Spiel mit dem Feuer in Abidjan

ELFENBEINKÜSTE Erste Proteste nach der Auflösung der Regierung durch Präsident Gbagbo. Zivile Opposition ist der Verlierer des Machtkampfs. Rebellen halten bislang still

Die UN-Blauhelmmission hat ihre Truppen in Alarmbereitschaft versetzt

VON DOMINIC JOHNSON

Die Elfenbeinküste steht am Rande einer Saison neuer Gewalt. Nachdem Präsident Laurent Gbagbo am Freitagabend per Fernsehansprache die Regierung und die Wahlkommission des Landes aufgelöst hatte, ging die Polizei am gestrigen Montag gegen Demonstranten in der östlichen Stadt Abengourou vor. Die zivile ivorische Opposition hatte zuvor erklärt, sie erkenne Gbagbo nicht mehr als Staatschef an, und rief die Bevölkerung dazu auf, „sich mit allen Mitteln dieser Diktatur entgegenzustellen“. Auf den Straßen von Abengourou brannten Barrikaden, Polizisten schossen mit Tränengas und scharfer Munition.

In der gesamten Grenzregion zu Ghana, eine Hochburg der zivilen Opposition unter Führung von Expräsident Henri Konan Bédié, war gestern nach einer Aufstellung der Webseite der Zeitung Nouveau Réveil der Verkehr lahmgelegt. In mehreren anderen Städten seien Generalstreiks in Vorbereitung.

In der Elfenbeinküste, wo zuletzt 2000 gewählt wurde und danach ein Bürgerkrieg ausbrach, sind freie Wahlen in den letzten Jahren wiederholt verschoben worden. Präsident Gbagbo regiert seit 2007 zusammen mit der zivilen Opposition des Landes und den Rebellen, die seit 2002 die Nordhälfte des Landes beherrschen; Rebellenführer Guillaume Soro ist Premierminister. Der letzte Wahltermin 29. November 2009 wurde ersatzlos verschoben. Seitdem haben Gbagbos Anhänger juristische Schritte gegen die Wahlkommission eingeleitet, weil sie 429.030 Wähler strittiger Nationalität im Eilverfahren in die Wahllisten eintragen lassen wollte.

Die Zeitung Soir Info berichtete gestern, die Auflösung der Regierung sei mit Premierminister Soro sowie dem internationalen Elfenbeinküste-Vermittler, Burkina Fasos Präsident Blaise Compaoré, abgesprochen. Gbagbo wolle die Wahlen nun ohne die zivile Opposition vorbereiten. In seiner Fernsehansprache hatte Gbagbo erklärt, er wolle „eine Regierung im Dienst der Ivorer und nicht unter dem Kommando der politischen Parteien“. Für diese Variante spricht, dass Premierminister Soro im Amt geblieben ist. Soro, so wird spekuliert, sehe die neue Krise als Chance, sich selbst als Retter des Friedensprozesses zu profilieren.

Maßgeblich wird allerdings weniger die Position Soros sein als die der Rebellenkommandanten im Norden des Landes. Diese versetzten ihre Truppen bereits in höchste Alarmbereitschaft und wollten Montagabend ihren weiteren Kurs bekannt geben. Von ihnen hängt es ab, ob die Elfenbeinküste erneut im Krieg versinkt. Die UN-Mission hat ihre Truppen in Alarmbereitschaft versetzt. Präsident Gbagbo hat alle Ministerien geschlossen und die Soldaten, die die Sicherheit der Minister gewährleisten, nach Hause geschickt.

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