+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Handys zeigten Raketen den Weg

Handynutzung durch russische Soldaten soll den ukrainischen Angriff auf eine Militärunterkunft in der Silvesternacht ermöglicht haben.

Baukräne arbeiten an einer Ruine

Die bei einem ukrainischen Angriff zerstörte russische Militärunterkunft in Makijiwka, Gebiet Donezk Foto: dpa

Russland korrigiert Zahl der getöteten Soldaten nach oben

Nach den ukrainischen Angriffen auf eine russische Militärunterkunft in Makijiwka im Gebiet Donezk hat das Verteidigungsministerium in Moskau die Zahl der getöteten eigenen Soldaten um mehr als 20 auf 89 nach oben korrigiert. Die Männer und auch der stellvertretende Kommandeur seien nach dem Raketenschlag in der Neujahrsnacht in den Trümmern des eingestürzten Gebäudes aus Stahlbeton gefunden worden, teilte Generalleutnant Sergei Sewrjukow in Moskau in der Nacht zum Mittwoch mit. Zuvor war von 63 Toten die Rede gewesen. Die Ukraine hatte die Unterkunft mit dem US-amerikanischen Mehrfachraketenwerfer Himars beschossen.

Sewrjukow räumte erstmals auch Fehler ein und bestätigte damit Medienberichte. Demnach war der Hauptgrund für die „Tragödie“, dass die Soldaten in der Neujahrsnacht trotz eines Verbots massenhaft ihre Mobiltelefone benutzt und damit die ukrainische Seite auf ihren Standort aufmerksam gemacht hätten. Demnach schossen die ukrainischen Streitkräfte sechs Raketen ab, von denen vier einschlugen und zwei abgefangen worden seien, hieß es. Die Ukraine hatte von 400 Toten und 300 Verletzten in Makijiwka (russisch: Makejewka) gesprochen.

Die Untersuchungen liefen zwar noch, aber so viel zu den Hintergründen sei schon klar, sagte Sewrjukow. „Dieser Faktor hat es dem Gegner ermöglicht, die Richtung zu bestimmen und die Koordinaten der Lage der Soldaten zu orten, um den Raketenschlag zu vollziehen.“ Gegenwärtig werde dafür gesorgt, dass sich das nicht wiederhole. Zudem würden die schuldigen Diensthabenden zur Verantwortung gezogen.

Nach Darstellung des Ministeriumsvertreters in Moskau wurde das Himars-System, aus dem geschossen worden war, geortet und zerstört. Bei Gegenfeuer hätten die russischen Truppen im Gebiet Donezk zudem vier Himars-Abschussrampen, vier Kampffahrzeuge, über 800 Geschosse zerstört sowie mehr als 200 Nationalisten und ausländische Legionäre getötet. Von unabhängiger Seite waren diese Angaben nicht überprüfbar.

Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Berichte über folgenreiche Fehler von russischen Kommandeuren in diesem Krieg. Die ukrainische Führung betonte wiederholt, dass die „Dummheit des Feindes“ es dem Militär bisweilen leicht mache, Erfolge zu erzielen. Kremlchef Wladimir Putin musste in dem von ihm am 24. Februar begonnenen Einmarsch in die Ukraine schon zahlreiche Niederlagen hinnehmen. (dpa)

Moskau meldet Drohnenangriff auf die Krim

Die russische Flugabwehr hat nach offiziellen Angaben einen Drohnenangriff auf die seit 2014 von Moskau annektierte Halbinsel Krim abgewehrt. „Die Flugabwehrsysteme haben am Morgen zwei unbemannte Flugobjekte über dem Meer in der Nähe von Belbek abgeschossen“, teilte der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, am Mittwoch in seinem Telegram-Kanal mit. Belbek ist ein russischer Militärflugplatz, der nach Kriegsbeginn bereits mehrfach von der ukrainischen Armee attackiert wurde.

Laut Raswoschajew arbeiten alle Systeme normal. Über Schäden, Tote und Verletzte gibt es offiziell keine Angaben. Zuvor hatten Medien und Anwohner in sozialen Netzwerken über Explosionsgeräusche aus der Richtung des Flughafens Belbek berichtet.

Russland versorgt seine Besatzungstruppen im Süden der Ukraine vor allem über die seit 2014 besetzte Krim. Immer wieder nimmt daher die Ukraine logistische und militärische Ziele auf der Halbinsel ins Visier. Die Rückgewinnung der Krim ist zudem eins der erklärten Ziele Kiews, nachdem der russische Angriffskrieg in den vergangenen Monaten zunehmend ins Stocken geriet. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, dass dies auf diplomatischem oder militärischem Wege erfolgen könne. (dpa)

Selenski ruft zur Stärkung der ukrainischen Verteidigung

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski rief derweil die internationale Gemeinschaft nach neuen russischen Raketenschlägen auf, die Verteidigungsfähigkeit seines Landes zu stärken. Die Ukraine bereite sich auf eine neue Mobilisierungswelle des „Terrorstaates“ Russland vor und müsse deshalb gewappnet sein, sagte Selenski in seiner am Dienstagabend in Kyjiw verbreiteten Videobotschaft. Nach Telefonaten mit den Regierungschefs der Niederlande, Großbritanniens, Norwegens und Kanadas forderte er, alles für eine Niederlage Russlands in dem Krieg zu tun.

Russland werde nichts unversucht lassen, um für sich eine Wende in dem Krieg zu erreichen und eine Niederlage zu vermeiden. „Wir müssen dieses Szenario der Russen zerstören“, sagte Selenski. „Die Terroristen müssen verlieren.“ Russland werde neue Reservisten mobilisieren, die es in den Tod schicke, meinte er. Die Ukraine wiederum müsse die zivilisierte Welt mobilisieren.

Der 44-Jährige verurteilte in seiner Ansprache auch den russischen Raketenschlag gegen das Eisstadion „Altair“ in Druschkiwka im Gebiet Donezk, wo auch Kinder trainiert hätten. Die Menschen hätten das Stadion lange als Ort der Freude erlebt. Die Zerstörung sei ein neuer Beweis dafür, dass Russland ein „Terrorstaat“ sei.

Selenski informierte zudem darüber, dass er bei einem Treffen mit der ukrainischen Militärführung über die Erfordernisse für das Land im Bereich Verteidigung und Energieversorgung gesprochen habe. Details nannte er nicht. Der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, informierte nach einem Gespräch mit US-Generalstabschef Mark Milley über „schwere Gefechte“ um die strategisch wichtigste Stadt Kreminna im Gebiet Luhansk und in Richtung Lyssytschansk.

Am schwersten sei die Lage im Raum Bachmut. „Dort versucht der Feind, faktisch auf den Leichen der eigenen Leute weiter voranzukommen“, sagte Saluschnyj. Allerdings verhinderten die ukrainischen Streitkräfte den feindlichen Vormarsch. (dpa)

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