Ein Bombardement mit Folgen

NACHSPIEL Der Angriff auf zwei Tanklaster in Nordafghanistan beschäftigte die deutsche Politik und Justiz auf mehreren Ebenen

BONN taz | Anfangs war es vor allem die deutsche Politik und ihre Informationspolitik, die im Fokus des Interesses stand: Zunächst bestritten die Bundeswehr und der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Jung, dass bei dem Bombardement zweier Tanklaster im afghanischen Kundus Zivilisten getroffen worden seien. Alle Opfer seien Taliban gewesen, hieß es. Das deutsche Bundeswehrlager in Kundus sei bedroht gewesen. Die von den Taliban entführten Tanklaster hätten als „rollende Bomben“ eingesetzt werden sollen. Aufklärung kam vor allem von der amerikanischen Isaf-Führung und der Bild-Zeitung, die einen geheimen Feldjäger-Bericht veröffentlichte.

Die Bundesregierung geriet bald in Verdacht, zivile Opfer gezielt zu verschweigen, weil die Bundestagswahl am 27. September 2009 bevorstand. Nach der Wahl wechselte Jung zwar ins Arbeitsministerium, trat jedoch im November 2009 zurück. Jungs Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entließ parallel dazu seinen Staatssekretär Peter Wichert und den Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, von denen er sich schlecht informiert fühlte.

Verfahren eingestellt

Die Bundesanwaltschaft stellte im April 2010 ein Ermittlungsverfahren gegen den deutschen Kommandeur Oberst Georg Klein und seinen Flugleitoffizier Markus W. ein. Sie hätten kein Kriegsverbrechen begangen. Da sie davon ausgegangen waren, dass am Tatort ausschließlich Aufständische anwesend waren, hätten sie keinerlei Vorsatz gehabt, Zivilisten zu töten. Sie hätten den Angaben eines afghanischen Informanten vor Ort vertraut. Georg Klein wurde 2013 zum Brigadegeneral befördert.

Im Bundestag untersuchte der Verteidigungsausschuss den Vorfall als Untersuchungsausschuss. Im Abschlussbericht kamen die Abgeordneten im Oktober 2011 zu keinem gemeinsamen Schluss. Die Mehrheit aus CDU/CSU und FDP war der Meinung, Oberst Klein habe „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt. Der Bombenbefehl sei „nachvollziehbar“ gewesen. Die SPD-Mitglieder dagegen sprachen von „schweren militärischen Fehlern“. Grüne und Linke kamen in jeweils eigenen Sondervoten zum Schluss, dass der von Oberst Klein angeordnete Luftschlag sogar „völkerrechtswidrig“ war.

Vor dem Landgericht Bonn protestierten am Mittwoch linke Gruppen und forderten „Strafverfolgung für deutsche Kriegsverbrecher“. CHRISTIAN RATH