Summen statt sterben

BIENEN Nach wochenlangem Gezerre untersagt die EU drei gefährliche Pestizide – zumindest auf Zeit. Umweltschützer fordern mehr

„Das Verbot war überfällig, reicht aber nicht aus“

HUBERT WEIGER, BUND

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

Beim Thema Bienensterben hatten in Brüssel lange die Pharmalobbyisten die Lufthoheit. Mit einer massiven Lobbykampagne verhinderten sie EU-Beschlüsse zum Verbot von Pestiziden. Doch nun ist Besserung in Sicht: Gestern haben die 27 EU-Staaten den Weg für ein Teilverbot von drei Pestiziden freigemacht, die mit dem Bienensterben in Verbindung gebracht werden.

Damit setzten sie sich über Bedenken des deutschen Pharmakonzerns Bayer und die zögerliche Haltung der Bundesregierung hinweg. Noch im März hatte sich Berlin gegen Verbote für umstrittene Chemikalien ausgesprochen. Die Bundesregierung setze die Interessen der Pharmakonzerne über den Naturschutz, kritisierte Greenpeace deswegen noch am Montag in Brüssel.

Doch dann kam der überraschende – und entscheidende –Sinneswandel. Deutschland änderte seine Haltung und stimmte für das Verbot. Französische Diplomaten setzten die gute Nachricht für die kleinen Brummer prompt per Tweet in die Welt. EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg jubelte: „Ich werde mein Äußerstes tun, um unsere Bienen zu schützen“, versprach er.

Schließlich sei die Bestäubungsarbeit der kleinen Brummer Gold wert – auf bis zu 22 Milliarden Euro schätzen Experten den Jahresbeitrag der Bienen zur Landwirtschaft. Doch dieser beeindruckenden Zahl hätte es gar nicht mehr bedurft. Denn am Ende haben sich Anhänger und Gegner eines Pestizidverbots selbst blockiert. 15 Staaten sprachen sich für das Verbot aus, acht dagegen. Die für eine Entscheidung nötige qualifizierte Mehrheit kam nicht zustande.

Weil sich die EU-Staaten nicht einig sind, hat nun die EU-Kommission das letzte Wort – und die ist für ein Verbot. Borg hatte vorgeschlagen, die drei Pestizide aus der Gruppe der sogenannten Neonikotinoide für den Anbau von Mais, Sonnenblumen, Raps sowie Baumwolle für vorerst zwei Jahre zu verbieten.

Das Teilverbot soll im Dezember in Kraft treten und zunächst für zwei Jahre gelten. Für Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien wird sich dadurch allerdings wenig ändern, da dort schon weitreichende Schutzmaßnahmen gelten. Deutschland hatte den Einsatz der Pestizide bereits 2009 eingeschränkt. Ihre zögerliche Haltung begründete die Bundesregierung daher offiziell mit der Sorge, die hohen Schutzstandards könnten verwässert werden.

In Wahrheit steht aber wohl massive Lobbyarbeit dahinter. Obwohl die EU-Lebensmittelbehörde Efsa bereits im Januar vor einem „hohen akuten Risiko“ durch Pestizide für die Bienen gewarnt hatten, setzen Bayer und andere Konzerne alle Hebel in Bewegung, um ein Verbot zu verhindern. Dagegen hielten Bürgerinitiativen, die fast drei Millionen Unterschriften für einen Pestizid-Bann sammelten. Am Ende setzten sich die Umweltschützer durch.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßte die Entscheidung. „Das Verbot war überfällig, reicht aber nicht aus“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Die drei Wirkstoffe und alle für Bienen und andere bestäubende Insekten schädliche Pestizide müssten generell vom Markt genommen werden. Außerdem müsse die Forschung nach Alternativen zu Neonikotinoiden intensiviert werden. „Das Überleben der Bienen ist überlebenswichtig für uns Menschen“, sagte Weiger.