Kulturpflege? Sehr gerne!

DIE DREI FRAGEZEICHEN

WAS? Der Bund der Vertriebenen (BdV) hat mit dem 1965 geborenen Bernd Fabritius einen neuen Vorsitzenden. Der CSU-Politiker löst Erika Steinbach ab.

1 Herr Ruchniewicz, was erwarten Sie von Bernd Fabritius und seiner Ankündigung, sich für einen stärkeren Ausgleich mit Polen einzusetzen?

Krzysztof Ruchniewicz: Bislang ist das sehr allgemein gehalten. Weder hat Herr Fabritius gesagt, an wen sich dieses Angebot konkret richtet, noch was es beinhaltet. Ich als Historiker würde mich freuen, wenn der BdV seine Geschichte und die seiner Landesverbände nach 1945 aufarbeiten würde. Dazu gehört die Frage nach der NS-Vergangenheit vieler Funktionäre.

2 Was bringt der Generationswechsel mit sich?

In wenigen Jahren wird es keinen einzigen „echten“ Kriegsflüchtling oder Vertriebenen mehr geben. Der Verband sollte sich erneut die Frage stellen, inwiefern der Status eines „Vertriebenen“ vererbt werden kann. Die Ära, in der der BdV glaubte, die Außenpolitik Deutschlands mitbestimmen zu können, dürfte endgültig vorbei sein.

3 Könnte Polen mit einem Kulturverein der ehemaligen deutschen Ostgebiete zusammenarbeiten?

Aber ja. Schlesien ist beispielsweise deutsch, jüdisch, tschechisch, polnisch und österreichisch geprägt. Die Kulturpflege in dieser Region sehen wir als eine europäische Aufgabe an. Wenn die deutschen Schlesier sich hier engagieren möchten – sehr gerne!

INTERVIEW: GABRIELE LESSER

Der Historiker Prof. Krzysztof Ruchniewicz ist Direktor des Willy-Brandt-Zentrums für Deutschland und Europastudien an der Universität Wroclaw (Breslau) in Niederschlesien