DIE ZERLEGTE ZAHL
: 524 Mrd. Euro

Die EZB hat ein neues Unendlich erfunden.

Ohne Ende – die Mathematik hat dafür das Symbol einer liegenden Acht. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Unendlichkeit dieser Tage umgedeutet. Für die Zentralbanker ist „unendlich“ nur noch 524 Milliarden Euro wert. Jede Menge Geld, aber mehr als knapp zwei Bundesetats eben doch nicht.

Die EZB hat das neue Unendlich erfunden, um das Bundesverfassungsgericht einzulullen. Geschehen ist das in einem Gutachten für die Verhandlung zur Rechtmäßigkeit des Anleihenaufkaufprogramms der EZB in dieser Woche. Knackpunkt: Wenn die Zentralbank, wie von ihrem Chef Mario Draghi angekündigt, „without limits“ Staatspapiere von siechen Eurostaaten kauft, muss Deutschland auch unbegrenzt haften – das Budgetrecht des Bundestags wäre am Ende wertlos.

Tatsächlich will die Zentralbank aber nur bei ein- bis dreijährigen Anleihen von Italien, Spanien, Irland und Portugal zugreifen, um die Zinsen für diese Länder auf erträglichem Niveau zu halten, heißt es in dem Papier. Summa summarum seien das 524 Milliarden Euro. Und schon ist das Haftungsniveau, das Deutschland als größtes Euroland im Fall der Fälle zu tragen hat, auf seinen Anteil am Euro-Verbund begrenzt, also auf etwa 27 Prozent. Quasi ein Pappenstiel im Vergleich zu den 1,3 Billionen Euro Gesamthaftungsrisiko für die Euro-Malaise, wie es der Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn den Richtern vorrechnete.

Wie viel das EZB-Unendlich tatsächlich ist, wollen wir doch erst mal sehen. Draghi hat einen Vorteil: Er handelt unabhängig – und kann einfach drucken. KAI SCHÖNEBERG