Kopftuch auf oder Haare ab

ÄGYPTEN Ein Gericht in der Provinz Luxor verurteilt eine Lehrerin zu einer Bewährungsstrafe. Persönlichkeitsrechte werden derzeit heftig diskutiert

KAIRO taz | Ein Gericht im Oberägypten hat am Dienstag eine Lehrerin zu einer Strafe von sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung und zur Übernahme der Prozesskosten verurteilt. Sie war angeklagt worden, weil sie zwei Schülerinnen die Haare abgeschnitten hatte. Die Lehrerin wollte damit die beiden 12-jährigen Mädchen dafür bestrafen, dass sie kein Kopftuch getragen hatten. Die Eltern der Kinder stellten daraufhin eine Strafanzeige gegen die Pädagogin. Der Vorfall ereignete sich an einer Schule in dem Dorf Qurna in der Provinz Luxor.

„Es begann alles als Spaß, als ich ihnen sagte, ich würde ihre Haare abschneiden, wenn sie kein Kopftuch tragen“, erklärte die Lehrerin für Naturwissenschaften, Iman Abu Bakar Kilany. Die beiden Mädchen waren die einzigen in der Klasse ohne Kopfbedeckung.

Kilany, die selbst einen Niqab, einen Vollschleier trägt, verteidigte sich damit, dass ihrer Ansicht nach Kopftücher ab dem Alter von zehn Jahren für die muslimischen Mädchen aufgrund der Tradition verpflichtend seien.

„Ich musste das tun, um meine Autorität vor den Schülern durchzusetzen“, rechtfertigte sie sich. Die beiden Mädchen hätten ihre Scheren aus der Schultasche geholt und hätten sie herausgefordert. Außerdem hätte sie nur zwei Zentimeter abgeschnitten. Sie fügte hinzu, sie habe nicht gedacht, dass dies ein Verbrechen sei.

Kilany gehörte nach eigener Aussage keiner politischen Gruppe an und trägt ihren Vollschleier, der nur ihre Augen freilässt, seit fünf Jahren.

Bereits vor dem Urteil war die Lehrerin von der Schulbehörde an einen Verwaltungsposten versetzt worden. Zwei Monatsgehälter wurden als Strafe einbehalten. Der Gouverneur von Luxor hatte die Aktion der Lehrerin als „Schande“ bezeichnet.

Die meisten muslimischen Frauen in Ägypten tragen ein Kopftuch, sind dazu aber nicht gesetzlich verpflichtet. Der Vorfall wurde von mehreren Menschenrechtsgruppen in Ägypten verurteilt. Er fällt in eine Zeit, in der Fragen der Persönlichkeitsrechte und religiösen Freiheiten im Zusammenhang mit einer neuen Verfassung nach dem Sturz Mubaraks heftig in der Öffentlichkeit des Nillandes debattiert werden. KARIM EL-GAWHARY