Ein weiterer Prozess gegen Silvio Berlusconi

ITALIEN Der frühere Regierungschef soll einen Senator mit drei Millionen Euro bestochen haben, damit dieser das Lager wechselt. Abtrünniger brachte die Mitte-links-Regierung unter Romano Prodi zu Fall

ROM taz | Italiens Exregierungschef Silvio Berlusconi muss wieder vor Gericht. Am 11. Februar 2014 wird in Neapel der Prozess beginnen, in dem es um den Stimmenkauf von Abgeordneten geht, mit dem Berlusconi 2008 den Sturz der Mitte-links-Regierung unter Romano Prodi erreicht haben soll. Konkret geht es um den Senator Sergio De Gregorio, der geschmiert worden sein soll, um die Fronten zu wechseln. Prodi hatte 2006 mit einer breitgefächerten Mitte-links-Koalition zwar die Wahlen gewonnen. Doch im Senat verfügte sein Bündnis nur über eine Mehrheit von einer Stimme.

Hier setzte Berlusconi den Hebel an, wenn man dem Kronzeugen – eben jenem De Gregorio – glauben darf. Ausgerechnet auf der Liste der kleinen, mit Prodi verbündeten Antikorruptionspartei „Italien der Werte“ war De Gregorio gewählt worden. Sofort nach der Wahl scherte er aus dem Mitte-links-Bündnis aus. Von 2007 an stimmte er regelmäßig gegen die Regierung und trug im Misstrauensvotum vom Januar 2008 entscheidend zum Sturz Prodis bei. Sein Engagement hatte einen Preis: De Gregorio sagte aus, in den Jahren 2006 bis 2008 drei Millionen Euro erhalten zu haben: legal – als Spende für seine politischen Aktivitäten – sei bloß die Zahlung einer Million erfolgt, der große Rest hingegen sei schwarz geflossen.

Zum ersten Mal muss Berlusconi sich damit einem Prozess stellen, in dem es um ein Verbrechen geht, das er unmittelbar als Politiker begangen haben soll. Die letztinstanzliche Verurteilung vom 1. August wegen Steuerhinterziehung zu vier Jahren Haft hatte dem Unternehmer Berlusconi gegolten, die wenige Wochen zuvor erfolgte Verurteilung in erster Instanz (sieben Jahre Haft wegen Förderung der Prostitution einer Minderjährigen) dem Mann mit einem allzu bewegten Privatleben. Damit ist der juristische Ärger für Berlusconi jedoch keineswegs zu Ende.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn, weil er in dem Prozess wegen Prostitution zahlreiche als Zeuginnen geladene Teilnehmerinnen seiner Partys mit üppigen Zahlungen zur Falschaussage angestiftet haben soll. Aus dem Umkreis Berlusconis verlautet jetzt, der Mann befürchte die Ausstellung von Haftbefehlen durch die Staatsanwaltschaften Neapel oder Mailand, sobald der Senat seinem Mandatsverlust zugestimmt hat. MICHAEL BRAUN