KOMMENTAR VON ULRIKE HERRMANN ZU DEN GRIECHISCHEN STAATSSCHULDEN
: Tsipras kann nur symbolisch gewinnen

Für die versprochenen Sozialprogramme hat Syriza kein Geld

Anstrengung muss sein. Abwechselnd beraten die Euro-Finanzminister und Regierungschefs über die griechischen Staatsschulden. Gleichzeitig tagt eine Expertengruppe und zwischendurch wird telefoniert – sogar mit den USA. Das Ringen wird medienwirksam inszeniert.

Die Botschaft ist klar. Sollten die Verhandlungen scheitern, liegt es nicht am Einsatz der Beteiligten. Bis zur physischen Erschöpfung sind sie durch Europa geflogen, haben Interviews gegeben und noch spät nachts zusammengesessen. Die Griechen wollten ihre Regierung „kämpfen“ sehen – und gekämpft hat sie.

Bei diesem Gewusel geht unter, wie seltsam diese Verhandlungen sind. Denn eigentlich geht es um nichts. Die Griechen wollen nur, dass der Status quo anerkannt wird. Sie wollen, dass der Rest der Welt versteht, dass sie ihre Schulden nicht bedienen können. An Rückzahlung ist sowieso nicht zu denken, und auch Zinsen sind nicht drin.

Eine einzige Zahl macht dies deutlich. Nach fünf Jahren Krise und einem extrem harten Sparkurs ist der griechische Staatshaushalt erstmals bei einem minimalen Plus – wenn man die Zinsen abzieht. Mit Zinsen ist er immer noch im Minus, was nichts anderes bedeutet, als dass die Eurozone die Zinsen selbst finanziert, indem sie neue Kredite vergibt. Die Eurozone wirtschaftet von der rechten in die linke Tasche.

Hardliner in der Eurozone stellen sich vor, dass die Griechen einfach noch mehr sparen sollen, damit sie endlich ihre Zinsen zahlen und vielleicht auch einen Teil der Schulden zurückerstatten können. Doch das wird nichts. Dies ist ökonomischer und politischer Unfug.

Ökonomisch würde weiteres Sparen die Griechen noch stärker in die Krise treiben – und politisch würde man die Meuterei riskieren. Nicht auszuschließen wäre, dass die Griechen kollektiv aufhören, Steuern zu zahlen, weil sie das Gefühl haben, ihr Geld gehe an das feindliche Ausland. Griechenland wäre zwar noch in der Eurozone, aber unregierbar.

Wie gesagt: Die Eurozone verliert überhaupt nichts, wenn sie auf Zinszahlungen aus Griechenland verzichtet. Denn diese Zinsen finanziert die Eurozone sowieso selbst. Dies bedeutet aber umgekehrt: Außer einem symbolischen Sieg kann Tsipras nichts gewinnen.

Wenn die Zinszahlungen gestrichen sind, ist Griechenland genauso arm wie bisher. Geld für die Sozialprogramme, die Syriza versprochen hat, gibt es nicht. Mal sehen, wie lange es noch dauert, bis die griechischen Wähler dies merken.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8