Kräuterdrogen sollen erst mal legal bleiben

EUROPÄISCHER GERICHTSHOF Polizei darf „Legal-High“-Produkte nicht mehr als illegale Arzneimittel einstufen

Die Richter kamen zu dem Schluss, dass Drogen keine Arznei sind

FREIBURG taz | Der Verkauf so genannter „Legal-High“-Drogen darf nicht nach dem Arzneimittelrecht bestraft werden. Das entschied jetzt in zwei Fällen aus Deutschland der Europäische Gerichtshof (EuGH).

„Legal High“-Drogen heißen so, weil ihre Inhaltsstoffe „high“ machen, aber noch nicht im Betäubungsmittelgesetz erfasst sind. Meist geht es dabei um künstliche Cannabinoide, die beim Rauchen ähnliche Wirkungen wie Marihuana erzeugen. Sie werden für den Verkauf mit Kräutern versetzt und meist als „Kräutermischung“ angeboten. Das erste derartige Produkt kam 2008 unter dem Namen „spice“ auf den Markt.

Solange eine Bestrafung der Händler nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht möglich ist, griffen Polizei und Justiz zu einem Trick und bezeichneten die Kräutermischungen als illegale Arzneimittel. Ob dieser Trick zulässig ist, musste jetzt – auf Vorlage des Bundesgerichtshofs – der EuGH entscheiden.

Die EU-Richter kamen dabei zum Schluss, dass derartige Drogen keine Arzneimittel im Sinne der EU-Arzneimittelrichtlinie darstellen. Cannabinoide seien nicht geeignet, „der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein“. Für die Einstufung als Arzneimittel genüge es nicht, dass die körperlichen Funktionen lediglich „beeinflusst“ werden.

Die Richter stellten zwar fest, dass die Pharmaindustrie zeitweise Test mit synthetischen Cannabinoiden durchführte. Diese mussten aber schnell abgebrochen werden, weil die Stoffe zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Erbrechen, Herzrasen, Wahnvorstellungen und Kreislaufversagen führten.

Die EU-Entscheidung bindet die deutsche Polizei ab sofort. Sie kann legale Drogen nun nicht mehr als illegale Arzneimittel behandeln. Die Bundesregierung muss nun versuchen, unerwünschte psychoaktive Substanzen so schnell wie möglich in die Liste der strafbaren Betäubungsmittel aufzunehmen. So wurden etwa im Juli 2012 gleich 28 neue Stoffe für strafbar erklärt.

Allerdings werden die gelisteten Substanzen meist alsbald durch neue, noch legale Stoffe ersetzt. Die Bundesregierung prüft deshalb schon länger, ob auch ganze „Stoffgruppen“ und nicht nur einzelne Substanzen für strafbar erklärt werden können. Österreich hat 2012 eine derartige Regelung bereits beschlossen. Az.: C-358/13 u.a.

CHRISTIAN RATH