Eilantrag gegen Eurorettung

VERFASSUNGSRECHT CSU-Politiker Gauweiler will Aufkauf von Staatsanleihen verhindern und Karlsruher ESM-Urteil aufhalten. Erfolgschancen sind gering

FREIBURG taz | Kommt das Urteil über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) nun am Mittwoch oder nicht? Kläger Peter Gauweiler (CSU) hat am Wochenende einen neuen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, der alles durcheinanderbringen könnte.

Gauweiler kritisiert darin den Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB), Staatsanleihen von Krisenstaaten in unbeschränkter Höhe aufzukaufen, um deren Zinslast zu senken. Die EZB habe sich damit eine Kompetenz angemaßt, die ihr nicht zustehe. Der CSU-Abgeordnete beantragt nun, dass die deutsche Ratifizierung des ESM unterbleibt, bis die EZB ihren Beschluss zurücknimmt. Sollte Karlsruhe über diesen Antrag nicht bis Mittwoch entscheiden, müsse die geplante Verkündung des Urteils verschoben werden.

Karlsruhe bestätigt bisher nur den Eingang des Eilantrags. Der zuständige Zweite Senat hat aber noch nicht entschieden, wie er damit verfahren will. Es ist aber unwahrscheinlich, dass der Antrag Aussicht auf Erfolg hat. Denn ob die EZB gegen EU-Recht verstoßen hat, ist eine Frage des Europarechts und nicht des deutschen Verfassungsrechts. Diese Frage müsste daher der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden und nicht Karlsruhe.

Es gibt auch keine deutschen Vetorechte der Bundesregierung oder des Bundestags, über die Karlsruhe entscheiden könnte. Denn die EZB ist eine von der Politik unabhängige Institution.

Schließlich steigen durch den EZB-Beschluss auch nicht die mit dem ESM-Rettungsschirm verbundenen Risiken. Im Gegenteil: Je mehr Staatsanleihen die EZB aufkauft, desto weniger muss der ESM selbst eingreifen und Kredite oder Garantien geben.

Es ist deshalb nicht damit zu rechnen, dass die Richter die für Mittwoch angekündigte Eilentscheidung über den ESM-Rettungsschirm verschieben. CHR

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