Batterien nicht aufgeladen

JUSTIZ Entlassener Straftäter muss in Haft, weil er seine elektronische Fußfessel nicht richtig gewartet hat

Die Richterin verdreht die Augen. Immer wieder geht ihr Blick zur Uhr. Im Januar hatte der 51-jährige Rudolf B. schon einmal als Angeklagter vor ihr gesessen. Auf Antrag seines Verteidigers hatte sie das Verfahren aussetzen müssen, weil dieser eine psychiatrische Begutachtung seines Mandaten verlangt hatte.

Am Montag nun beginnt der Prozess also von vorn. Verstoß gegen die Führungsaufsicht, lautet die Anklage. Rudolf B. gehört zu rund 60 entlassenen Straftätern in der Bundesrepublik, die eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Die Batterien des Gerätes hatte er aber nicht so regelmäßig aufgeladen, wie er soll. Manchmal war die Fußfessel für ein paar Minuten aus, manchmal für Stunden, am Ende waren es Tage. Auch der Weisung, sich regelmäßig bei der Polizei und seinem Bewährungshelfer zu melden, war B. nicht immer nachgekommen. 87 Verstöße gegen Weisungen der Führungsaufsicht listet der Staatsanwalt auf.

Zum Prozess wird B. aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Der kräftige Mann mit Glatze ist, anders als die meisten Fußfesselträger, kein Sexualstraftäter. Das Landgericht Nürnberg hatte ihm das Gerät verordnet, nachdem er in der Haftanstalt Straubing eine siebeneinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen schweren Raubes verbüßt hatte. Unmittelbar nach seiner Entlassung im April 2013 war der Mechaniker nach Berlin umgezogen.

Das Gerät habe ihn mit großer Scham erfüllt, verteidigt B. am Montag seine Versäumnisse. „Alle halten einen damit für einen Sexualstraftäter.“ Sein Bewährungshelfer bekundet vor Gericht als Zeuge große Zweifel am Sinn der Fußfessel bei B. Eigentlich würden Fußfesseln aus Opferschutzgründen verhängt. In Berlin gebe es aber kein Opfer, das vor B. geschützt werden müsse.

Der Staatsanwalt fordert ein Jahr und zehn Monate Haft für den Angeklagten. Der Verteidiger Philipp Albers findet das vollkommen unangemessen. Der Angeklagte habe keine Straftaten begangen, die die Anordnung der Fußfessel rechtfertigen würden. Nie sei ein Gefährlichkeitsgutachten über ihn erstellt worden. B. sei ein chaotischer Mensch, der Schwierigkeiten habe, sein Leben zu gestalten. Eine Führungsaufsicht solle eine Lebenshilfe sein und keine Beschwernis, so der Anwalt. Fünf Monate Untersuchungshaft seien Strafe genug dafür, dass B. eine Batterie nicht aufgeladen habe.

Die Richterin indes zeigt sich unbeeindruckt. Ein Jahr Haft, lautet das Urteil. PLUTONIA PLARRE