haben.

Verteidigungsminister Joav Gallant sieht derweil den Kampfgeist der Islamisten nach mehr als vier Monaten Krieg gebrochen. „200 Terroristen ergaben sich im Nasser-Spital, Dutzende weitere im Amal-Spital“, sagte Galant am Sonntag bei einer Besprechung mit Armeekommandeuren. „Das zeigt, dass die Hamas ihren Kampfgeist verloren hat.“ Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Zudem habe die aus Furcht vor den israelischen Sicherheitskräften abgetauchte Hamas-Führung unter Gaza-Chef Jihia al-Sinwar in ihren Verstecken den Kontakt zur Außenwelt verloren. „Die Gaza-Filiale der Hamas antwortet nicht“, sagte Galant. „Es ist niemand mehr vor Ort übrig, mit dem man sprechen kann.“ Die Hamas-Führung im Ausland suche bereits nach Ersatz für al-Sinwar. Über organisierte Streitkräfte verfüge die Miliz nur noch im mittleren Gazastreifen sowie in Rafah, dem südlichen Grenzort zu Ägypten. (dpa)

Israel bleibt bei Angriffsplänen für Rafah

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Forderungen nach einer Beendigung der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen am Sonntag zum wiederholten Mal zurückgewiesen. Er kündigte an, den „Job zu beenden“. Ein Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, der frühere General Benny Gantz, kündigte indessen an, die Offensive werde auf die südliche Stadt Rafah ausgeweitet, wenn die in dem Küstengebiet verbliebenen israelischen Geiseln nicht bis zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan freigelassen seien. „Wenn bis zum Ramadan unsere Geiseln nicht zu Hause sind, werden sich die Kämpfe bis in die Gegend von Rafah fortsetzen“, sagte Gantz.

In Rafah bereitet sich die israelische Armee auf ein Einrücken vor, um die verbliebenen Hamas-Bataillone zu zerschlagen und dort vermutete Geiseln zu befreien. Die israelische Regierung hat aber diesbezüglich noch keinen Einsatzbefehl erteilt. Ein militärisches Vorgehen in der südlichsten Stadt des Gazastreifens ist höchst umstritten, weil sich dort auf engstem Raum 1,3 Millionen Palästinenser drängen, von denen die meisten vor den Kämpfen in anderen Teilen des Küstengebiets geflohen sind. (ap/dpa)

Marshallplan für Wiederaufbau Gazas gefordert

Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje forderte die internationale Gemeinschaft zu einem Aufbauprogramm für das schwer zerstörte Küstengebiet auf. „Wir brauchen einen Marshallplan für den Gazastreifen“, sagte Schtaje der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Dieser Plan müsse aus drei Komponenten bestehen: Nothilfe, Rekonstruktion und einer Wiederbelebung der Wirtschaft. „Wir wissen aus Satellitenaufnahmen, dass 45 Prozent des Gazastreifens zerstört sind. Das bedeutet 281.000 Wohneinheiten, die vollständig oder teilweise zerstört sind.“

Eine Reparatur könne teils schon in Wochen oder Monaten möglich sein. „Das bedeutet, wir brauchen dafür viel Geld“, führte Schtaje weiter aus. Mit den Vereinten Nationen laufe eine Untersuchung, wie man der größten Not begegnen könne. Der Regierungschef amtiert mit seiner Autonomiebehörde im Westjordanland und hat keine faktische Kontrolle über den bis zum Kriegsausbruch von der Hamas allein beherrschten Gazastreifen. (dpa)

Neuer Huthi-Angriff im Roten Meer

Im Roten Meer hat es einen neuen Zwischenfall mit einem Frachtschiff gegeben. Der unter liberianischer Flagge fahrende Frachter „Master“ meldete eine Explosion in unmittelbarer Nähe, wie die zur britischen Marine gehörende Behörde UKMTO am späten Sonntagabend berichtete. Das Schiff sei beschädigt worden. Allerdings sei gemeldet worden, dass alle Besatzungsmitglieder in Sicherheit seien. Der Vorfall habe sich in 35 Seemeilen Entfernung von Mokka an der Küste des Jemens ereignet, hieß es weiter.

Die militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen haben in jüngster Zeit wiederholt Schiffe auf dem wichtigen Seeweg durch den Suezkanal angegriffen. Die Miliz will mit dem Beschuss von Handelsschiffen ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen, die auf das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober folgten.

Die Außenminister der EU-Staaten wollen an diesem Montag in Brüssel den Beginn des neuen Militäreinsatzes zur Sicherung der Handelsschifffahrt in der Region beschließen. Der Plan für die Operation „Aspides“ sieht vor, europäische Kriegsschiffe ins Rote Meer und in benachbarte Seegebiete zu schicken, um Handelsschiffe vor solchen Angriffen zu schützen.

Deutschland will sich an dem Einsatz mit der Fregatte „Hessen“ beteiligen. Das Kriegsschiff mit rund 240 Soldatinnen und Soldaten an Bord war dafür bereits am 8. Februar von Wilhelmshaven aus auf den Weg ins Mittelmeer geschickt worden. Es lag zuletzt in einem Hafen auf der griechischen Insel Kreta. (dpa)

Bericht: der Iran rät Verbündeten nunmehr zur Mäßigung

Die Hamas verdankt Geld, Waffen und Ausbildung ihrer Kämpfer zum großen Teil Iran. Seit dem 7. Oktober heizen auch andere, von Iran unterstützte bewaffnete Gruppen die Spannungen in der weiteren Nahost-Region an. Die Schiiten-Miliz Hisbollah beschießt vom Südlibanon aus den Norden Israels, von wo 80.000 Bewohner ins Landesinnere in Sicherheit gebracht werden mussten. Schiitische Kampfverbände in Syrien und im Irak greifen vermehrt US-Stützpunkte an. Die Huthi im Jemen feuern Raketen auf Schiffe im Roten Meer ab. Die Formationen verstehen sich zusammen mit ihrem Förderer Iran als „Achse des Widerstands“, die sich die Vernichtung Israels zum Ziel gesetzt hat.

Die USA und Großbritannien reagierten bislang mit Bombardierungen von Stützpunkten und Raketenstellungen der mit Teheran verbündeten Milizen, vermieden es aber, Iran selbst anzugreifen. Eine weitere Eskalation an irgendeiner dieser Fronten, vor allem aber im Libanon, könnte – so die allgemein geteilte Befürchtung – einen Flächenbrand in Nahost auslösen.

Laut einem Bericht der Washington Post soll nun Iran auf die Vermeidung eines solchen Szenarios dringen. Iranische Emissäre hätten zuletzt in diskreten Treffen mit Verbündeten in der Region diesen zur Mäßigung geraten, schrieb die Zeitung am Sonntag. „Iran unternimmt äußerste Anstrengungen, um eine Ausdehnung des Kriegs und eine unumkehrbare Eskalation zu verhindern“, zitierte das Blatt einen nicht näher genannten irakischen Offiziellen mit Nähe zu einer proiranischen Miliz.

Auch im Libanon scheint Teheran seinem Verbündeten, dem Schiiten-Führer Hassan Nasrallah, davon abzuraten, die ultimative Konfrontation mit Israel zu suchen. Dort, so die „Washington Post“, habe man sich auf das Narrativ verständigt, dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nicht durch die Eröffnung einer neuen Kriegsfront aus seiner politischen Drucksituation zu helfen. Der Israeli sei derzeit „in die Ecke gedrängt“, der Gazakrieg habe die sich abzeichnende Normalisierung des Verhältnisses zwischen Israel und Saudi-Arabien infrage gestellt, zitierte das Blatt ein Hisbollah-Mitglied. Ein Krieg im Libanon würde hingegen Netanjahu „zum Sieger machen“.

Das iranische Zureden scheine Wirkung zu entfalten, so die US-Zeitung. Seit dem 4. Februar habe es keine Angriffe proiranischer Kräfte auf das US-Militär in Syrien und dem Irak mehr gegeben. Nasrallah im Libanon vermied es trotz aller Drohgebärden, Israel den Krieg zu erklären. Lediglich die Huthi im Jemen schießen noch auf Schiffe im Roten Meer. (dpa)

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