Rebellen besetzen philippinische Insel: Krieg um die grünen Inseln

Im Süden der Philippinen eskalieren die Kämpfe zwischen Armee und islamischen Rebellen erneut. Am Montag wurden zahlreiche Dörfer auf der philippinischen Insel Mindanao besetzt.

Philippinische Soldaten patroullieren in Kauswagan, eine Stadt im Süden des Landes. Bild: dpa

Die Kämpfe im Süden der Philippinen, die zahlreiche Zivilisten in die Flucht getrieben haben, sind neu aufgeflammt. Mehrere Dörfer auf der philippinischen Insel Mindanao wurden am gestrigen Montag vor Morgengrauen von islamischen Rebellen besetzt, Geschäfte und Banken in Brand gesteckt. Die Regierungsarmee schlugen die Angreifer der Moro Islamic Liberation Front (MILF) teilweise in Straßengefechten zurück. Sie meldete 24 getötete Zivilisten; über militärische Verluste gibt es keine zuverlässigen Angaben. MILF-Sprecher Eid Kabalu machte einen abtrünnigen Kommandanten für die Attacken verantwortlich.

Die MILF kämpft für mehr Autonomie in muslimisch besiedelten Regionen der Philippinen. Sie ist eine Abspaltung der Moro National Liberation Front (MNLF), die 1996 den Kampf einstellte, als die philippinische Regierung eine Teilautonomie in einigen Provinzen Mindanaos und kleineren Inseln im äußersten Südwesten des Archipels umsetzte. Seit fünf Jahren gilt eine fragile Waffenruhe. Friedensgespräche unter Vermittlung Malaysias drohten jedoch immer wieder zusammenzubrechen. Denn weil die rund vier Millionen Muslime der Philippinen - rund fünf Prozent der Bevölkerung - noch immer mehrheitlich in Armut und Ausgrenzung leben, fühlt sich die MILF in ihrer Skepsis gegenüber der Vereinbarung von 1996 bestätigt und traut der Regierung nicht über den Weg. Aber am 28. Juli unterschrieb MILF-Sprecher Kabalu mit Regierungsvertretern überraschend eine Absichtserklärung, die die Aufgabe des bewaffneten Kampfes gegen die Erweiterung der muslimischen Autonomiegebiete in Aussicht stellt.

Das Abkommen mit der rund 11.000 Mann starken Rebellenfront wurde allerdings bereits am 4. August vom Obersten Gerichtshof suspendiert. Christliche Dorfgemeinschaften aus den betroffenen Gebieten hatten das Gericht wegen Verfassungswidrigkeit des Plans angerufen. Daraufhin eskalierte die militärische Lage in der Zentralregion der Insel Mindanao. Die Rebellen gingen in die Offensive, die Armee setzte Artillerie und Luftwaffe ein und hinterließ zurückeroberte Dörfer in Schutt und Asche. Rund 160.000 Menschen - Christen und Muslime - verließen fluchtartig ihre Häuser.

Die Regierung hat zur Verschärfung der Lage einiges beigetragen. So wurde der Inhalt des Autonomieplans bisher nicht veröffentlicht. Es ist die Rede von verstärkter Teilhabe an der Nutzung der reichen Bodenschätze und der Einrichtung von Scharia-Gerichtshöfen. Sicher ist, dass die Autonomielösung eine Verfassungsänderung und damit eine Volksabstimmung bedingen würde.

Oppositionelle Gruppen zweifeln daher an der Lauterkeit der Absichten von Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo. So die ökumenische Friedensplattform Initiatives for Peace in Mindanao (InPeace), die am Montag in einem Kommuniqué eine weit verbreitete Deutung der Ereignisse wiedergab: "Arroyo zwingt das Abkommen dem philippinischen Volk auf, um ihre eigene politische Kontrolle endlos zu verlängern, und nicht, um die Autonomie der Muslime zu fördern." In der Tat hat Arroyo bereits durchblicken lassen, sie wolle bei der Verfassungsreform auch ihr lange gehegtes Lieblingsprojekt aufs Tapet bringen: die Umwandlung der Philippinen von einer Präsidialrepublik in eine parlamentarische Demokratie. Nach zwei Amtszeiten kann sie nämlich nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren. Aber als Premierministerin könnte sie weiterregieren.

Auch die Rolle der USA gibt Rätsel auf. Obwohl die MILF auf der US-Liste terroristischer Organisationen steht, gab Washington nicht nur grünes Licht für die Autonomie der Islamisten, sondern verlieh der Unterzeichnung des Rahmenabkommens durch die Gegenwart von Botschafterin Kristie Kenney sogar seinen offiziellen Segen. MILF-Verhandlungsführer Eid Kabalu berichtete anschließend, die Diplomatin hätte seine Zustimmung zu Militärbasen im Autonomiegebiet eingeholt. Schon seit Jahren sind US-Truppen im Rahmen von Dauermanövern auf Mindanao präsent. Seit der Schließung der Marinebasis Subic Bay und des Luftwaffenstützpunkts Clark Air Base auf der Hauptinsel Luzon in den 1990er-Jahren haben die Vereinigten Staaten keine feste Basis mehr auf den Philippinen.

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