Regime gab bei Protesten Quote für Tötungen vor

SYRIEN Bei 5.000 Demonstranten sollten bis zu 20 Menschen erschossen werden, sagt HRW-Bericht

BEIRUT rtr/dpa/taz | Syrische Sicherheitskräfte haben nach Angaben von Menschenrechtlern explizite Anweisungen erhalten, auf Unbewaffnete zu schießen. Armeekommandeure hätten Order erteilt, Demonstranten mit „allen erforderlichen Mitteln“ aufzuhalten, berichtete Human Rights Watch (HRW) am Donnerstag unter Berufung auf Dutzende Interviews mit desertierten Soldaten und früheren Angehörigen der Geheimdienste.

Ein Scharfschütze in der Protesthochburg Homs sagte aus, er hätte eine Quote erhalten, wie viele Menschen bei Protesten sterben sollten. „Bei 5.000 Demonstranten war die Vorgabe beispielsweise 15 bis 20 Menschen.“ Ein Mitglied einer Spezialeinheit zitierte aus den Anweisungen für seine Brigade: „Benutzen Sie so viele Kugeln, wie Sie wollen.“

Mehrere abtrünnige Soldaten sagten aus, ihre Vorgesetzten hätten ihnen berichtet, direkte Befehle des Staatschefs Baschar al-Assad erhalten zu haben. So kam die Order für einen Angriff auf die Stadt Rastan nach Aussage eines Brigadekommandeurs von Assad.

Ein halbes Dutzend Deserteure hat laut HRW-Bericht angegeben, direkte Anweisungen von Vorgesetzten erhalten zu haben, auf Demonstranten und Umstehende zu schießen. Ihnen sei Straffreiheit zugesichert worden. „Unser allgemeiner Befehl lautete, zu töten, Geschäfte zu zerstören, Autos zu zertrümmern und Menschen festzunehmen“, wurde ein früherer Soldat der fünften Division zitiert. Laut HRW wurden die Truppen zudem angewiesen, Festgenommene zu schlagen und zu foltern. Nach UN-Schätzungen sind bei den seit März andauernden Unruhen bislang mindestens 5.000 Menschen getötet worden. Allein am Donnerstag kamen Menschenrechtlern zufolge 27 Soldaten bei Kämpfen mit Deserteuren ums Leben.

Das EU-Parlament hat angesichts der andauernden Gewalt massiveren Druck der internationalen Gemeinschaft auf das Assad-Regime verlangt. Die Volksvertreter verurteilten nachdrücklich die brutale Unterdrückung der Bevölkerung und forderten Assad unverzüglich zum Rücktritt auf. Dann könne in Syrien ein demokratischer Übergang erreicht werden, hieß es in der fraktionsübergreifenden Entschließung, die am Donnerstag verabschiedet wurde.