KOMMENTAR VON CHRISTIAN RATH ZUR VORRATSDATENSPEICHERUNG
: Demonstratives Nichtstun

Wenn es Heiko Maas ernst meint, muss er sich mit der eigenen Partei anlegen

Der neue Justizminister Heiko Maas (SPD) ist noch recht unbekannt. Doch das wird sich wohl bald ändern. Kaum ist er im Amt, fordert er die innenpolitischen Hardliner der CDU/CSU heraus – mit seiner Ankündigung, er werde die im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorratsdatenspeicherung erst einmal auf Eis legen, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die entsprechende EU-Richtlinie geurteilt hat.

Maas wollte offensichtlich ein Zeichen setzen. Denn es gab keinen Grund, das Nichtstun in Sachen Vorratsdatenspeicherung jetzt so demonstrativ an die große Glocke zu hängen. Der Minister hätte einfach abwarten können, wie der EuGH im Frühjahr entscheidet. So aber hat er sich gleich mal als Blockademinister profiliert, vor allem mit seiner Erklärung, dass die Geschäftsgrundlage der Vorratsdatenspeicherung entfalle, wenn der EuGH die Richtlinie vollständig kassiere.

Zwar ist abzusehen, dass der EuGH inhaltlich nur marginale Änderungen verlangen wird – etwa eine Verkürzung der Speicherdauer der Telekom-Daten von zwei Jahre auf ein Jahr. Inhaltlich ist derartiges für Deutschland völlig irrelevant, weil hier immer schon strengere Standards vorgesehen waren. Entscheidend ist aber, ob der EuGH die Richtlinie für nichtig erklärt oder sie bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar bleibt.

Falls die Richtlinie erst mal wegfällt und Maas sich deshalb nicht mehr an den Koalitionsvertrag gebunden fühlt, wird es spannend. Denn dann könnte es Jahre dauern, bis die Richtlinie neu ausgehandelt ist. Und so lange kann sich die deutsche Politik nicht mehr hinter einer EU-Vorgabe verstecken.

Dann müsste Maas aber, wenn er wirklich ein Bürgerrechtsminister werden will, nicht nur den Konflikt mit der Union wagen, sondern auch mit seiner Partei. Bisher hat die SPD die Vorratsdatenspeicherung befürwortet, vor allem die SPD-Innenminister in den Ländern. Vermutlich würde Maas schnell einknicken.

Maas’ erstes rechtspolitisches Lebenszeichen stößt bei den bisherigen Gegnern der Vorratsdatenspeicherung deshalb auf große Skepsis. Zwar ist die verdachtlose Datensammelei unter dem Eindruck der NSA-Affäre in der Öffentlichkeit zu Recht so unpopulär wie nie. Doch wenn die SPD die Vorratsdatenspeicherung nun ernsthaft ablehnt, hätte sie das ja schon in den Koalitionsverhandlungen deutlich sagen können.

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