Pirat aus dem Ministerium

Es dauerte nur zwei Sekunden – und Bernd Schlömer spürte, welche Rolle ihm in den kommenden Monaten zugedacht ist: die des Umzingelten. Als der 41-Jährige als neuer Bundesvorsitzender der Piratenpartei demütig von der Bühne schritt, stürzten sich die Kameraleute gleich dutzendfach auf ihn. Wer ist der Neue?

Klare Kante gegen rechts, selbstbewusst im Blick auf die kommenden Wahlen, die Hände meist locker in den Hosentaschen – Schlömer predigt schon seit Monaten Bescheidenheit und verkörpert, wonach sich viele Piraten nach aufregenden Wochen sehnen: eine ruhige, moderate Aura, in der Konflikte sachlich moderiert und entspannt nach außen getragen werden.

Dadurch hat sich der in Meppen geborene Schlömer, der wochentags in Berlin und am Wochenende bei seiner Familie in Hamburg wohnt, viele Freunde in der Partei gemacht. 2009 eingetreten, war der Mann mit dem verschmitzten Lächeln und dem rötlichen Dreitagebart zuletzt Vizevorsitzender der Partei.

Was den studierten Kriminologen nun erwartet, durfte er gleich in seiner ersten Pressekonferenz spüren: Ob er die Piraten für koalitionsfähig halte, wie er die Rechtsextremismusdebatte beenden wolle und ob sein neuer Vorstandsposten nicht in Konflikt mit seiner beruflichen Position stehe, wollten die Journalisten von dem selbst ernannten „Feierabendpolitiker“ wissen. Seine Antworten: Koalition? Mal gucken. Rechtsextremismus? Kein Platz hier. Und sein Job? Schlömer arbeitet als Regierungsdirektor im Bundesministerium der Verteidigung und ist dort Referent für Haushalts-, Organisations- und Verwaltungsangelegenheiten. Die Piraten stört das offenbar nicht. Schlömer selbst sieht auch kein Problem. Und aus dem Ministerium hieß es: Solange Schlömer seine Rollen nicht vertausche, dürfe er sich auch parteipolitisch engagieren. MARTIN KAUL