Informanten sind geschützt

PRESSEFREIHEIT Anders als bei der „Guardian“-Affäre in Großbritannien darf in Deutschland redaktionelles Material nicht einfach so beschlagnahmt werden

FREIBURG taz | Der Informantenschutz in Deutschland scheint deutlich besser zu sein, als der in Großbritannien. Eine deutsche Zeitung müsste nicht ihre Festplatten zerstören, um eine Beschlagnahme zu verhindern.

Wie jetzt bekannt wurde, hat die britische Regierung die Zeitung Guardian mehrfach aufgefordert, eine Festplatte mit Daten des Whistleblowers Ed Snowden zu vernichten. Der Guardian ließ sich letztlich darauf ein, weil er eine Beschlagnahme des Datenträgers befürchtete. Die Vernichtung wurde dann vom britischen Geheimdienst GCHQ überwacht.

Eine deutsche Zeitung müsste sich, wenn sie gut beraten und selbstbewusst genug ist, auf solche Angebote nicht einlassen. Denn der Informantenschutz geht in der Regel der Strafverfolgung vor.

In der Strafprozessordnung ist ausdrücklich geregelt, dass redaktionelle Unterlagen nicht beschlagnahmt werden dürfen. Einzige Ausnahme: Es wird gegen die Journalisten selbst ermittelt. Doch auch dann muss die Beschlagnahme die einzige Möglichkeit sein, den Sachverhalt aufzuklären und mit Blick auf die Pressefreiheit verhältnismäßig sein. Im konkreten Fall wird bisher nur (in den USA) gegen den Informanten Ed Snowden ermittelt. Dies könnte die Durchsuchung einer deutschen Redaktion nicht rechtfertigen, weil hier der Informantenschutz in vollem Umfang gilt.

Gegen den Guardian selbst wird bisher nicht ermittelt. Und auch in Deutschland wäre in vergleichbarer Lage eine Ermittlung gegen die Zeitung nicht möglich. Denn seit 2012 ist die Beihilfe zum Geheimnisverrat für Journalisten nicht mehr strafbar, wenn sie ein Dienstgeheimnis veröffentlicht haben. Eine Beschlagnahme des Datenträgers könnte also nicht mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Zeitung begründet werden.

Möglich ist die Sicherstellung von Gegenständen allerdings auch zur Vermeidung unmittelbar bevorstehender Straftaten. Grundlage hierfür wären die Polizeigesetze der Länder. Dort gibt es zwar keine ausdrückliche Schutzklausel für redaktionelle Unterlagen. Der Schutz dürfte aber direkt aus dem Grundgesetz abgeleitet werden, das die Pressefreiheit schützt.

Ein Vorgang wie jetzt beim Guardian scheint deshalb in Deutschland vermeidbar. Und selbst wenn der Staatsapparat irrig an die Möglichkeit einer Beschlagnahme glaubt, so wäre es doch seltsam, wenn er stattdessen die Vernichtung von Beweismitteln anregt und diese auch noch überwacht. Der deutsche Verfassungsschutz hat keine Befugnis zur Strafvereitelung.

CHRISTIAN RATH

Ausland SEITE 11