+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland beschießt Erholungsgebiet

Bei dem Angriff nahe Charkiw sterben am Sonntag mindestens fünf Zivilisten. Die Ukraine wiederum meldet die Zerstörung eines russischen Minensuchboots.

Eine Frau schaut traurig durch eine Wandöffnung, in der sich einmal ein Fenster befand

Maryna schaut durch das Fenster ihres beschädigten Hauses nach einem russischen Luftangriff auf ein Wohnviertel in Charkiw am Samstag Foto: Evgeniy Maloletka/dpa

Drohnenwelle gegen russische Ziele

Die ukrainischen Streitkräfte haben erneut massiv Ziele auf russischem Territorium mit Drohnen attackiert. Mehr als hundert Drohnen seien über russischem Gebiet abgefangen und zerstört worden, teilten die russischen Behörden mit. In der Oblast Krasnodar, die im Süden Russlands am Schwarzen Meer liegt, wurde örtlichen Behörden zufolge eine Ölraffinerie getroffen. Aus ukrainischen Geheimdienstkreisen verlautete, Ziel des Angriffs durch das Militär und den Inlandsgeheimdienst SBU sei zudem ein Militärflugplatz gewesen. „Das ist der zweite Angriff mit SBU-Drohnen auf den Militärflugplatz Kuschtschewska und die Raffinerie Slawjansk in den vergangenen drei Wochen“, sagte ein Insider.

Der ukrainische Angriff habe in der Nacht zu Sonntag stattgefunden, verlautete aus den ukrainischen Geheimdienstkreisen. Auf dem Flugplatz seien Dutzende verschiedene Militärflugzeuge stationiert.

Russischen Behörden zufolge schlugen auf dem Gelände der Ölraffinerie in der Stadt Slawjansk sechs Drohnen ein. Laut der Nachrichtenagentur Interfax stellte die Raffinerie daraufhin den Betrieb zunächst ein. Es sei aber kein Feuer ausgebrochen, meldete die staatliche Agentur Tass.

Der ukrainische Luftangriff auf Russland ist nach Angaben aus Moskau größer ausgefallen als zunächst gemeldet. Das Verteidigungsministerium teilte mit, dass die Luftabwehr in den vergangenen 24 Stunden 103 ukrainische Drohnen und zwölf von den USA gelieferte ATACMS-Raketen abgeschossen habe. Zuvor hatte das Ministerium davon gesprochen, dass die Ukraine mit neun ATACMS-Raketen die annektierte Halbinsel Krim und mit mindestens 60 Drohnen russische Regionen angegriffen habe.

Seit die russischen Invasionstruppen Anfang des Monats eine neue Bodenoffensive in Charkiw gestartet haben, hat die Ukraine ihre Drohnenangriffe auf russisches Gebiet verstärkt. Sie sollen der Regierung in Kiew zufolge die Logistik und den Nachschub des russischen Militärs treffen. Russland will nach eigenen Angaben zum Schutz vor solchen Luftangriffen in der Region Charkiw eine Pufferzone schaffen. (rtr)

Intensivierung der Kampfhandlungen in der Region Charkiw

Bei russischen Raketenangriffen sind in einem Erholungsgebiet nahe der ostukrainischen Stadt Charkiw mindestens 5 Menschen getötet und weitere 16 verletzt worden. Charkiws Bürgermeister Ihor Terechow sprach am Sonntag von „Terror gegen friedliche Bewohner, gegen unser Recht auf Leben, gegen alles Menschliche und Gerechte“. Unter den Toten sei auch eine schwangere Frau, hieß es. Die Region Charkiw, die an Russland grenzt, wird seit Wochen massiv beschossen.

Ukrainische Medien veröffentlichten Fotos von unkenntlich gemachten Körpern auf dem Boden. Die Menschen sollen den Sonntag zur Erholung dort genutzt haben als die Raketen einschlugen. Die Behörden weisen immer wieder auf die Lebensgefahr im Kriegsgebiet hin. Bei Angriffen ertönt Luftalarm, bei dem sich Menschen in Sicherheit bringen sollen.

Der ukrainische Generalstab meldete am Sonntag eine Intensivierung der Kampfhandlungen in der Region Charkiw. Demnach verstärkte Russland seine Angriffe deutlich. Am Nachmittag seien im Bezirk Kupjansk fünf weitere Zivilisten getötet und neun verletzt worden, schrieb der Gouverneur der Region, Oleh Synjehubow, auf Telegram mit. Die russischen Streitkräfte hätten in dem Bezirk zwei Dörfer angegriffen. Medien berichteten, dass Tausenden Menschen bei Evakuierungsaktionen in Sicherheit gebracht worden seien. Charkiws Bürgermeister Techerow rief die Menschen auf, vorsichtig zu sein. (dpa/rtr)

Ukraine: Russisches Minensuchboot zerstört

Die ukrainischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben ein Minensuchboot der russischen Schwarzmeerflotte zerstört. Dabei handele es sich um ein Schiff vom Typ Kowrowez, teilt die ukrainische Marine auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Es sei in der Nacht auf Sonntag zerstört worden. (rtr)

Selenskyj erneuert Forderung nach Luftabwehrsystemen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte die westlichen Verbündeten erneut auf, die Ukraine mit zusätzlichen Luftabwehrsystemen zu versorgen. „Die Welt kann den russischen Terror stoppen – und dafür muss der Mangel an politischem Willen unter den Staats- und Regierungschefs überwunden werden“, erklärte er auf Telegram. „Zwei Patriots für Charkiw werden einen grundlegenden Unterschied machen.“ (rtr)

Russische Drohnenangriffswelle erfolgreich abgewehrt

Eine erfolgreiche Abwehr eines größeren russischen Luftangriffs meldete die Ukraine aus anderen Gebieten. Russland habe in der Nacht mit 37 Angriffsdrohnen die Regionen Kiew, Odessa, Mykolajiw, Sumy, Winnyzja, Schytomy, Tscherkassy und Cherson attackiert, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Alle Drohnen vom iranischen Typ Schahed seien von der Luftabwehr abgeschossen worden. (rtr)

40 Prozent wollen bei Ukrainehilfe sparen

Im Streit um den Bundeshaushalt sehen die Menschen in Deutschland laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa Einsparpotenzial unter anderem bei der Unterstützung der Ukraine. 40 Prozent der Befragten antworteten entsprechend auf die Frage „Wo sollte die Regierung Ihrer Ansicht nach sparen?“, wie die Bild berichtet. 38 Prozent nannten die Entwicklungshilfe, 36 Prozent meinten den Angaben zufolge, dass beim Bürgergeld gespart werden sollte. Zur Auswahl standen zehn Felder, in denen gespart werden könnte. Mehrfachnennungen waren möglich.

Wenige Umfrageteilnehmer wollen demnach in den Bereichen Rente (6 Prozent), Leistungen für Familien (8 Prozent) und Wirtschaftsförderung (9 Prozent) sparen. Bei Verteidigung und Bundeswehr sind laut Umfrage 16 Prozent für Einsparungen. 10 Prozent der Befragten antworteten, dass die Regierung nicht sparen sollte. (dpa)

Pistorius: Militärhilfe für Ukraine um 3,8 Milliarden aufstocken

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will einem Bericht zufolge die Militärhilfe für die Ukraine noch in diesem Jahr deutlich aufstocken. Wie die Bild am Sonntag meldet, hat das Ministerium einen Mehrbedarf von 3,8 Milliarden für die militärische Unterstützung der Ukraine angemeldet. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte den Bericht am Sonntag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nicht bestätigen.

Laut Bericht hat die Ampel bislang in diesem Jahr 7,1 Milliarden Euro für die Ukraine-Militärhilfe bereitgestellt. Allerdings sei die Summe fast vollständig verplant, lediglich 300 Millionen seien noch offen für neue Munition- und Waffenkäufe, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Noch im Juni solle dem Parlament die überplanmäßige Ausgabe zur Genehmigung vorgelegt werden – inklusive einer Gegenfinanzierung.

Das Finanzministerium von Ressortchef Christian Lindner (FDP) signalisierte generell Zustimmung zu Aufstockung der Hilfe, wurde der dpa in Regierungskreisen bestätigt.

Mit dem Haushaltsposten Militärhilfe bezahlt Deutschland laut Bericht Kriegsgüter, die die Ukraine direkt bei der Industrie einkauft. Außerdem werden damit Nachbestellungen von Waffen finanziert, die die Bundeswehr an die ukrainische Armee abgegeben hat. (dpa)

Selenskyj erinnert an Deportation der Krimtataren

Zum 80. Jahrestag der Deportation der Krimtataren durch die Sowjets hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an ihr Schicksal erinnert. Doch er zog auch Vergleiche mit der aktuellen Besetzung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim durch Russland. „Heute, da wir der Opfer der Deportation der Krimtataren gedenken und den Missbrauch der Krim durch Russland verurteilen, spüren wir, dass das russische Böse nicht allmächtig ist und auch nicht sein wird“, sagte er am Samstag in seiner abendlichen Videoansprache.

Der Sowjet-Diktator Stalin hatte die Krimtataren vom 18. Mai 1944 an wegen ihrer Zusammenarbeit mit der Wehrmacht und den deutschen Besatzungstruppen nach Zentralasien in das heutige Usbekistan deportieren lassen. Innerhalb weniger Tage wurden nach heutigen Erkenntnissen fast 200 000 Menschen in Güterzügen unter unmenschlichen Bedingungen abtransportiert. Sie durften erst nach 1989 zurückkehren, etablierten sich neu in ihrer alten Heimat und klagen heute über die Missachtung ihrer Menschenrechte durch die russischen Besatzer.

„Die Zeit des Besatzers auf unserem Land ist begrenzt, und seine Vertreibung ist unvermeidlich“, erklärte Selenskyj weiter. Die Besetzung der Krim durch Russland im Jahr 2014 sei ein Test der Entschlossenheit für die Welt gewesen. „Damals gab es keine angemessene Reaktion, und (Kremlchef Wladimir) Putin beschloss, dass er über die Krim hinauswachsen und ungestraft noch mehr Böses tun könnte.“ Doch mit der Invasion in die Ukraine vor über zwei Jahren sei der Widerstandswillen der Ukrainer geweckt worden.

Der damalige historische Punkt mit der Deportation der Krimtataren werde für die Ukraine nie wieder eine Randnotiz der Geschichte sein. „Moskau wird niemals eine Chance haben, unser Land, unser Volk, unser Bewusstsein und unsere Geschichte zu erobern“, sagte Selenskyj. (dpa)

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