+++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Kritik an Netanjahus Kurs

In Tel Aviv demonstrieren tausende Menschen für die Freilassung der Geiseln und fordern Neuwahlen. Der internationale Druck für eine Zweistaatenlösung steigt.

Demonstranten blockieren die Straße während einer Demonstration, bei der die sofortige Freilassung aller israelischen Geiseln in Gaza gefordert wird.

Demonstrierende blockieren am Samstag die Straßen von Tel Aviv Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Proteste in Tel Aviv und Haifa

Tausende Menschen haben in Tel Aviv gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu protestiert und eine Rückkehr der von der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gefordert. Die Demonstranten verlangten dabei am Samstag auch Neuwahlen und bezeichneten Netanjahu als das „Gesicht des Bösen“. Proteste gab es auch in der Hafenstadt Haifa und vor der Residenz des Ministerpräsidenten in Jerusalem.

Viele Menschen in Israel kritisieren den Kurs Netanjahus im Krieg gegen die Hamas. Sie befürchten unter anderem, dass ohne baldige Feuerpause die Geiseln im Gazastreifen getötet werden könnten. Netanjahu hat wiederholt bekräftigt, die Hamas vernichten zu wollen.

„Wenn es so weitergeht, werden alle Geiseln sterben“, sagte der Demonstrant Avi Lulu Shamriz in Tel Aviv. Er ist der Vater der Geisel Alon Shamriz, die im Gazastreifen versehentlich von israelischen Soldaten erschossen worden war. „Es ist noch nicht zu spät, sie alle freizubekommen.“ Demonstrant Dor Endov sagte, Netanjahu wolle „wirklich, dass dieser Krieg weitergeht“. Israel habe den Krieg bereits am 7. Oktober 2023 verloren, „als diese Menschen entführt wurden“. (afp)

Hoher Internationaler Druck für Zweistaatenlösung

Im Gazakrieg wachsen die internationalen Appelle an den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, sich nicht einer Zweistaatenlösung zu verweigern. UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Samstag, die „Weigerung, eine Zweistaatenlösung für Israelis und Palästinenser zu akzeptieren, und die Verweigerung des Rechts auf Staatlichkeit für das palästinensische Volk sind inakzeptabel“. Auch die USA und Frankreich drängen Netanjahu zu einer Zweistaatenlösung, während es in Israel Proteste gegen den Regierungschef gibt.

Guterres sagte beim Gipfeltreffen der Blockfreien Staaten in Uganda, das Recht der Palästinenser, ihren eigenen Staat aufzubauen, müsse „von allen anerkannt werden“. Eine ablehnende Haltung würde „einen Konflikt, der zu einer großen Bedrohung für den Weltfrieden und die Sicherheit geworden ist, auf unbestimmte Zeit verlängern“.

„Die Palästinenser haben das Recht auf Souveränität und auf einen Staat“, erklärte auch Frankreichs Außenminister Stéphane Séjourné im Kurzbotschaftendienst X, früher Twitter. Frankreich werde sich weiter dafür einsetzen, dieses „Ziel“ zu erreichen.

Netanjahu hat sich zuletzt mehrfach gegen eine palästinensische Souveränität ausgesprochen. In einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden sagte Netanjahu am Freitag nach Angaben seines Büros, Israel müsse sicherstellen, „dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr darstellen wird“. Das „widerspricht der Forderung nach palästinensischer Souveränität“. (afp)

Netanjahu: Israel muss Sicherheitsverantwortung über Gazastreifen übernehmen

Die Zweistaatenlösung sieht einen unabhängigen, mit Israel koexistierenden Palästinenserstaat vor. Netanjahu hat wiederholt gesagt, dass Israel nach dem Angriff der Hamas über längere Zeit eine Sicherheitsverantwortung über den Gazastreifen übernehmen muss, um künftige Angriffe zu verhindern. Netanjahu sagte zuletzt, sein Land werde künftig die Sicherheitskontrolle über „alle Territorien westlich des (Flusses) Jordan“ haben müssen, was der Vorstellung von einer palästinensischen Souveränität entgegenstehe.

Die USA, ein wichtiger Verbündeter Israels, setzen sich dagegen weiter für eine Zweistaatenlösung ein. Biden sagte Netanjahu bei dem Telefonat nach Angaben des Sprechers des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, dass er eine palästinensische Eigenstaatlichkeit weiter unterstütze. „Der Präsident glaubt immer noch an das Versprechen und die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung“, sagte Kirby. Biden sei sich bewusst, dass dies „viel harte Arbeit erfordert“.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach sich dafür aus, eine Zweitstaatenlösung „von außen aufzuerlegen“, um den „Frieden zu bringen“. Um eine Zweistaatenlösung zu verhindern, habe Israel selbst „die Hamas erschaffen“, sagte Borrell in einer Rede an der Universität der spanischen Stadt Valladolid. „Die Hamas wurde von der israelischen Regierung finanziert, um die Palästinensische Autonomiebehörde der Fatah zu schwächen“, sagte Borrell. (afp)

Hamas-Chef spricht mit türkischem Außenminister über Zweistaatenlösung

Vor dem Hintergrund anhaltender Kämpfe im Gazastreifen hat der politische Anführer der radikalislamischen Hamas, Ismail Hanija, bei einem Besuch in der Türkei über einen baldigen Waffenstillstand sowie eine Zweistaatenlösung „für einen dauerhaften Frieden“ gesprochen. Weitere Themen des Treffens mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan waren die Freilassung der Geiseln und eine Aufstockung der humanitären Hilfe, hieß es am Sonntag aus Diplomatenkreisen.

Demnach fand das Treffen zwischen Fidan und dem in Katar lebenden Hanija bereits am Samstag statt. Der letzte offizielle Kontakt zwischen den beiden Politikern war ein Telefonat am 16. Oktober – unmittelbar nach dem beispiellosen Überfall der Hamas auf Israel im Herbst 2023 und dem Beginn des daraus folgenden Krieges.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte seit Beginn des Konflikts angeboten, zwischen der Hamas und Israel zu vermitteln. Für ihn stellt die radikalislamische Palästinenserorganisation eine „Befreiungsbewegung“ dar, während er Israel mehrfach als „Terrorstaat“ bezeichnete. Bislang erfolgten jegliche Vermittlungsbemühungen jedoch über Katar und Ägypten. (afp)

Faeser: Terrorgefahr in Deutschland bleibt bis Ende des Gazakriegs hoch

Die Terrorgefahr in Deutschland wird nach Einschätzung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erst nach einem Ende des Gazakriegs wieder abnehmen. „Ereignisse wie der aktuelle Krieg in Nahost wirken sich auch auf unsere Sicherheit aus“, sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Mit der Länge des Krieges nimmt die Terrorgefahr nicht unbedingt weiter zu. Aber klar ist: Die Terrorgefahr bleibt hoch, solange der Krieg zwischen Israel und der Hamas andauert.“

„Wir haben eine erhöhte Gefährdungslage durch islamistischen Terror“, sagte Faeser weiter. Deswegen hätten die Sicherheitsbehörden rund um Weihnachten so starke Schutzmaßnahmen getroffen, als es eine Anschlagsdrohung am Kölner Dom gegeben habe.

Auch die Gefahr durch Einzeltäter, die sich im Netz radikalisierten, sei weiterhin „sehr hoch“, sagte die Innenministerin. Deshalb gehe das Bundeskriminalamt stark gegen Terrorpropaganda im Internet vor und lasse Kanäle etwa auf der Onlineplattform Telegram sperren. (afp)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.