KOMMENTAR ZU DEN FIFA-SKANDALEN VON ANDREAS RÜTTENAUER
: Naiver, als die Polizei erlaubt

Irre: Noch immer verbinden Menschen mit dem Fußball eine gute Welt

Unglaublich! Die Fifa ist womöglich korrupt. Wer hätte das gedacht? Alle, alle haben es gedacht. Und doch war die Aufregung riesig, als gestern in der Schweiz, drei Tage vor dem Kongress des Internationalen Fußballverbands, etliche führende Fußballfunktionäre verhaftet wurden. Niemand dürfte es gewundert haben, dass sich in der Fifa Bonzen tummeln, die ihr Vermögen mittels Vorteilsnahme oder Geldwäsche mehren. Die Fifa eben! Und doch wehte an diesem Mittwochvormittag ein Hauch von Hoffnung durch die Welt des Fußballs. Als dann auch noch bekannt wurde, dass die Schweizer Polizei wegen Korruptionsvorwürfen in den Räumen der Fifa ermittelt, sahen viele die Tage des ewigen Fußballweltbeherrschers Joseph Sepp Blatter gezählt. Sollte am Ende doch noch das Gute im Fußball siegen?

Es ist Blatter selbst, der über die Jahre seiner Regentschaft nie müde wurde, das Gute im Fußball zu predigen. Der Fifa-Fußball inszenierte sich als Retter der Menschheit vor dem Hunger, als Kämpfer für die Gendergerechtigkeit, als Weltfriedensorganisation. „For the Game. For the World“ lautet ihr Motto. Der Einsatz für das Gemeinwohl, der allerorten behauptet wird, wurde zur Basis des irrwitzigen geschäftlichen Erfolgs eines Verbandes, der 1904 von einer Handvoll Männer gegründet wurde. Die Fifa ist in der Schweiz als gemeinnütziger Verein registriert. Darüber wird schon lange gelacht. Und doch verbinden immer noch viel zu viele Menschen mit dem Fußball ein Heilsversprechen und träumen von einer gerechten und demokratischen Weltorganisation, angeführt von einem weisen Manager, der nur dem Sport dient. Ein naiver Traum.

So naiv wie die Vorstellung, die Deutsche Bank könne zu einer wohltätigen Organisation werden. Im Hause Fifa arbeitet niemand, der das Ruder in Richtung echter Fairness herumreißen könnte. Blatters Gegenkandidat bei der anstehenden Präsidentschaftswahl, der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein, ist erklärter Befürworter eines WM-Turniers im Fußballland Katar. Für Wechsel steht er gewiss nicht.

Das System von Geben und Nehmen, das die Fifa etabliert hat, ist durch ein paar Verhaftungen und die Sicherstellung von Akten so schnell nicht zu erschüttern. Die Staaten, die gewinnorientierten Großverbänden wie der Fifa, der Uefa oder dem IOC immer noch den roten Teppich ausrollen, tragen daran eine Mitverantwortung.

Auch in Deutschland werden diese Organisationen von Steuern befreit, wenn sie ihre Geschäfte machen. Nur deshalb kann zum Beispiel am 6. Juni das Endspiel der Champions League, auf das sich viele so sehr freuen, in Berlin stattfinden. Bei der WM 2006 war das auch nicht anders. Beim Sommermärchen? Ja, liebe Fußballfreunde, das war auch ein Event der Fifa. Hat das irgendwen gestört?