+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Prigoschin wieder in Russland?

Lukaschenko behauptet, der Wagner-Chef halte sich in St. Petersburg auf. Bei Angriffen auf Lwiw sind in der Nacht mindestens vier Menschen gestorben.

Jewgeni Prigoschin sitzt an einem Tablet und spricht in die Kamera

The Elder Scrolls: Jewgeni Prigoschin soll laut Lukaschenko nach Russland zurückgekehrt sein Foto: Prigozhin Press/dpa/ap

Prigoschin laut Lukaschenko in St. Petersburg

Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, soll sich nach Angaben des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in Russland aufhalten. Prigoschin sei in St. Petersburg, teilte Lukaschenko am Donnerstag mit. Die Wagner-Truppen seien in den Lagern geblieben, in denen sie sich vor dem Aufstand gegen Moskau vor knapp zwei Wochen aufgehalten hätten. Wo sich diese Camps befinden, sagte er nicht. Die Söldner hatten vor dem Aufstand an der Seite russischer Angriffstruppen in der Ukraine gekämpft.

Lukaschenko hatte nach eigenen Angaben ein Abkommen vermittelt, unter dem Prigoschin den Aufstand am 24. Juni im Gegenzug für Straffreiheit und Sicherheitsgarantien beendete. Unter dem Abkommen durfte Prigoschin nach Belarus ziehen. Vergangene Woche teilte Lukaschenko mit, dass sich Prigoschin in Belarus befinde.

Auf die Frage, ob Prigoschin und die Söldner nach Belarus ziehen würden, gab Lukaschenko keine klare Antwort. Das hänge von den Entscheidungen des Wagner-Chefs und der russischen Regierung ab.

Lukaschenko äußerte sich, nachdem in russischen Medien berichtet worden war, dass Prigoschin in St. Petersburg gesehen worden sei. Seine Anwesenheit dort sei Teil von Vereinbarungen, denen zufolge Prigoschin seine Geschäfte dort abschließen dürfe. Medien berichteten, Prigoschin habe Bargeld zurückbekommen, das bei Razzien in seinen Büros beschlagnahmt worden sei. Zudem sei er wieder an eine kleine Waffensammlung gekommen, die er in seinem Zuhause in der Stadt aufbewahrt habe. St. Petersburg ist die zweitgrößte Stadt in Russland. (ap)

Angeblicher Anschlag in Russland vereitelt

Russische Sicherheitsbehörden haben nach eigenen Angaben einen aus der Ukraine gesteuerten Anschlag auf eine Energieanlage vereitelt. Dabei hätten Einsatzkräfte einen 38-jährigen Russen erschossen, als dieser die Sprengung einer Energieanlage in der ölreichen Region Tjumen in Westsibirien vorbereitet habe, teilt der Inlandsgeheimdienst FSB mit. Eine nicht näher genannte Zahl russischer Staatsbürger habe „im Auftrag von Vertretern ukrainischer paramilitärischer Gruppen“ einen Terrorakt geplant. Ein solcher Vorwurf wurde von russischer Seite zuletzt immer häufiger erhoben. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs kam es immer wieder zu Bränden und Explosionen in russischen Energie-, Bahn- und Militäranlagen. Selbsternannte Partisanengruppen haben sich zu einigen Anschlägen bekannt. Die Ukraine äußert sich selten öffentlich zu Angriffen in Russland. (rtr)

Lukaschenko bietet Verhandlungen an

Noch mal Lukaschenko: Der belarussische Präsident bietet der Ukraine und Russland an, Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen zu vermitteln. Details nennt Lukaschenko, der ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist, zunächst nicht. Er erwarte, dass die Ukraine vor dem Nato-Gipfel in der kommenden Woche in Vilnius noch etwas Ernsthaftes an der Front unternehmen werde, sagt Lukaschenko der Nachrichtenagentur Tass zufolge. Ein solcher Schritt würde aber dazu führen, dass die Ukraine ihre besten Reserven zerstören und ihre eigenen militärischen Fähigkeiten begraben würde. (rtr)

Tote und Verletzte durch russischen Beschuss in Cherson

Im südukrainischen Gebiet Cherson sind durch russischen Beschuss mindestens zwei Menschen getötet und zehn weitere verletzt worden. 84 russische Artillerieangriffe seien am Mittwoch registriert worden, teilte der ukrainische Militärgouverneur Olexander Prokudin am Donnerstag auf Telegram mit. Betroffen seien auch Wohngebiete. Allein 38 Geschosse seien auf die Stadt Cherson abgefeuert worden.

Cherson kämpft ebenso wie das gleichnamige Gebiet in der Südukraine weiterhin mit den Flutfolgen nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Anfang Juni. Dabei steht die Gebietshauptstadt immer wieder unter russischem Beschuss. (dpa)

Ukraine wehrt russische Angriffe ab

Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs konzentrieren die russischen Truppen ihre Hauptangriffe weiterhin auf die Richtungen Lyman, Bachmut, Awdijiwka und Marjinka im Osten des Landes. Luftangriffe habe es auch in den Gebieten Sumy und Charkiw gegeben.

Bei Bachmut hätten ukrainische Truppen russische Angriffe im Gebiet Donezk erfolgreich abgewehrt. Gleichzeitig habe das ukrainische Militär seine Offensiven südlich und nördlich von Bachmut fortgesetzt und seine Stellungen befestigt.

In den Gebieten Saporischschja und Cherson im Süden versuche der Gegner, das Vorrücken der ukrainischen Truppen zu verhindern. Mehr als 40 Ortschaften seien in der Region mit Artillerie beschossen worden. Die ukrainischen Verteidigungskräfte setzten sich auf neu erreichten Positionen fest. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen. (dpa)

HRW fordert Streumunition-Stopp

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch fordert die Ukraine und Russland auf, den Einsatz von Streumunition einzustellen. Zugleich verlangt sie von den USA, die ukrainische Bitte nach einer Lieferung dieser Munition abzulehnen. Sowohl bei russischen als auch bei ukrainischen Angriffen mit Streumunition seien Zivilisten getötet worden.

„Die von Russland und der Ukraine eingesetzte Streumunition tötet Zivilisten und wird dies noch viele Jahre lang tun“, erklärt Mary Wareham, Direktorin für Waffenfragen bei Human Rights Watch. Sie verweist dabei auch auf Blindgänger, die oft erst später detonieren. Beide Seiten sollten die Verwendung sofort stoppen und nicht versuchen, mehr von diesen wahllos tötenden Waffen zu bekommen. Mehr als 120 Länder haben ein Abkommen zur Ächtung von Streumunition unterzeichnet. Russland, die Ukraine und die USA gehören nicht dazu. (rtr)

Vier Tote bei Raketenangriff auf westukrainische Stadt Lwiw

Bei einem Raketenangriff auf ein Wohngebiet der westukrainischen Stadt Lwiw (Lemberg) sind in der Nacht zum Donnerstag nach Angaben des Innenministeriums vier Menschen getötet worden. Mindestens neun Menschen seien verletzt worden, teilte das Ministerium bei Telegram mit. Eine Such- und Rettungsaktion sei im Gang. Mehr als 60 Menschen wurden den Angaben zufolge aus den zerstörten Häusern evakuiert. Sieben Personen seien aus den Trümmern gerettet worden.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski kündigte an, dass es „definitiv eine Antwort auf den Feind“ geben werde. „Eine spürbare“, schrieb er bei Telegram. Auf Videos sind stark beschädigte und teilweise fast ganz zerstörte Wohnhäuser eines ganzen Straßenzugs zu sehen. Selenski schrieb dazu: „Folgen des nächtlichen Angriffs durch russische Terroristen.“

Der Bürgermeister von Lwiw, Andrij Sadowyj, sprach von dem schwersten Angriff auf die zivile Infrastruktur von Lwiw seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vor mehr als 16 Monaten. Mehr als 50 Häuser seien zerstört worden.

In Lwiw halten sich auch viele Flüchtlinge aus den umkämpften Gebieten im Osten der Ukraine auf. Bis Juni war es in der Stadt im Westen des Landes längere Zeit relativ ruhig geblieben. Dann aber wurde sie wieder Ziel von Luftangriffen. Die Ukraine hatte Anfang Juni eine Gegenoffensive begonnen. (dpa)

IAEA fordert mehr Zugang im AKW Saporischschja

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) fordert angesichts von Warnungen vor möglichen Sabotageakten im russisch besetzten Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine einen erweiterten Zugang für seine dort stationierten Beobachter. Die IAEA-Experten hätten in den vergangenen Tagen und Wochen Teile der Anlage inspiziert – darunter Abschnitte des großen Kühlbeckens – und auch regelmäßige Rundgänge durchgeführt, hieß es in einer IAEA-Mitteilung vom Mittwoch.

Dabei seien bisher keine Hinweise auf Minen oder Sprengsätze gefunden worden, sagte IAEA-Direktor Rafael Mariano Grossi. Die Experten hätten nun zusätzlichen Zugang eingefordert, um zu bestätigen, dass auf dem Gelände weder Minen noch Sprengstoff ausgelegt wurden.

„Angesichts steigender militärischer Spannungen und Aktivitäten in der Region rund um die größte Atomanlage Europas muss es uns möglich sein, die Fakten vor Ort zu überprüfen“, sagte Grossi. Ihre unabhängigen und objektiven Berichte könnten helfen, die Situation aufzuklären. Insbesondere sei der Zugang zu den Dächern der Reaktoreinheiten 3 und 4 sowie zu Teilen der Turbinenhallen und einigen Teilen des Kühlsystems der Anlage von entscheidender Bedeutung, fügte Grossi hinzu.

Zuvor hatten sich die Regierungen in Moskau und Kyjiw gegenseitig eines angeblich unmittelbar bevorstehenden Anschlags auf das Atomkraftwerk im Süden der Ukraine bezichtigt. Das russische Militär habe auf den Dächern mehrerer Reaktorblöcke Gegenstände platziert, die Sprengstoff ähnelten, sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Aus Moskau hieß es dagegen, die ukrainischen Streitkräfte planten selbst einen Angriff auf das AKW, das nahe der Front liegt.

Grossi sagte der Mitteilung zufolge zudem, das IAEA-Team habe in jüngster Zeit keine Beschüsse oder Explosionen gemeldet und fügte hinzu, dass die Militärpräsenz vor Ort offenbar unverändert sei.

Gleichzeitig habe das IAEA-Team berichtet, dass die einzige, zu Wochenbeginn unterbrochene externe Hauptstromleitung wieder repariert worden sei. Grossi hatte in der Folge des Ausfalls dieser Leitung am Dienstag von einer prekären nuklearen Sicherheitslage im Kraftwerk gesprochen. (dpa)

Schweden sucht Einigung mit Türkei kurz vor Nato-Gipfel

Wenige Tage vor dem Nato-Gipfel kommen Vertreter Schwedens und der Türkei am Donnerstag in Brüssel zusammen. Die schwedische Regierung hofft bei dem Treffen im Nato-Hauptquartier auf Bewegung der Türkei im Streit um den Beitritt Schwedens zur Militärallianz. Die Türkei hat allerdings deutlich gemacht, dass sie sich Druck nicht beugen will.

Ankara wirft Schweden vor, ein Zufluchtsort für „Terroristen“ zu sein, womit vor allem Mitglieder der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gemeint sind. Neben Ungarn ist die Türkei das einzige der 31 Nato-Länder, das die Beitrittsakte Schwedens noch nicht ratifiziert hat. Diplomaten hoffen, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan beim Gipfeltreffen in der litauischen Hauptstadt Vilnius ab Dienstag einlenkt. (afp)

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