Sechs Monate für die Arbeitsuche

EU-FREIZÜGIGKEIT Fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat der Bundestag letzte Woche ein Gesetz zur Armutsmigration beschlossen

BERLIN taz | Im letzten Winter war die Aufregung groß. Die CSU hatte die „Armutseinwanderung“ und den „Missbrauch der EU-Freizügigkeit“ zum Thema gemacht. Untermalt wurde der Populismus mit Bildern von völlig überbelegten Häusern in Duisburg.

Um Zeit zu gewinnen, setzte die Bundesregierung einen Staatssekretärsausschuss ein, der Vorschläge erarbeitete. Und am Donnerstag voriger Woche wurde das entsprechende Gesetz im Bundestag bereits beschlossen – was kaum jemand mitbekam. Denn ohne dramatische Bilder gibt es auch deutlich weniger Aufregung.

Im Kern geht es um drei Maßnahmen. Die praktisch wichtigste dürfte die Begrenzung der Arbeitsuche für EU-Bürger auf grundsätzlich sechs Monate sein. Wer bis dahin nichts gefunden hat, muss belegen, dass er zumindest gute Aussichten hat – etwa weil er schon öfter zu Bewerbungsgesprächen eingeladen wurde. Nach dieser Frist endet das Aufenthaltsrecht in Deutschland. Ob die EU-Bürger bis dahin Anspruch auf Hartz IV haben, muss demnächst der Europäische Gerichtshof entscheiden. Bisher schließt das Sozialgesetzbuch II solche Leistungsansprüche aus.

Außerdem können künftig häufiger Wiedereinreisesperren nach einer Ausweisung verhängt werden. Bisher erlaubt das EU-Freizügigkeitsgesetz dies nur in wenigen Fällen, zum Beispiel wenn ein EU-Bürger ansteckende Krankheiten hat oder von ihm schwere Straftaten drohen. Künftig soll die Wiedereinreise bis zu fünf Jahre untersagt werden können, wenn ein EU-Bürger seinen Aufenthalt in Deutschland erschlichen hat, etwa durch falsche Angaben.

Eine überlange Arbeitsuche führt aber nicht zu Wiedereinreisesperren. Wer aus diesem Grund Deutschland verlassen musste, kann also auch künftig alsbald zu einem neuen Versuch wiederkommen.

Schließlich stockte der Bund seinen Anteil an Unterkunfts- und Heizungskosten für Hartz IV-Empfänger um 25 Millionen Euro auf, um so die Länder zu entlasten. Diese sollen das Geld dann an Kommunen mit besonderen Integrationsproblemen weitergeben. CHRISTIAN RATH