Exminister unter Strafverdacht

Schlechte Nachricht für Frankreichs Exminister Eric Woerth: Das Sondergericht für Vergehen von Regierungsmitgliedern hat gegen ihn ein Strafverfahren eingeleitet. Ermittelt wird gegen ihn wegen des Verkaufs eines öffentlichen Grundstücks im geschichtsträchtigen Wald von Compiègne. Das mit Pferderennbahn und schmucken Gebäuden ausgestattete Areal ging an eine von Bekannten seiner Gattin geführte private Gesellschaft. Die gute Botschaft in eigener Sache hatte er selbst seinen Landsleuten kurz vor Weihnachten mitgeteilt, als er aus der Regierung zurücktreten musste: „Man wollte mich beruflich und persönlich umbringen, aber ich bin nicht tot“, sagte er im Brustton tiefster Überzeugung. Natürlich sprach er dabei bloß von seiner angeblich durch böswillige Gegner bedrohten Existenz als Politiker.

Dass er nun derart in der Schusslinie steht, hat er sich aber wohl viel mehr selbst als der Opposition zuzuschreiben. Er war Schatzmeister der Regierungspartei UMP und zugleich als Haushaltsminister für die Steuern zuständig. Das hinderte ihn nicht daran, seiner Gattin zu einem Traumjob bei der Milliardärin Liliane Bettencourt zu verhelfen, die sich auch mit Wahlspenden für die UMP und ihn selber erkenntlich gezeigt hatte. Doch nicht das droht ihm jetzt zum Verhängnis zu werden. Auch in der Affäre des Verkaufs des Walds von Compiègne zu einem Freundschaftspreis (2,5 Millionen Euro für 57 Hektar!), den sein Vorgänger noch als gesetzlich unzulässig abgelehnt hatte, scheint Woerth keinerlei Interessenkonflikt zu erblicken.

Woerth ist als leidenschaftlicher Bergsteiger an Auf- und Abstieg in stürmischen Zeiten gewohnt. Nachdem er mit der Vermischung seiner Amtspflichten und persönlichen Beziehungen die politische Lawine ausgelöst hat, zählt er nun auf die Solidarität der ganzen Seilschaft. Er will darum die Verantwortung nicht allein übernehmen. Er sagte, nicht er, sondern der Premierminister François Fillon habe über den Vertrag von Compiègne entschieden, was dieser höflich, aber sehr bestimmt dementierte.

Schon als Minister wurde Woerth für Fillon zur Belastung. Als Angeklagter, der notfalls als Exschatzmeister alle Geheimnisse der Parteienfinanzierung kennt, dürfte er mit derartigen Ausflüchten zu einem veritablen Risiko für die ganze Staatsführung werden. RUDOLF BALMER